Hoesch-Werk in Schneidhausen

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Kreuzau
Kreis(e): Düren
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 45′ 10,42″ N: 6° 28′ 50,71″ O 50,75289°N: 6,48075°O
Koordinate UTM 32.322.299,41 m: 5.625.372,71 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.533.970,40 m: 5.624.267,44 m
  • Das historische Stammhaus der Familie Hoesch in Schneidhausen

    Das historische Stammhaus der Familie Hoesch in Schneidhausen

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  • Eingangsbereich des Stammhauses Hoesch in Schneidhausen

    Eingangsbereich des Stammhauses Hoesch in Schneidhausen

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  • Maueranker mit Jahreszahl am südlichen Gebäude des historischen Stammhauskomplexes Hoesch in Schneidhausen

    Maueranker mit Jahreszahl am südlichen Gebäude des historischen Stammhauskomplexes Hoesch in Schneidhausen

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  • Lendersdorfer Mühlenteich bei Schneidhausen (2013); links der eigentlichen Mühlenteich, rechts ein unterirdischer Abzweig, der hier unterhalb der Hoesch design GmbH wieder in den Mühlenteich mündet

    Lendersdorfer Mühlenteich bei Schneidhausen (2013); links der eigentlichen Mühlenteich, rechts ein unterirdischer Abzweig, der hier unterhalb der Hoesch design GmbH wieder in den Mühlenteich mündet

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Am Vorabend des Ersten Weltkriegs wurde Düren als „Stadt der Millionäre“ bezeichnet und galt als eine der wohlhabendsten Städte Deutschlands sowie als zweitreichste Stadt in Preußen. Dies lag vor allem daran, dass sich Düren zu einer wichtigen Industriemetropole im Rheinland entwickelt hatte. Bereits 1880 gab es an die 93 Fabrikbetriebe, darunter auch das Zinkwalzwerk der Familie Hoesch.

Kurz unterhalb der Abzweigung des Lendersdorfer Mühlenteichs von der Rur links des Flusses zwischen Kreuzau und Niederau gelegen befindet die kleine Ansiedlung Schneidhausen. Heute wird sie von der Hoesch Design GmbH dominiert, einem auf exklusive Badezimmer- und Wellnesseinrichtungen spezialisierten Kunststoffwerk. Erhalten sind aber auch die historischen Bruchsteinbauten aus der Gründungs- und Erweiterungszeit, die an den Mauerankern Datierungen aufweisen. Auf dem mittleren Hauptgebäude, dem Stammhaus der Familie Hoesch im Raum Kreuzau, sind die Jahreszahlen 1743 und die Initialen „LH ES“ zu sehen. Sie stehen für Leonhard Hoesch und seine Ehefrau Elisabeth Schoeller, die das Gebäude im besagten Jahr errichten ließen (Kleinen & Langen 1981, S. 45). Umgeben sind die historischen Bauten inzwischen von moderner Industriearchitektur.

Hervorgegangen ist der Standort aus der Eisenfabrikation der Familie Hoesch, die hier 1742 ihren Anfang nahm. In diesem Jahr erhielt Leonhard Hoesch (1684–1761) die Konzession, an dieser Stelle am Lendersdorfer Mühlenteich ein Eisenschneidewerk zu errichten (Neu 1988, S. 214). Wahrscheinlich stammt auch der Name „Schneidhausen“ von Hoesch selbst, der sich hier auch das oben beschriebene repräsentative Wohnhaus baute (de.wikipedia.org, Haus Schneidhausen). Leonhard Hoesch war zunächst Reidtmeister, das heißt Besitzer von Erbpachtanteilen der landesfürstlichen Eisenwerke bzw. die Herstellung von Eisen (Kleinen & Langen 1981, S. 45), de facto also Betreiber einer Eisenhütte auf dem Neuenhammer an der Vicht nahe Stolberg gewesen. Das Stabeisen, das im Schneidwerk weiter verarbeitet wurde, kam in der Regel aus dem Schleidener Tal in der Eifel, um 1800 auch aus dem Stolberger Raum von der Hoesch-Verwandtschaft, z.B. vom Junkershammer. Es wurde in kurze Stücke „geschnitten“ und geschmiedet und weiter an Nagelschmiede, Drahtzieher, Messermacher und Schlosser geliefert. Ein großer Teil ging jedoch auch in den Export, unter anderem nach Holland und sogar Portugal, wie eine Quelle aus dem Jahr 1801 berichtet (Neu 1988, S. 214). Doch auch Hoesch selbst „veredelte“ sein Produkt, indem er bereits ein Jahr nach Gründung des Schneidwerks zusätzlich eine Fingerhutfabrik am Standort errichtete.

