Stadtteil Assmannshausen (Rüdesheim)

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Archäologie, Denkmalpflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Rüdesheim am Rhein
Kreis(e): Rheingau-Taunus-Kreis
Bundesland: Hessen
Koordinate WGS84 49° 59′ 17,52″ N: 7° 52′ 1,54″ O 49,9882°N: 7,8671°O
Koordinate UTM 32.418.789,10 m: 5.537.933,69 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.418.831,76 m: 5.539.709,47 m
  • Assmannshausen von Burg Rheinstein aus gesehen (2007)

    Assmannshausen von Burg Rheinstein aus gesehen (2007)

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    Söder, Dagmar
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    Dagmar Söder
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  • Blick auf Assmannshausen (2007)

    Blick auf Assmannshausen (2007)

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Historische Siedlungsentwicklung
Die erste Nachricht in einer Urkunde des Erzbischofs Ruthard betreffend eine Schenkung an das Kloster Disibodenberg nennt 1108 das Dorf Hasemanneshusen. 1350 wird ein eigener Schultheiß erwähnt. Zunächst kirchlich zu Rüdesheim gehörig, besitzt Assmannshausen um 1300 eine eigene Pfarrei, 1325 wird ein Pfarrer genannt. Die 1352 erwähnte Pfarrkirche zur Kreuzerhöhung dürfte zu diesem Zeitpunkt schon vorhanden gewesen sein. Unter Einbeziehung älterer Teile, wohl Turm und Chor, wurde sie vermutlich um 1401 fertiggestellt. Zu dieser Zeit waren drei Geistliche in Assmannshausen tätig.

Die Zahl der Einwohner, für das frühe 14. Jahrhundert auf etwa 150 Personen geschätzt, 1525 mit 80 Herdstellen (ca. 350 Personen) angegeben, erreichte mit 490 vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618) ihren vorläufigen Höhepunkt. Nach starken Verlusten in der Folgezeit wurde dieser Stand erst sehr viel später, um 1820, wieder erreicht. 1900 wurden über 1.000 Einwohner registriert, 1960 nahezu 1.600, heute (1999) nicht ganz 1.200.

Neben dem dominierenden Weinbau spielten andere Erwerbszweige im Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit eine relativ geringe Rolle. Seit 1445 wurde zeitweise ein kurmainzisches Bergwerk zur Silberförderung betrieben. Wie bei allen Uferorten gab es Schifferei und Leinreiterei, jedoch war der Schiffsverkehr vor Ausbau der Fahrrinne und des Binger Loches ab 1830 in diesem Rheinabschnitt nur unter erschwerten Bedingungen möglich.

Ein Schulmeister wird 1592 erwähnt. Das Schulgebäude lag im 18. Jahrhundert an der Eismauer in Richtung Rüdesheim. Nachdem 1880 Schule und Rathaus abgebrannt waren, diente ein Schulneubau von 1882 an gleicher Stelle bis 1965 als Volksschule.

Weinbau
Der Weinbau war in dem bis in die Neuzeit von Hauptverkehr und Handel umgangenen Dorf hauptsächlicher Erwerbszweig. Bereits in der ältesten Urkunde wird Weinbergsland beschrieben; Rebenkulturen sollen bereits um 800 in größerem Umfang vorhanden gewesen sein. Im 16. Jahrhundert war das Mainzer St.Viktor-Stift wichtigster Zehntherr; es gab nach 1620 Zehntrechte auch an den Adel ab. Begütert waren außerdem die Mainzer Kartause und das Domkapitel, das 1257 den Höllenberg vom Kloster Disibodenberg erworben hatte; der umfangreiche Besitz wurde nach der Säkularisation vom nassauischen Dominalfiskus übernommen. Aus dem bedeutenden Weinbergsbesitz des Klosters Marienhausen, der an den Freiherrn von Zwierlein und danach an die Domänenverwaltung gelangte, ging das hessische Staatsweingut hervor.

