Seit Mitte des 18. Jahrhunderts lebten mehrere jüdische Familien in Sinzenich. 1902/03 umfasste die Synagogengemeinde Zülpich u. a. die Bürgermeisterei Sinzenich sowie die Spezialgemeinde Kommern. 1908/13 trennten sich Kommern und Sinzenich von Zülpich, 1919 wurden alle drei Gemeinden zusammengefasst.
Gemeindegröße um 1815: 23 (1806), um 1880: 33 (1885), 1932: 36 (1933), 2006: –.
Bethaus / Synagoge: Seit 1869 gab es einen Betsaal in einem Privathaus. Das Gebäude ist noch vorhanden (vorstehende Angaben nach Reuter 2007).
Ein von der jüdischen Gemeinde (hebräisch Kehillah) von Sinzenich genutzter kleiner Betsaal befand sich bereits für das Jahr 1869 belegt im Obergeschoss des Hauses der jüdischen Textilhändler-Familie Horn (Am Bach Nr. 12, heute Auf dem Sand 12). Dieser Raum wurde gelegentlich noch bis ins 20. Jahrhundert hinein genutzt.
„Aber schon längst war wegen der Vergrößerung der kleinen Gemeinde ein eigenes Gebäude notwendig“ (Arntz 2008) und so wurde in einem im Garten gelegenen Anbau des Hornschen Anwesens eine kleine Landsynagoge eingerichtet. „Umbauten haben später nicht stattgefunden. Laut Katasterbeleg bestand das Gebäude schon 1880/81“ (ebd., dort auch Ansichten des Gebäudes).
Der ehemalige Gebetsraum im Obergeschoss hatte eine Grundfläche von etwa 5 x 11 Meter und war über einen Treppenzugang erreichbar. In dem durchgehenden Raum mit gewölbter Decke saßen sich die jüdischen Männer und Frauen gegenüber, es gab keine separate Frauenempore. In einem der drei kleinen Räume im Erdgeschoss des Gotteshauses befinden sich heute noch an der Decke befestigte Haken, die zeitweise die Vermutung begründeten, dass diese zum rituellen Schächten gedient hätten. Diese Haken wurden aber offenbar erst nach dem Zweiten Weltkrieg angebracht.
Das Gebäude hat die nationalsozialistischen Novemberpogrome von 1938 als einziges jüdisches Gotteshaus im heutigen Kreis Euskirchen unbeschadet überstanden, obgleich es sich zu diesem Zeitpunkt noch in jüdischem Privatbesitz befand.
Das Wohn- und Geschäftshaus des Textilwarenhändlers Horn und das ehemalige Synagogengebäude befinden sich in Privatbesitz. Das frühere Gotteshaus wird heute als Wohngebäude genutzt, es steht nicht unter Denkmalschutz. Nach einer Restaurierung ist heute wieder der äußere Originalzustand mit gebrannten Feldsteinen zu erkennen.
Heutiger Zustand
Das in den Jahren 2001-2017 mühevoll umgebaute und anschließend mit vielen Details und Schmuck liebevoll hergerichtete Gebäude befindet sich durch seine heutige Nutzung als Wohnhaus mit Ferienwohnung in einem sehr guten baulichen Zustand.
Verschiedene erhaltene Details lassen dennoch deutlich den Nutzungswandel zum Ende des 19. Jahrhunderts erkennen: Dass in dem ursprünglich als Stall mit Futterboden geplanten Gebäude auch Nutztiere gehalten wurden, bevor es seine Bestimmung als Synagoge erhielt, zeigt ein erhaltener gemauerter Futtertrog im Inneren. Auch wenn ein an der Decke des Untergeschosses erhaltener Haken wohl nicht auf rituelles Schächten zurückgeht, sondern vermutlich jüngeren Ursprungs ist (vgl. vorab), soll das Haus seinerzeit im Untergeschoss zwischen Schächt- und Milchraum aufgeteilt gewesen sein.
Auf die Nutzung als jüdisches Gotteshaus weist ein separater Zugang von außen zum Obergeschoss hin, der heute zwar verschlossen ist, sich aber an der nördlichen Gebäudeseite noch gut im Mauerwerk aus gebrannten Feldsteinen ausmachen lässt.
Eine Informationstafel zur Geschichte der Landsynagoge befindet sich am Eingang zu dem früheren Hornschen Anwesen Nr. 12 in der Straße „Auf dem Sand“ (Begehung am 04.09.2020).
Baudenkmal
Mit Eintragung vom 30.10.2009 wird die „ehemalige Landsynagoge Sinzenich, Auf dem Sand 12-14, Backsteinwohnhaus mit Nebengebäude gegen 1870“ unter der Nr. 353 in der Liste der Baudenkmäler in Zülpich geführt.
(Franz-Josef Knöchel und Katharina Grünwald, LVR-Redaktion KuLaDig, 2011/2020)
Quellen
- Freundliche Hinweise von Herrn Hans-Dieter Arntz, Euskirchen, 2012.
- Freundliche Hinweise von Loretta und Peter Klyk, Sinzenich, 2020.
Internet
www.hans-dieter-arntz.de, Hans-Dieter Arntz: Zwei vergessene und daher erhalten gebliebene Landsynagogen in der Voreifel: Lommersum und Sinzenich (02.02.2008, abgerufen 13.12.2012)
www.hans-dieter-arntz.de, Hans-Dieter Arntz: Zwei kleine Landsynagogen haben „überlebt“ (02.02.2008, abgerufen 13.12.2012)
de.wikipedia.org: Liste der Baudenkmäler in Zülpich (abgerufen 08.09.2020)