Große Thermen im LVR-Archäologischen Park Xanten

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Xanten
Kreis(e): Wesel
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 39′ 59,96″ N: 6° 26′ 23,01″ O 51,66665°N: 6,43973°O
Koordinate UTM 32.322.946,83 m: 5.727.067,56 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.530.466,32 m: 5.725.905,82 m
  • Große Thermen im LVR-Archäologischen Park Xanten

    Große Thermen im LVR-Archäologischen Park Xanten

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    LVR-Archäologischer Park Xanten (APX)
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  • Große Thermen im LVR-Archäologischen Park Xanten, Thermenschutzbau (links) und LVR-RömerMuseum (rechts), 2011

    Große Thermen im LVR-Archäologischen Park Xanten, Thermenschutzbau (links) und LVR-RömerMuseum (rechts), 2011

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  • LVR-RömerMuseum (links) und Schutzbau der Großen Thermen (rechts) im LVR-Archäologischen Park Xanten aus nordöstlicher Blickrichtung (2013).

    LVR-RömerMuseum (links) und Schutzbau der Großen Thermen (rechts) im LVR-Archäologischen Park Xanten aus nordöstlicher Blickrichtung (2013).

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  • Geländeplan des Archäologischen Parks Xanten APX (2012).

    Geländeplan des Archäologischen Parks Xanten APX (2012).

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Das große Stadtbad der „Colonia Ulpia Traiana“ glich in mancher Hinsicht einem Palast. Die gut erhaltenen Überreste der massiven Grundmauern, von Badebecken, Heizkanälen und Feuerstellen sind unter einem Schutzbau zu besichtigen, dessen äußere Form die monumentalen Dimensionen des antiken Bauwerks wiedergibt.

Thermenschutzbau
Ein beeindruckender Bau aus Stahl und Glas schützt die ausgegrabenen Überreste der Großen Thermen und macht zugleich die ursprüngliche Größe der antiken Architektur sichtbar. Über dem Badetrakt der Großen Thermen erhebt sich das 1999 eröffnete lichte Gebäude aus Stahl und Glas. Es schützt die ausgegrabenen Bäder vor Regen und Sonne und zeigt zugleich die imposanten Dimensionen der antiken Architektur. Laufstege führen die Besucherinnen und Besucher über die originalen Überreste von Badebecken, Feuerstellen und Heizkanälen. Die aufgehende Architektur der Thermen ließ sich anhand des Grundrisses und statischer Erwägungen recht genau rekonstruieren. Jeder der großen, saalartigen Baderäume besaß ein Tonnengewölbe, das quer zur Längsachse des Bauwerks lag. Während die Hauptlast dieser Gewölbe nach unten auf die Grundmauern einwirkte, wurden die zur Seite wirkenden Kräfte von verstärkten Außenmauern und einer Art Kreuzgratgewölbe in der Mitte des Bauwerkes aufgefangen. Von außen vermittelt besonders die komplexe Dachlandschaft des Schutzbaus einen Eindruck von der aufwändigen Bauform.
Die Glaswände des Schutzbaus sind mit einem gänzlich „unrömischen“ Punktraster bedruckt, das die Wärmeeinstrahlung reduziert und dennoch genügend Tageslicht hineinlässt. Das Raster erzeugt eine gewisse optische Geschlossenheit der Fassade und schützt besonders die Vögel. An den Unterkanten ist die Glasfassade offen, um immer eine gute Durchlüftung zu gewährleisten. Zusammen mit dem Schutz vor Regen und zu viel Sonnenlicht hat diese Durchlüftung sich als die beste Maßnahme gegen zu starkes Austrocknen und gegen Moos- oder gar Schimmelbildung erwiesen.
Im Inneren des Schutzbaus gibt die moderne Stahlkonstruktion weitere Aufschlüsse über die eindrucksvollen Raumdimensionen. Rot gefärbte Stahlträger markieren die einstige Position von Pfeilern, Wänden und Gewölben. Wer zuvor die vollständig rekonstruierten Räume der Herbergsthermen besucht hat, vermag sich hier noch besser vorzustellen, welche prachtvolle Wirkung die größeren Bäder mit ihrer kostbaren Einrichtung, den farbigen Wandmalereien und den spiegelnden Wasserflächen einst entfaltet haben.

