Östlich von Königswinter und südlich des Mirbesbaches liegen auf dem Bergrücken der Ofenkaul die Reste eines Zwangsarbeiterlagers aus der NS-Zeit.
Kurzbeschreibung
Das Lager wurde im Zusammenhang mit der Verlagerung kriegswichtiger Produktionsanlagen in den Bereich der Ofenkaul im Herbst 1944 errichtet.
Die Planung und Umverlegung kriegswichtiger Rüstungsbetriebe lag zum Ende des Zweiten Weltkrieges bei der Abteilung Rüstungsstab-Verlagerung des Reichswirtschaftsministeriums. Ab Sommer 1944 begannen die Planungen, die gesamte Produktion der Firma Aero-Stahl in Köln-Porz in die Ofenkaul zu verlegen.
In diesem Betrieb wurden hochwertige Einspritzpumpen für Flugzeugmotoren vom Typ BMW 801 angefertigt. Zunächst erfolgte ein Ausbau der Ofenkaulen durch die Organisation Todt, Arbeitsbereiche für die Maschinen, Installationen und ein Heizgebläse zur Klimatisierung der Ofenkaul mussten geschaffen werden. Ebenfalls entstand das Lager mit den Versorgungs- und Wachbaracken für die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen. Im Lager lebten zwischen 300 und 400 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, überwiegend italienische Kriegsgefangene, Tschechoslowaken, Holländer und Belgier. Für die Frauen war ein eigener Teil des Lagers durch Stacheldrahtverhaue abgegrenzt. Im Oktober 1944 begann die Produktion, die bis Anfang März 1945 aufrecht erhalten wurde. Am 10. März wurde der überwiegende Teil der Lagerinsassen nach Osten ins Reichsgebiet verschleppt.
Als im März 1945 die Alliierten Truppen das rechte Rheinufer erreichten, entstand ein erbitterter Kampf um die Höhen des Siebengebirges. Vom 07. bis 16. März suchten mehrere tausend Einwohner von Königswinter in den untertägigen Abbaubereichen der Ofenkaul und den Aero-Stahl-Produktionsstätten Schutz vor den Fliegerangriffen und dem Artilleriebeschuss.
Nach dem Krieg erfolgten die Demontage der Fertigungsmaschinen und die Sprengung der Produktionsstätten.
Zustand/Erscheinungsbild
Die erhaltenen Relikte dieses Arbeitslagers gliedern sich in vier Bereiche:
- a) das Barackenlager,
- b) die untertägigen Produktionsanlagen im Bereich des Ofensteinbruches (Bodendenkmal SU 099 Steinbruch Ofenkaul),
- c) die Essenbaracke und
- d) der Wachpostenbereich.
Das Barackenlager liegt oben auf dem Bergrücken der Ofenkaul und erstreckt sich auf einer Fläche von circa 190 mal 100 Metern. Ausgehend von der Abzweigung eines Waldwirtschaftsweges von der Ferdinandstraße (Bezeichnung nach DGK5) liegt nach circa 80 Metern auf der linken Wegseite ein Wasserbunker. Der Bunker hat die Maße von 5 mal 4 mal 3 Meter, mit einer 80 mal 80 Zentimeter großen Öffnung im Deckenbereich. An der Süd- und Westseite des Wasserbunkers liegen Erdaufschüttungen von den freigelegten Fundamenten. Nach Nordwesten zu zeigen sich dann zu beiden Seiten des Weges rechtwinklige Geländekanten, die als Podien der ehemaligen Baracken anzusprechen sind. Nach Nordwesten geht die Kante in einen Graben über, der bis zur Geländekante alter Ofensteinabbaue führt. In dem anschließenden nordwestlichen Bereich sind die Fundamente einer Latrine und einer Wohnbaracke erhalten. Die erhaltenen Architekturteile aus Betonstützen und gemauerten Wandresten lassen die standardisierte Bautechnik der von der Organisation Todt errichteten Baracken erkennen. Weiterhin erhalten sind einzelne Kaminteile. Der gesamte Bereich ist mit einem alten offenen Baumbestand, Rotdornbüschen und Gras bewachsen.
Nach Nordwesten und Südosten zeichnen sich weitere Barackenpodien als planierte Flächen im Gelände ab, ohne dass ein konkreter Hinweis auf die Art der Bebauung zu erkennen wäre. Im Anschluss daran, zu den Stollenzugängen der Ofenkaule hin, sind weitere Latrinenreste zu erkennen. Insgesamt konnten bei einer Aufmessung des Zwangsarbeiterlagers durch das Siebengebirgsmuseum Königswinter zehn Barackenstandorte eingemessen werden. Neben den zahlreichen Befunden geben einzelne Funde wie Stacheldrahtreste, Kollektoren und Mauerfundamente Hinweise auf einzelne Strukturen des Lagers.
Nach Süden zu ist als Trasse der ehemalige Weg (Verbindungsweg) vom Lager zu den Produktionsstätten erhalten. Von den Produktionsstätten (Bereich b) sind in den untertägigen und verschlossenen Ofenkaulen nur noch einzelne betonierte Flächen und Deckenreste erhalten. Am Hauptzugang befinden sich die Fundamentreste eines weiteren Gebäudes.
Unterhalb der Stollenzugänge, zwischen Halden und einem Siefen, liegen die Betonreste der ehemaligen Essenbaracke (Bereich c). Die erhaltenen Betonreste lassen die Größe und die Architektur zweier, hintereinander liegender, zerstörter Bauwerke erkennen. Die Grundfläche der Baracke beträgt circa 60 mal 12 Meter, bei einer gleichen Bautechnik wie die der Wohnbaracken. Durch die Sprengung 1945 sind die einzelnen Strukturen dieser Versorgungsbaracke so zerstört, dass sich keine gesonderten Bereiche wie Küche und Essensbereich ermitteln lassen.
Nach Nordwesten zu, zunächst über den aufgeschütteten Damm dann durch einen eingetieften Weg, wird der Zugangsbereich (Bereich d) des Lagers erreicht. In der Feldflur Pottscheid liegen südlich eines befestigten Wirtschaftsweges die Betonreste der ehemaligen Wachbaracke. Auch hier zeigen die erhaltenen Betonstützen und das Mauerwerk die gleiche Konstruktionstechnik wie bei den anderen Baracken. Die Zerstörung ist so vollständig, dass sich im Gelände außer dem Grundriss keine Strukturen des Gebäudes ermitteln lassen. An der Nordwestspitze der Baracke laufen zwei Wege zusammen. Der befestigte Wirtschaftsweg mit einer geringen Steigung, der als Auffahrt zur Produktionsanlage diente und ein aufgelassener Hohlweg, der auf direktem, kurzem Weg zur Abfahrt benutzt wurde.
Bodendenkmal
Das Objekt ist ein eingetragenes Bodendenkmal (LVR-ABR SU 225).
(Wolfgang Wegener, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, 2004)
Die Erfassung und Bearbeitung erfolgten im Rahmen des von der DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt) geförderten Projektes „Natur- und Kulturlandschaft zwischen Siebengebirge und Sieg“.
Das Zwangsarbeiterlager Ofenkaul war KuLaDig-Objekt des Monats im Januar 2015.
Internet
www.bodendenkmalpflege.lvr.de: Projekt „Natur- und Kulturlandschaft zwischen Siebengebirge und Sieg“ (abgerufen 30.08.2017)