Hof Hochdahl

Hochdahler Hof

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Erkrath
Kreis(e): Mettmann
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 13′ 18,25″ N: 6° 56′ 5,79″ O 51,22174°N: 6,93494°O
Koordinate UTM 32.355.794,21 m: 5.676.509,47 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.565.360,16 m: 5.676.730,17 m
  • Historische Aufnahme des Hofs Hochdahl (Hochdahler Hof) in Erkrath von um 1920.

    Historische Aufnahme des Hofs Hochdahl (Hochdahler Hof) in Erkrath von um 1920.

    Copyright-Hinweis:
    Eggerath, Hanna / Bergischer Geschichtverein
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt
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  • Undatierte historische Aufnahme des Hofs Hochdahl (Hochdahler Hof) in Erkrath

    Undatierte historische Aufnahme des Hofs Hochdahl (Hochdahler Hof) in Erkrath

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Am Ortsende von Hochdahl stand der große Hochdahler Hof. Es gibt ihn nicht mehr, 1969 wurde er niedergelegt. Dieser Hof hatte für den Ort eine besondere Bedeutung: Nach ihm wurde 1841 die Eisenbahnstation benannt und 1938 die Ansiedlung.

Ersterwähnung im 14. Jahrhundert
Zum ersten Mal erwähnt wurde dat goit ym daill vor ungefähr 630 Jahren im Verzeichnis der Einkünfte des Hofes Schlickum, das in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angelegt wurde. Der Hof Hochdahl war dem Rittergut Schlickum gegenüber zinspflichtig und musste 3 1/2 Denar und 1 1/2 Hühner abgeben (Einkünfteverzeichnis Hof Schlickum).
Aus dem Jahre 1392 stammt eine Verkaufsurkunde, die davon berichtet, dass der Bergische Herzog Wilhelm von Jülich zusammen mit seiner Gemahlin das Haus Mydlinghoven verkauft und den hoff gnant ym dale dazu gibt (Göring, S. 79). Die Erklärung dieses seltsamen Handels wirft ein Licht auf das unehrenhafte Verhalten des Besitzers von Schlickum, zu dieser Zeit Rutger von Eller. Er hatte den Hof Schlickum (sowie seine anderen abgabepflichtigen Höfe) verpfändet. Da er aber seine Schulden nie bezahlen konnte, griff der Herzog ein und verkaufte die Höfe einzeln.

Kirchengut im 15. Jahrhundert
Johann von Orsbeck verkaufte 1494 den Dall an die Bruderschaft Unserer Lieben Frauen in der Kirchspielskirche zu Erkrath (Urkunde im Archiv des Erzbistums Köln). Der Hof wurde Kirchengut. Er hatte den Lebensunterhalt des Vikars zu sichern. Im Visitationsprotokoll von 1577 beschreibt der Vikar die Aufgabe so:
„Zu bestimpter vicareien hort der hof auf dem Hohenthal, hat ungefehrlich in die harde saet sovil lantz, darauf man sehet 7 malder gekorns und in die somersaet auch sovil; sol ungeferlich in als 84 morgen hohes magers lantz sein...“ (Redlich, S. 198).
Der Hof wurde demnach in diesem Bericht als Hohenthal bezeichnet.
1674 wird erstmals ein Bewohner namentlich genannt: Gördt Schirpenbroich, auch genannt Gördt auff’m Hohenthall. Sein Sohn, Derich Schirpenbroch, wird als Halfmann auf dem Hohen Thal und Hauptmann der Sebastianer Bruderschaft bezeichnet. Die Familie Schirpenbroich lebte ungefähr hundert Jahre lang auf dem Hof (Düsseldorfer Trauregister, S. 376). Der Hof verfügte seinerzeit über 60-90 Morgen Land.

