Geschichte
Ein Vorgänger der heutigen Kirche wurde zwischen 799 und 809 von dem Friesen- und Sachsenmissionar und ersten Bischof von Münster Liudger (um 742–809) erbaut und als Kirche der Werdener Benediktinerabtei geweiht, die schon damals den Rang einer Reichsabtei hatte. Bei diesem Bau handelte es sich vermutlich um eine dreischiffige Basilika. Liudger wurde außerhalb der Kirche beerdigt und schon bald nach seinem Tod als Heiliger verehrt. Um eine angemessene Verehrung des Hl. Liudger zu gewährleisten, wurde die Kirche nach Osten hin verlängert und schloss seitdem sein Grab in einer Krypta unterhalb des Chores mit ein. Ferner errichtete man östlich des Chores eine äußere Hallenkrypta, die Familienangehörigen Liudgers als Grabstätte dienen sollte. Im Laufe der
Jahrhunderte kam es dann zu einer Vielzahl weiterer Umbauten. Im 9. Jahrhundert wurde zwischen Abtei und Basilika die um 1760 wieder abgerissene Stephanskapelle errichtet. Im 10. Jahrhundert erweiterte man die Basilika durch ein Westwerk. Ein westlich vorgelagertes Paradies wurde im 12. Jahrhundert fertig gestellt. Die Krypten wurden nach einem Einsturz im 11. Jahrhundert umgebaut und erhielten damit ihre im Wesentlichen noch heute erhaltene Form. 1256 brannte die Kirche zwischen Chor und Westwerk ab und wurde als Emporenbasilika im romanischen Stil wieder aufgebaut. Albertus Magnus (um 1200–1280) weihte den Neubau im Jahr 1275. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde das Paradies bis auf ein Joch abgerissen. Die Fenster des Westwerkes glich man zwischen 1884 und 1898 denen des Langhauses an, erhöhte den Westturm um ein Glockengeschoss und stattete ihn mit Klangarkaden aus. Das Innere der Kirche erhielt zeitgleich mit der barocken Umgestaltung der Abteigebäude im 18. Jahrhundert eine barocke Ausstattung, darunter auch den prunkvollen Hochaltar. Nach der Säkularisation der Abtei im Jahr 1803 wird St. Ludgerus als Pfarrkirche genutzt.
1979 durchgeführte Ausgrabungen von Michael Gechter im Innenraum der Kirche legten Baureste der 1. und 2. Ausbauphase der Kirche frei. An der Südseite der Abteikirche fand im Sommer 1984 eine weitere Ausgrabung durch Detlef von Detten im Bereich der von W. Effmann beschriebenen Stephanskirche statt. Der an der Nordseite der Kirche grenzende alte Abteifriedhof musste dem Ausbau der Werden-Velberter-Straße in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts weichen.
Seit dem Jahr 1993 trägt Sankt Ludgerus den Ehrentitel einer Basilica minor („kleinere Basilika“). Diese an die vier „großen“ Basilicae maiores in Rom angelehnte Auszeichnung wird seit dem 18. Jahrhundert vom Papst der römisch-katholischen Kirche als besonderer Ehrentitel an bedeutende Kirchengebäude verliehen. In Deutschland gibt es 78 Basilicae minores (Stand 2023).
Beschreibung
Das über viele Etappen gewachsene Bauprogramm der Kirche umfasst eine dreigeschossige, dreischiffige Emporenbasilika mit vierjochigem Langhaus, einem Querhaus, einem Westwerk, dem eine kleine eingeschossige Vorhalle als Teil des ehemaligen Paradieses vorgelagert ist, sowie im Osten einen Chor mit einer polygonalen Apsis. Unter dem Chor erstreckt sich eine tonnengewölbte Ringkrypta, östlich ist eine 3x3-jochige Hallenkrypta angeschlossen. Über der Basilika erheben sich ein achteckiger Vierungsturm und ein mächtiger quadratischer Glockenturm über dem Westwerk, beide mit Faltdach. Nahezu der gesamte Bau ist aus unbehauenem Ruhrsandstein ausgeführt, die wenigen gliedernden Elemente in Tuff. Der Außenbau ist sparsam gegliedert, am auffälligsten sind die Lisenen und Rundbogenfriese, welche die Kanten markieren. In der Giebelfront des Westwerks sitzt ein zweigeschossiges Maßwerkfenster, welches mit einem stehenden Achtpass bekrönt ist. Diese Form findet sich in den Passfenster des Obergadens wieder.