Erstmals 1507 wird der (auch als Klebroth bezeichnete) Rotwein erwähnt, jedoch erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts verstärkt und mit großem Erfolg angebaut. Er begründete den weithin bekannten Ruf des Ortes.

1901 wurde ein örtlicher Winzerverein, 1902 die Winzergenossenschaft gegründet; beide hatten nur kurzzeitig Bestand.
Während 1871 geringfügig mehr Weiß- als Rotwein angebaut wurde, war 1967 die Anbaufläche für Weißwein fast doppelt so groß wie die für Rotwein.

Fremdenverkehr
Nachdem Assmannshausen 1801 noch als „ein elendes Nest voll schmutziger Häuser und Menschen, die im Schweiße ihres Angesichts den berühmten roten Wein bauen“ (Klebe) beschrieben worden war, begann mit dem Zeitalter der Romantik seit 1814 das Aufleben des Tourismus, initiiert zunächst durch begüterte Engländer. Rheinbeschreibungen, die speziell Assmannshausen erwähnten, finden sich bei englischen und französischen Schriftstellern. Nach Vollendung des „Glaubensbekenntnisses“ von Ferdinand Freiligrath 1844 im Gasthaus Krone entstand hier ein Zentrum der Dichter und Künstler am Mittelrhein. Nicht nur Künstler und Staatsmänner wurden angezogen, durch den Ausbau der Verkehrsanbindung (Bahn 1859-62, 1860/1929 Rheinuferstraße, 1872 Anlegestelle für Dampfschiffe) begann ein starker Zustrom von Kurgästen, Reisenden und Ausflüglern. Nach Meyers Konversations-Lexikon von 1874 war Assmannshausen einer der besuchtesten Orte des Rheinlandes.

Attraktion war der Niederwald, den 1870 zu Pfingsten 10000 Besucher, davon 4000 von Assmannshausen aus, besuchten. Ein nicht unerheblicher Erwerbszweig war die Reiteselvermietung zur Erleichterung des Aufstiegs. Nach 1883 kam das Nationaldenkmal mit seiner Anziehungskraft auf vaterländisch Gesinnte hinzu, 1885 folgte die Errichtung der Zahnradbahn, 1953 wurde an ihrer Stelle die erste Seilbahn Hessens eröffnet und verzeichnete Gästezahlen von über 25 000 im Halbjahr (1968).

Als 1908 der ortsansässige Weingutsbesitzer Fritz Wittmann seinen Pferdestall renovierte und darin die Alte Bauernschänke mit einem Angebot von Wein, Musik, Tanz und Unterhaltung eröffnete, galt dies hier als Geburtsstunde der„Rheinischen Fröhlichkeit“, wie sie bereits erfolgreich auch andernorts, so in Rüdesheim in der Drosselgasse, verbreitet wurde. Die Zahl der Gastronomiebetriebe stieg nun unaufhaltsam: während 1869 noch 9 Gasthäuser und Herbergen den Bedarf deckten, gab es um 1900 bereits 14, 1938 sogar 28 (heute ca. 25). An Fremdenbetten standen 1869 ca. 40, heute etwa 1000 in Hotels und privat zur Verfügung. Traditionell bestand das Publikum zu 60% aus Ausländern, zumeist aus nordischen Ländern.

Assmannshausen als Kurbad
Die schon im Mittelalter bekannten, ufernah am oder im Rhein gelegenen Thermalquellen gingen mehrfach durch Hochwasser und Eisgang verloren und mussten jeweils neu erschlossen und gefasst werden, so auch auf Veranlassung des Mainzer Erzbischofs 1489 und 1705. Eine höhergelegene Quelle mit Sandsteinfassung, der sogenannte Römerbrunnen (der Name weist auf die damals vermuteten römischen Bäder in Assmannshausen hin) wurde durch den Bahnbau nach 1857 verschüttet.

