Steinbruch Ofenkaul

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Archäologie
Gemeinde(n): Königswinter
Kreis(e): Rhein-Sieg-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 40′ 41″ N: 7° 13′ 12,74″ O 50,67806°N: 7,22021°O
Koordinate UTM 32.374.254,27 m: 5.615.535,53 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.586.289,38 m: 5.616.542,86 m
  • Vermauerter Zugang

    Vermauerter Zugang

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    Stolleneingang (Zustand 1983)

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  • Stollensystem (Zustand 1983)

    Stollensystem (Zustand 1983)

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  • Reliefs in der Ofenkaul

    Reliefs in der Ofenkaul

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Objektstandort
Zwei Kilometer ost-nordöstlich der Kirche in Königswinter liegt südlich der Straße zur Margarethenhöhe ein ausgedehntes, größtenteils untertägiges Steinbruchgebiet, die sogenannte Ofenkaul.

Kurzbeschreibung
Hier wurde der für den Ofenbau besonders gut geeignete Trachyttuff abgebaut. Das Gestein speichert die Wärme des Feuers und gibt sie langsam und gleichmäßig wieder ab. Da es überdies leicht zu bearbeiten ist, wurde es auch für Kellergewölbe und vereinzelt zur Herstellung von Futtertrögen verwendet. Zunächst wurden rechtwinklige Blöcke von 120 bis 150 Zentnern aus dem Fels gebrochen. Auf Pferdekarren brachte man sie ans Tageslicht. Am Rheinufer befand sich ein Lagerplatz, an dem die Blöcke weiter nachgearbeitet wurden. Erst beim eigentlichen Ofenbau erhielten die Steine ihre endgültige Feinbearbeitung. Die Königswinterer Steinhauerzunft wird am Ende des 17. Jahrhunderts zum ersten Mal urkundlich erwähnt, allerdings muss das Gestein aber schon seit wesentlich längerer Zeit abgebaut worden sein. Unsere heute übliche Arbeitsteilung kannte man zu jener Zeit noch nicht. Die Königswinterer Ofenbauer arbeiteten in Familienbetrieben und waren Bergmann, Steinhauer und Maurer in einer Person.

Im Gelände ist die Anlage an der Oberfläche durch zahlreiche Stolleneingänge, Gruben und Einbrüche eingestürzter Stollen kenntlich. Unter Tage findet man ein weitläufiges, verästeltes System aus Gängen, Hallen und Durchschlupflöchern in mehreren miteinander verbundenen Horizonten vor. An einzelnen Stellen dringt von oben her Tageslicht ein. An der tiefsten Stelle sammelt sich Wasser.
Zur Zeit des „Dritten Reichs“ war im Bereich des Bergwerks Ofenkaule die Firma Aerostahl (Zwangsarbeitslager Ofenkaul, Bodendenkmal SU 225) ansässig. Hier wurden große Produktionsanlagen im Innern des Berges unter Ausnutzung der bereits bestehenden Gänge errichtet, deren Reste (Treppen, Einbauten, usw.) noch heute erhalten sind. Die Firma Aerostahl fertigte hier Einspritzpumpen des Bautyps „Deckel“ für den BMW-Motor 801 (Flugmotor) an. In diesem Zusammenhang entstand hier auch ein Lager für vermutlich etwa 400 Zwangsarbeiter verschiedener Nationalitäten. Nach 1945 wurde der Abbau letztmalig für die Gewinnung von Reparaturmaterial wieder aufgenommen. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges suchte die Königswinterer Bevölkerung Schutz in den leeren Stollen.
Innerhalb des Grubensystems befinden sich an einer senkrechten Wand vier in den Stein geschlagene Reliefs. Es sind eine 2,20 Meter hohe Frauengestalt, zwei menschliche Köpfe von 70 und 130 Zentimetern Höhe und ein 75 Zentimeter hohes Gebilde pflanzenartigen Charakters dargestellt. Aus stilkritischen Erwägungen werden die Reliefs etwa in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts gestellt. Als Urheber käme dann der Lehrer, Maler und Bildhauer Krings in Betracht. Dies ist jedoch nicht sicher belegt. Mehrere Berichte erwähnen einen ehemaligen italienischen Militärinternierten / Zwangsarbeiter als Urheber der Figuren. Eine weitere figürliche Darstellung „Madonna mit dem Kinde“ ist vermutlich eine Laienarbeit einer unbekannten Person.