Römische Bäder
Das große Stadtbad war weit mehr als eine Einrichtung zur Entspannung und Körperpflege. Hier traf man sich mit Nachbarn und Freunden, tauschte Neuigkeiten aus, machte Geschäfte und manchmal wohl auch Politik. Die Thermen waren Treffpunkt und soziales Zentrum einer römischen Stadt schlechthin. Der Badetrakt, der heute unter dem großen Schutzbau liegt, war das Herzstück einer großflächigen Anlage in der Nähe des römischen Stadtzentrums. Um einen weiten Innenhof gruppierten sich Säulengänge mit Ladenzeilen, Latrinen, ein Wasserturm und eine riesige Eingangshalle, auf deren Grundmauern jüngst das neue LVR-RömerMuseum errichtet wurde. Wie die heutigen „Wellness-Paläste“ bot diese Anlage alles, was Körper und Geist zur Entspannung benötigen.
Die eigentlichen Bäder lagen in großen, prächtig ausgestatteten Räumen. Böden und Wände waren mit Marmor verkleidet, Säulen und Außenfassade kunstvoll gestaltet. Die verschiedenen Baderäume lagen entsprechend ihrer Nutzung hintereinander aufgereiht. Man konnte nach Belieben zwischen den unterschiedlich temperierten Räumen wechseln oder Pausen an der frischen Luft und in seitlichen Ruheräumen einlegen, bevor es zurück in die Wasserbecken oder zum Massieren ging.

Kaltbad
Betrat man den Bau durch die große Halle von Süden, kam man zunächst in das Kaltbad. An seinen Schmalseiten lagen die Becken mit kaltem Wasser, in denen die Gäste sich abkühlen konnten. Von den rund 40 Quadratmeter großen Becken sind unter anderem Teile der Brüstung und der Böden mit geringen Resten der einstigen Marmorplatten zu sehen. Im Estrich finden sich auch noch die Abdrücke des Musters, das ehemals von weißen und schwarzen Steinplatten gebildet wurde.

Schwitzbäder
An den Seiten des Kaltbads liegen zwei fast 90 Quadratmeter große Schwitzbäder. Wie in heutigen finnischen Saunen konnten die Gäste dort zu römischer Zeit bei hohen Temperaturen kräftig schwitzen. Beheizt wurden sie von Öfen, die in kleineren seitlichen Räumen saßen. Die Unterböden mit den Abdrücken der ursprünglich dort stehenden Ziegelpfeiler, die den Fußboden trugen, sind hier und in den folgenden Räumen noch deutlich zu erkennen.

Warmbäder
Es folgen zwei große, mäßig beheizte Säle, in denen man sich von Masseuren und Haarausrupfern einölen und verwöhnen lassen konnte. Oder einfach nur entspannte. Auch hier lagen die Ofenräume an den beiden Schmalseiten. Im größeren Raum sind die Reste eines 19 Quadratmeter großen Badebeckens zu sehen; im kleineren wurde, vermutlich wegen der großen Anzahl der täglichen Badegäste, ein Becken nachträglich eingebaut.

Heißbad
Am Ende des Gebäudes lag das 350 Quadratmeter große Heißbad, in dem hohe Temperaturen herrschten. Es bestand aus einem großen Mittelraum mit zwei seitlichen Apsiden, in denen vermutlich Badewannen standen. Unmittelbar vor den großen Öfen stand ein langes Badebecken mit heißem Wasser. Zu sehen sind hier unter anderem noch Teile des Unterbodens, die Reste eines Rauchabzugs und ein großer Versturzbrocken, der bei der späteren Zerstörung oder beim Zerfall der mächtigen Außenmauern zurückblieb.