1839 ließ Baron Carl August von Klein, ein ortsansässiger Maler und Schriftsteller, die unteren Quellen neu fassen und gründete eine Gesellschaft zur Einrichtung eines Bades; außerdem wurde das Wasser in Krügen verkauft. Nach Verlust des Badhauses durch Eisgang 1855 und privater Nutzung der Quelle 1864 wurde 1872 eine warme Lithion-Quelle (Graf-Adolf-Quelle) gefasst und bis 1877 das Kurhaus mit Kuranlagen durch den damaligen Eigentümer, Oberlandgerichtsrat Augustin aus Potsdam, erbaut. Über der nach Absinken des Rheinspiegels nun an Land gelegenen Quelle entstand einTurmgebäude, das Kurhaus enthielt 20 Logierräume, Billard-, Lese- und Musikzimmer sowie 24 Wannenbäder. Bereits 1880 wurden das Logierhaus und eine neu angelegte Allee wiederum durch Eisgang zerstört.

Es folgten Neubauten im Schweizerstil und eine Ausweitung der Kur, die ihren Höhepunkt um die Wende zum 20. Jahrhundert erlebte. Die Deutsche Mineralbrunnen AG verlegte ihren Sitz nach Assmannshausen, erbaute eine Abfüllanlage und betrieb nach Verkauf der Bäderbauten 1921 nur noch die Mineralwasservermarktung (Ass-Brunnen) bis 1981. 1924 wurden Kurhaus und Badehaus renoviert, 1930 wiedereröffnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Kur zum Erliegen. 1950 übernahm die katholische Kirchengemeinde die Gebäude und gründete das Altenheim St.-Thomas-Morus-Haus, das nach 1990 durch moderne Erweiterungsbauten ergänzt wurde.

Ortsentwicklung – Ortsbild
Unterhalb von Rüdesheim und des Binger Loches, schon weit im Steiltal des Rheines, liegt Assmannshausen an der Mündung des Behlingsbaches. Das eng gedrängte ehemalige Winzerdorf gruppierte sich um die aus dem Mittelalter stammende Pfarrkirche, die eine leicht erhöhte Lage an der Engstelle zwischen den das Höllenbachtal begrenzenden Höhen einnimmt. Die Hauptachse der ursprünglichen Siedlung war die Straße nach Aulhausen, die den Ort bei der Kirche durchquerte und sich in Richtung Rhein mehrfach verzweigte, wo neben dem Bachlauf mehrere „natürlich“ gewundene Gassen fächerfömig auseinanderlaufend auf das Rheinufer trafen. Wie auch die Wege breitete sich die nachmittelalterliche Bebauung am Ufer nach Norden und Süden aus, eine frühe bandförmige Erweiterung entstand am Weg nach Lorch.

Die Befestigung dürfte sich auf einen Mauerzug am Rhein beschränkt haben; sie diente weniger der Verteidigung, sondern vornehmlich dem Schutz vor Eisgang. Es war wohl kein geschlossener Mauerring vorhanden. Vom Eselseck bis zum Hotel Krone gab es vier Tore: Das Große, das Kleine, das Gunste- und das Fasse-Tor. Das Große Tor, einst Eingang zur Niederwaldstraße, wurde nach einer noch erhaltenen Inschrift (heute im Inneren des Hotels Lamm) 1491 unter Erzbischof Berthold erbaut. Bis um 1800 gab es keine außerhalb der Ortsmauer liegende Bebauung. In der um 1833 entstandenen Ansicht ist das Mauerstück mit vier Durchlässen im Bereich der südlichen Ortshälfte dargestellt. Heute ist außer dem Großen Tor nur noch ein Mauerstück der Eismauer zwischen Hotel Lamm und ehemaligem Schulhof erhalten (heute eine Einfriedungsmauer, unter Verwendung alten Materials teilerneuert).

Die heutige Siedlung zeigt ein seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vollständig neu geprägtes Bild. Ausschlaggebende Faktoren hierfür waren der Ausbau der Verkehrswege, der Fremdenverkehr sowie Brände (22 zwischen 1890 und 1900) und Kriegsschäden. Der zu Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzende Tourismus der Romantik – angezogen von dem damals als malerisch empfundenen Winzerdorf mit seinen bescheidenen, engstehenden, spitzgiebeligen Fachwerkhäusern – stieg mit dem Ausbau der Verkehrsmittel und -wege schnell an und führte zu einer vollständigen Umstrukturierung des Ortes.