Doch damit nicht genug. 1770 erhielt Leonhards Sohn Hugo Ludolf Hoesch die Konzession, das Werk um eine Öl- und Papiermühle zu erweitern. Auf der Tranchot-Karte ist dies auch entsprechend vermerkt. Doch mit dem Einmarsch der Franzosen ins linksrheinische Gebiet des Rheinlandes verlor das Werk zum einen große Teile seiner Absatzmärkte, zum anderen wurde sowohl das Stammhaus als auch die Papiermühle 1794 von den Franzosen geplündert (Gemeinde Kreuzau, S. 6). 1801 besaß die Papierfabrik nur eine Bütte mit fünf bis sechs Arbeitern. Doch auch die folgenden Jahre, die mit einer Aufteilung der Schneidhausener Betriebe an die Erben Hoesch einherging, brachte die Produktion sowohl des Schneidwerks als auch der Papierfabrikation nicht aus der Krise. Da sich die Hoeschs zunehmend auf die Metallverarbeitung konzentrierten, wurde die Papiermühle 1834 verpachtet und 1846 ganz stillgelegt (Gemeinde Kreuzau, S. 7). Ein Jahr später folgte die Aufgabe des Schneidwerks. Die inzwischen als „Eberhard Hoesch, Söhne“ bezeichnete Firma setzte auf eine andere Sparte: auf die Produktion von Zinkblechen.

Zink entwickelte sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem „Allerweltsmaterial“ und wurde sowohl für verschiedene Haushaltsgegenstände als auch für die Deckung von Dächern und Fassaden, für Dachrinnen, Kunstgegenstände usw. benötigt. Doch das war nur ein Bereich für den Absatz der Zinkplatten im 1847 neu errichteten Zinkwalzwerk in Schneidhausen. Die Hoeschs setzten auf die Produktion von Satinierplatten für die Papierindustrie. Für die Veredelung der Papieroberflächen benötigten die Papiermühlen eine große Menge dieser Platten: „ …jeweils 1 Bogen Papier wurde zwischen 2 Satinierbleche von 0,1 mm Stärke gelegt und in Paketform durch einen Kalander geschickt, dessen Walzen unter hohem Druck arbeiteten“ (Kleinen & Langen 1981, S. 12). Auch das Walzwerk nutzte wie die Vorgängerbetriebe die Wasserkraft des Lendersdorfer Mühlenteichs. „Das Walzgerüst dieser frühen Zinkwalze wurde von dem am Lendersdorfer Mühlenteich liegenden rückenschlächtigen Wasserrad mit einer Gefälleleistung von 56 PS über Vorgelege und Schwungrad angetrieben. Das Rohzink lieferte die bei Stolberg liegende Zinkhütte Münsterbusch, die Galmei aus eigenen Gruben verhüttete“ (Kleinen & Langen 1981, S. 12). Das Zink wurde zunächst in Schneidhausen geschmolzen und dann über verschiedene Walzen zu Platten bearbeitet.

Noch vor dem Zweiten Weltkrieg erfolgte in den 1930er Jahren eine Modernisierung und Erweiterung der Produktionsanlagen. Doch der Rückschlag folgte bald. Während des Krieges erlitt das Werk schwere Schäden, wurde jedoch schnell nach dem Krieg wieder aufgebaut, da der Bedarf an Zinkprodukten gerade beim Wiederaufbau rasant stieg. Ab 1972 wurde ein weiterer Betriebszweig, die Kunststoffproduktion vor allem von Sanitärmaterial wie Wannen und Duschtassen, hinzugenommen (Gemeinde Kreuzau, S. 7). Bereits ein Jahr später schloss das Zinkwalzwerk und die alten Maschinen wurden ins Westfälische Freilichtmuseum Technischer Kulturdenkmale - Landesmuseum für Technik- und Handwerksgeschichte in Hagen überführt. Die Verarbeitung von Zink blieb allerdings weiterhin ein Geschäftsfeld und die Kunststoffproduktion wurde in der seit 1997 als Hoesch Metall und Kunststoffwerk genannten Firma ausgebaut. Zwischenzeitlich fanden über 500 Beschäftigte hier Arbeit. 2001 entstand in der Nähe ein großes Logistikzentrum. Doch diese Investition und die einsetzende Wirtschaftskrise waren für das Unternehmen zu viel. 2005 musste die Firma Insolvenz anmelden und ging an die polnische Firma Sanplast über, die das Werk heute als Hoesch design GmbH weiter betreibt (Gemeinde Kreuzau, S. 7). Damit ist von der langen Familientradition der Hoeschs an diesem Standort nur der Name geblieben.

(Gabriele Harzheim, 2013, erstellt für den LVR-Fachbereich Umwelt im Rahmen des Projektes „1914 – Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg“)

Internet
de.wikipedia.org: Haus Schneidhausen (abgerufen am 14.02.2013)
www.kreuzau.de Gemeinde Kreuzau: Die Siedlungsgeschichte, PDF-Dokument, 3 MB (abgerufen am 14.02.2013)

Literatur

Kleinen, Christian; Langen, Rainer (1981)
Das Zinkwalzwerk Hoesch und die Geschichte der frühen Walztechnik. Hagen.
Neu, Peter (1988)
Eisenindustrie in der Eifel. (Werken und Wohnen, 16.) Köln (1. Auflage).

Hoesch-Werk in Schneidhausen

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Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1742

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„Hoesch-Werk in Schneidhausen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-71455-20130815-2 (Abgerufen: 26. April 2024)
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