Ansonsten dominieren die Rundbogenfenster der romanischen Bauphasen. Sie sind an den Seitenschiffen des Langhauses als Drillingsfenster in Spitzbogenblenden ausgeführt. Die zwei aufwändigsten Portale sind die beiden Säulenportale der Nordseite.
Im Inneren wird die Kirche durch ihre Anlage als dreigeschossige Emporenbasilika geprägt. Über den spitzbogigen Pfeilerarkaden öffnen zweiteilige Bogenstellungen unter einer Spitzbogenblende die Emporenwand, über der sich der Obergaden erstreckt. Das Westwerk tritt hinter der Orgelempore kaum als eigenständiger Raumteil in Erscheinung, denn das Mittelschiff bindet bis zur Giebelfront im Westen durch. Es ist in Doppeljochen kreuzrippengewölbt. Jeder zweite Arkadenpfeiler nimmt neben den Rippendiensten die kantigen Vorlagen der Gurtbögen auf. Die Dienste der Jochmitten hingegen beginnen erst im Emporengeschoss.
Mächtige dienstbesetzte Pfeiler tragen den hohen Vierungsturm, aus dessen befenstertem Achteckgeschoss reichlich Licht einfällt. Im Chor bildet die Apsis mit ihrem Radialrippengewölbe eine Raumzone, die von der Vierung durch eine Schildwand geschieden wird, in die drei Passfenster eingelassen sind.
Die Innenausstattung der Kirche stammt hauptsächlich aus dem Spätbarock. Ihr Prinzipalstück ist der zwischen 1706 und 1718 unter Abt Colestin von Geismer errichtete Hochaltar. Aus Mittelalter und früher Neuzeit stammen Reste von Wandmalereien des 10. Jhs. im Westwerk, das Lütticher Muttergottesstandbild aus dem 14. Jhd., das Vesperbild aus dem 16. Jhd. sowie der Kirchenschatz, zu dem auch das Werdener Bronzekruzifix von 1060 gehört.
Die katholische Pfarrkirche St. Ludgerus ist zu 50 % im Eigentum des Landes NRW. Das Pfarrhaus und die Kaplanei sind zu 100 % im Eigentum des Landes NRW und die gesamte Liegenschaft wird von der Bezirksregierung Düsseldorf verwaltet.
Denkmalpflegerische und bauliche Maßnahmen
1970–1971 | Neugestaltung des Kirchenplatzes |
1973-1974 | Restaurierung der Krypta nach Einbau einer Warmluftheizung |
1978–1984 | Generelle Instandsetzung des Bauwerks sowie Restaurierung von Altären und Beichtstühlen |
ab 1984 | Neugestaltung des südlichen Kirchenvorplatzes |
1984 | Restaurierung der barocken Innenausstattung und Einbau einer neuen Orgel |
1985 | Romanische Malerei-Fragmente freigelegt; Natursteinarbeiten in der Krypta |
1986 | Restaurierung von Beichtstühlen, Anstrich der Sakristei |
1987 | Neue Bekrönung des Dachs der Außenkrypta |
1988 | Öffnung des verschlossenen Südportals im Querhaus |
1991 | Reinigung und Konservierung der beiden nördlichen Portale |
2006–2010 | Grundinstandsetzung, Dacheindeckung, Brandschutzmaßnahmen, Elektroinstallation |
Nutzung: | Kath. Kirchengemeinde |
Eigentümer der Kirche: | Kirchengemeinde und Land NRW je zur Hälfte |
Eigentümer von Pfarrhaus | Land NRW |
Ressort: | Bauministerium (MBWSV) NRW |
Denkmalbehörde: | Regierungspräsident Düsseldorf |
Denkmalliste: | Essen, Nr. 67, 12.08.1986 |
(Felix Tenhaef, Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln, 2016; LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland und LVR-Fachbereich Umwelt, 2010/2016)
Internet
de.wikipedia.org: Kloster Werden (Version vom 21.02.2011, abgerufen 12.03.2011)
de.wikipedia.org: Kloster Werden (abgerufen 08.01.2016)