Sehr einschneidend wirkte sich der Bahnbau als durch den alten Ortskern geschlagene, auch heute noch trennende und städtebaulich nie bewältigte Lücke aus, die in den 1970er Jahren durch die Planung einer (glücklicherweise nicht realisierten) Stelzenstraße als Verbindung der Rheinuferstraße mit der Landstraße nach Aulhausen und damit verbundenen Abbrüchen noch weiter verstärkt wurde. Der zentral gelegene erste Bahnhof wurde bereits 1892 ausgelagert, der Altbau 1974 abgebrochen und die Fläche zusammen mit dem alten Schulhof in einen Parkplatz umgewandelt. Die Bahntrasse überlagerte die alte, in Richtung des Bachtales entwickelte Wegestruktur; die neuen Verkehrsschneisen gaben die weitere Ausweitung rechtwinklig dazu, also parallel zum Rheinstrom, vor; gleichzeitig nahmen die beiden nun getrennten Ortshälften etwas unterschiedliche Entwicklungen.

Rheinseitig breitete sich, ausgehend vom alten Gasthaus Krone, eine großzügig angelegte Hotelzone entlang des Ufers aus, deren zur Bahn hin gelegene Rückseite einfachen Wohn- und Nebengebäuden vorbehalten blieb. Der alte Ortskern an der Kirche hingegen wandelte sich zum Zentrum der „Stimmungslokale“ (Hinweisschild). Hier waren bereits im 19. Jahrhundert die wohl überwiegend aus Fachwerk errichteten Winzerhöfe durch Gasthäuser ersetzt worden. 1900 folgte die Überwölbung des Höllenbaches und 1909 die Umgestaltung des Dreikönigsplatzes nach Abbruch der Eichanstalt und weiterer Häuser. Außerdem wurde der Kirchhof beschnitten, um Platz für den Durchgangsverkehr zu schaffen. Von der in Abbildungen des 19. Jahrhunderts festgehaltenen, noch 1907 erwähnten mittelalterlichen Substanz hat sich im Ortskern fast nichts erhalten. Die alte, stark verdichtete Parzellenstruktur wurde durch Bauten des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts besetzt, deren anfangs schlichte Fassaden später dem jeweiligen Zeitgeschmack angepasst wurden.

Das heutige Assmannshausen kann gewissermaßen als ein Produkt des Tourismus gelten, der in seiner fast 200jährigen Geschichte zu einer spezifischen - teilweise heute als nachteilig empfundenen - Ausprägung des Ortsbildes führte.

Die durch Flurbereinigungsmaßnahmen zwar umgestalteten, jedoch kontinuierlich genutzten Weinberge bilden den Hintergrund der vom Rhein aus wahrnehmbaren Ortssilhouette. Als Fremdkörper wirken der in exponierter Halbhöhenlage 1912 errichtete, 1959 erweiterte Baukomplex des ehemaligen Kreisjugendheimes (Stiftung Emma von Mumm), jetzt Ausbildungszentrum des hessischen Baugewerbes, und die 1965 eingeweihte Grundschule.

(Thomas Büttner, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, 2010)

Literatur

Söder, Dagmar / Landesamt für Denkmalpflege Hessen (LfDH) (Hrsg.) (2013)
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmäler in Hessen: Rheingau-Taunus-Kreis I. (Altkreis Rheingau). Wiesbaden.

Stadtteil Assmannshausen (Rüdesheim)

Schlagwörter
Ort
65385 Rüdesheim am Rhein - Assmannshausen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Archäologie, Denkmalpflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Fernerkundung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 1108

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Thomas Büttner: „Stadtteil Assmannshausen (Rüdesheim)”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/P-CU-20091104-0003 (Abgerufen: 25. April 2024)
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