Badebetrieb
Aus antiken Schriftquellen wissen wir, dass viele Römerinnen und Römer die Thermen tagtäglich besuchten. Meist öffneten die Bäder um die Mittagszeit und blieben bis zur Dunkelheit zugänglich, allerdings machte man hiervon ebenso Ausnahmen wie von der üblichen Trennung der Geschlechter. Im Auskleideraum legte man seine Kleider in Fächer ab, die von einer Aufsicht bewacht wurden. Anschließend begab man sich nackt zu Ballspiel und Sport in den Innenhof oder ging direkt in den Badetrakt. Dort suchte man nach der Körperreinigung zunächst die Heißbäder auf. Anschließend folgten die Warm- und Kaltbäder. Nach kräftigem Schwitzen in den Schwitzbädern konnte man sich im Warmbad massieren und epilieren lassen, um sich anschließend eine Ruhepause zu gönnen. Diesen Ablauf konnte man beliebig abwandeln und wiederholen.
Der Aufenthalt in den Thermen war äußerst kurzweilig und nicht immer geruhsam. Schon die Badegänge boten reichlich Abwechslung, zusätzlich lockten Händler und Imbissstände mit Snacks und Angeboten aller Art. Man konnte zu Veranstaltungen gehen, einen Badearzt aufsuchen oder sich mit Bekannten treffen. Für die kaiserlichen Thermen in Rom sind sogar Bibliotheken belegt. Wie lebhaft das Gedränge in solchen Anlagen gewesen ist, vermag wohl am besten ein berühmter Brief zu schildern, den der römische Philosoph und Staatsmann Seneca um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. einem Freund schrieb. Seneca hat sich während eines Aufenthalts in Baiae nahe dem heutigen Neapel über einer Thermenanlage einquartiert und beklagt sich über den Lärm:
„Von allen Seiten umtönt mich wirrer Lärm, denn ich wohne gerade über den Bädern. Stelle dir jetzt einmal alle Arten von Tönen vor, die es einen bedauern lassen, dass man Ohren hat. Wenn die Kräftigeren ihre Leibesübungen treiben und dabei ihre Hanteln schwingen, wenn sie sich abarbeiten oder auch bloß so tun, dann höre ich ihr Stöhnen und, sobald sie dem angehaltenen Atem wieder seinen Lauf lassen, ihr Zischen und heftiges Keuchen. Wenn ich aber auf einen Müßiggänger stoße, der sich bescheiden nach plebejischer Manier salben lässt, so höre ich das Klatschen der Hand auf den Schultern, das seinen Ton ändert, je nachdem die Hand flach oder hohl aufschlägt. Kommt vollends noch ein Ballspieler hinzu, der zählt, wie oft er den Ball abprallen lässt, dann ist's um mich geschehen. Nimm nun noch einen Zankapfel hinzu und einen ertappten Dieb und einen, der gern seine eigene Stimme im Bade ertönen hört; nimm ferner noch hinzu die, die unter lautem Klatschen des aufplätschernden Wassers ins Schwimmbassin springen! Außer diesen, deren Laute doch wenigstens natürlich sind, denke dir noch einen Haarausrupfer, der, um sich bemerkbarer zu machen, wieder und wieder seine dünne, schrille Stimme hervorpresst und erst schweigt, wenn er jemandem die Haare unter den Achseln ausreißt und so einen anderen an seiner Statt schreien lässt. Endlich die verschiedenen Ausrufe des Kuchenhändlers, der Wurstverkäufer, der Zuckerplätzler und aller Kellner der Kneipen, die sämtlich in ihrer eigentümlichen, durchdringenden Tonweise ihre Waren anpreisen.“

(LVR-Redaktion KuLaDig, 2010)

Wege zum LVR – Anfahrt inklusiv: LVR-Archäologischer Park Xanten / LVR-RömerMuseum

Internet
www.apx.lvr.de/roemermuseum/grossethermen (abgerufen 26.07.2010)
www.rheinischemuseen.de (abgerufen 26.07.2010)

Literatur

Claßen, Erich; Rind, Michael M.; Schürmann, Thomas; Trier, Marcus (Hrsg.) (2021)
Roms fließende Grenzen. Archäologische Landesausstellung Nordrhein-Westfalen, Begleitband zur Ausstellung 2021-2022. (Schriften zur Bodendenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen 12.) S. 284-289, Darmstadt.

Große Thermen im LVR-Archäologischen Park Xanten

Schlagwörter
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Geländebegehung/-kartierung, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1999

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„Große Thermen im LVR-Archäologischen Park Xanten”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-FJK-20100726-0006 (Abgerufen: 20. April 2024)
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