1868 erwarb die aus Wuppertal stammende Firma Klein-Schlatter ein Baugrundstück am heutigen Prommenadenweg in Kettwig und errichtete dort das überlieferte dreigeschossige Fabrikgebäude mit zunächst drei Schedhallen entlang der Bachstraße. Die mit 300 Maschinenwebstühlen geplante Weberei mit Färberei und Appretur produzierte den Zanella genannten Futterstoff für Herrenbekleidung und Uniformen. Zanella wurde auch für die Bespannung von Regenschirme verwendet.
Die 1868 geplante Fabrik mit insgesamt neun Shedhallen, seitlichem Maschinen- und Kesselhaus und Schornstein sowie Waschkaue und Speisesaal wurde bis etwa 1900 kompletiert. In dieser Zeit standen etwa 600 Webstühle in der Fabrik. Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte Klein-Schlatter Fallschirmseide her. Die Anlage wurde nach 1990 umgebaut für ein Wohnnutzung mit Läden.
Von der Werksanlage des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist das zur Ruhr orientierte mehrgeschossige Fabrikgebäude, der direkt daneben liegende Schlichtraum von 1890/91(2-geschossiger Shedbau), das daran anschließende 1880-89 erneuerte Kesselhaus und die 9-schiffige Shedhalle erhalten. Schornstein und technische Ausstattung sind nicht überliefert.
Das 3-geschossige Fabrikgebäude an der Ruhr ist ein Backsteinbau mit flachem Satteldach. Der Baukörper ist gegliedert mit dreiachsigem, gestuften Mittelrisalit und einachsigen Seitenrisaliten. Die Risalite sind bekrönt durch polygonale, zinnenartige Fialen. Die stichbogigen Fensteröffnungen liegen in zurückspringenden Wandfeldern mit Rundbogenfriesen unter der Traufe. Das Erdgeschoss ist durch ein kräftiges Stockwerksgesims abgesetzt. Die Innenkonstruktion bestand aus einer Mittelreihe gusseiserner Stützen. Die Ansicht zur Ruhr wird weiterhin geprägt durch das zweigeschossige Shedgebäude für den Schlichtraum, die traufständige Doppelhalle für das Kesselhaus und eine in Beton ausgeführte Werksmauer.
Auf dem rückwärtigen Grundstück ist die neunschiffe Shedhalle mit den charakteristischen Sägezahndächern erhalten. Die Konstruktion besteht aus gusseisernen Stützen mit Transmissionskonsolen. Die Stützen dienten zugleich der Dachentwässerung. Die Halle endet an einem schmalen Bau mit doppelflügeligem Tor und der Inschrift „C. K.S.“ in erhabenen Buchstaben unter der Traufe. Durch den Umbau in den 1990er Jahren wurde ein Schiff der Shedhalle entfernt. Weitere Shedhallenschiffe sind ohne Dächer und befinden sich derzeit in einem ruinösen Zustand.
Dennoch stehen Teile des Gebäudes unter Denkmalschutz, insbesondere Bestandteile aus den Jahren 1868, 1889, 1890-91 und 1937-39.
(Walter Buschmann, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland,2010; Karl-Heinz Buchholz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2018)
Literatur
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Kettwig wie es wuchs und wurde. 1200 Jahre seiner Geschichte. Kettwig (1. Auflage).
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100 Jahre Stadt Kettwig 1857-1957. Kettwig.
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Kammgarnspinnerei, Tuchfabrik, Zanellafabrik Joh. Wilhelm Scheidt. Kettwig-Ruhr.
Scheidt, Johann Wilhelm (1926)
Wie die Firma Scheidt aus der Kettwiger Tuchmacherzunft herauswuchs. Kettwig.
Soénius, Ulrich (2001)
Ein Königreich Scheidt? Kettwig und seine führende Unternehmerfamilie. (Essener Beiträge 113.) S. 383-396. Essen.
Soénius, Ulrich (2000)
Wirtschaftsbürgertum im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die Familie Scheidt in Kettwig 1848-1925 (Dissertation Köln 1999). Köln.
Wiedemann, Heinrich (1909)
Zur Geschichte der Textilindustrie im Stift Essen. (Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, Heft 30.) Essen.
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