500 Meter südlich des beschriebenen Stollensystems und 200 Meter südwestlich des Gertrudenhofs liegt eine bedeutend kleinere Nebenanlage mit zwei Eingängen.

In die Schlagzeilen gerieten die Königswinterer Ofenkaulen 1962, als sich der gesuchte Raubmörder Dieter Freese (*1939; Verbleib seit 1993 ungeklärt) hier auf seiner Flucht versteckte. Am 1. März entdeckte ihn ein Polizeibeamter in einer Waldhöhle und versuchte den Gewalttäter zu stellen. Es gelang Freese jedoch, den Polizisten zu entwaffnen und er erschoss den Diensthund „Arko“. Trotz Großfahndung mit Hubschraubern und Spürhunden gelang Freese zunächst die Flucht, bevor er am 9. März 1962 nahe der damaligen tschechoslowakischen Grenze festgenommen werden konnte (www.ksta.de).

Zustand / Erscheinungsbild, Bodendenkmal
Die Stolleneingänge sind aus Sicherheitsgründen mit starken Betonwänden – mit schmalen Flugschlitzen für Fledermäuse darüber – verschlossen.
Das Bodendenkmal „Steinbrüche/ Ofenkaulen“ besteht aus zwei voneinander getrennten Bereichen: ein größeres Areal südlich der Landstraße L 331 und ein kleineres südlich des „Milchhäuschens“ (LVR-ABR SU 99).

(Thomas Krüger, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, 1983; Christine Wohlfarth, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, 2013; freundliche Hinweise von Herrn Joern Kling, Siebengebirgsmuseum Königswinter, 2015 / Erfassung und Bearbeitung im Rahmen des von der DBU (Deutsche Bundesstiftung Umwelt) geförderten Projektes „Natur- und Kulturlandschaft zwischen Siebengebirge und Sieg“)

Internet
www.bodendenkmalpflege.lvr.de: Projekt „Natur- und Kulturlandschaft zwischen Siebengebirge und Sieg“ (abgerufen 30.08.2017)
de.wikipedia.org: Ofenkaulen (abgerufen 06.11.2013 und 07.09.2021)
www.ofenkaulen.de (abgerufen 06.11.2013)
www.ksta.de: Verbrecherjagd 1962 - 1000 Polizisten suchten einen Raubmörder im Siebengebirge (Kölner Stadt-Anzeiger vom 05.09.2021, abgerufen 07.09.2021)

Literatur

Döring, Alois; Scheuren, Elmar (1986)
Altes Handwerk und Hauswerk (Ausstellungskatalog Königswinter / Frechen 1986). Königswinter.
Kling, Joern (2000)
Die Ofenkaulen. Unterirdische Tuffsteinbrüche im Siebengebirge. In: SOK Mededelingen Nr. 33 (hrsg. Studiegroep Onderaardse Kalksteengroeven, Natuurhistorisch Genootschap in Limburg, Niederlande), S. 15-35. o. O.
Scheuren, Elmar (2001)
Backofenbau und „Ofenkaulen“ im Siebengebirge. In: Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises, S. 136–139. o. O.
Scheuren, Elmar (1995)
Backofenbau und Ofenkaulen im Siebengebirge. In: Rheinische Heimatpflege 30, Heft 2, S. 221-224. Köln.
Scheuren, Elmar; Notarius, Christina (1992)
Der Königswinterer Backofenbau. In: Denkmalpflege im Rheinland 3, S. 107-113. o. O.
Seydel, Jürgen (1995)
Die verlassenen Schächte. Bad Godesberg.
(1976)
Königswinter und das Siebengebirge. Festschrift. S. 137–153, Königswinter.

Steinbruch Ofenkaul

Schlagwörter
Ort
53639 Königswinter
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Bodendenkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Archäologie
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Archivauswertung, Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1660 bis 1700, Ende 1950

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
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Empfohlene Zitierweise
„Steinbruch Ofenkaul”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-78590-20131104-3 (Abgerufen: 19. April 2024)
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