Seit 1803 – Familie Birschel
Im Jahre 1803 fiel das Anwesen an die Familie Birschel. Die Familie war in Gruiten ansässig. Dort, an der Vohwinkeler Straße, gibt es noch heute einen ansehnlichen Hof Birschel.
Die Birschels gehörten schon sehr früh zu den Lutheranern. Im Familienbesitz der Eigentümer des Hochdahler Hofes befindet sich immer noch eine Luther-Bibel aus dem Jahre 1670. Im November 2003 konnten die Besucher sie im Foyer der Kreissparkasse Düsseldorf in Hochdahl bewundern (Pressemitteilung der Kreissparkasse Düsseldorf vom 10.11.2003).
Die Birschels waren eng mit dem Kalksteinabbau verbunden. Um 1650, so wird berichtet, belieferte Birschel die Bauern mit Kalk aus seinem Kalkofen (Breidbach, Nr. 41).
1789 kaufte Johann Christian Birschel (1737-1809) den Hof Feldhof für seinen Sohn Heinrich. Heinrich heiratete um 1793 Maria Agnes Spiecker aus Wittenhaus bei Homberg. Das Ehepaar hatte sieben Kinder; die meisten wurden in Gruiten (lutherisch) getauft.
1803, zur Zeit der Säkularisation, konnte Heinrich Birschel den Hochdahler Hof nach schwierigen Verhandlungen zwischen dem Generalvikariat der Erzdiözese Köln und dem Kirchenvorstand in Erkrath käuflich erwerben. Er musste lediglich der Erkrather Vikarie jährlich eine Rente von 300 Reichstalern garantieren (Brors, S. 86 und Eulner, S. 8).
Das stattliche Steinhaus des Hochdahler Hofes bauten Heinrich Birschel und Maria Agnes Spiecker im Jahre 1810. Es trug im Türsturz der Eingangstür die Initialen „H B 1810 M A S“.
Das Haus mit den 70 Zentimeter dicken Bruchsteinmauern stand als Einzelhof weithin sichtbar an der Gräfrather Landstraße, dem uralten Prozessions- und Handelsweg, der das Kloster Gerresheim mit dem Kloster Gräfrath verbindet. Das Haus befand sich „Hoch über dem Tal“.

Birschels Kalkofen
Heinrich Birschel setzte die Tradition seiner Vorfahren fort: Er brannte Kalk. Sein Kalkofen stand an der Düssel am Weg zu einer weiteren Besitzung des Hofes, dem „Schloss Pirlepont“. Zwei kleine Steinbrüche deuten heute den Platz an, auf dem der Ofen gestanden haben könnte.
Den Kalk von ganz besonderer Qualität pries 1826 Karl Ludwig Birschel, Heinrich Birschels Sohn, in einem Brief nach Solingen an (Bauert-Keetman, S. 18 und Rheinische Post 1956). Selbst das Adressbuch von 1833 nennt: Birschel, Witwe, Gutsbes. u. Kalkbrennerei – Hochdahl, Gmde Erkrath (Brüning 1834/2006).
Der Hof Hochdahl gehörte also zur Gemeinde Erkrath und damit bis 1898 zur Bürgermeisterei Gerresheim. Als 1841 die Eisenbahnstrecke von Düsseldorf bis Elberfeld gebaut wurde und die berühmte Steilstrecke auf der Höhe angekommen war, erhielt die Eisenbahnstation den Namen des nächstgelegenen Hofes: „Hochdahl“.

Beginn des Industriezeitalters
1847 wurde die Eisenhütte Hochdahl gegründet. In den nächsten Jahren baute man Straßen und Häuser für die Hüttenarbeiter. Das bis dahin bäuerlich geprägte Gebiet erhielt einen anderen Stempel, die Zahl der Bewohner wuchs und die hier lebenden Menschen brauchten mehr Nahrungsmittel als zuvor. Die Bauernhöfe mussten mehr Lebensmittel produzieren.
Der Hochdahler Hof blieb weiterhin in Familienbesitz. Christian Birschel, ein weiterer Sohn Heinrichs, übernahm den Hof und heiratete Johanna Straßburg. Zwei Töchter wurden auf dem Hof geboren.

Seit etwa 1870 – Familie Spiecker
Die jüngere Tochter Auguste Birschel heiratete Carl Spiecker, doch sie starb 1878, bei der Geburt ihres zweiten Kindes. Carl Spiecker heiratete acht Jahre später Hulda Selma Wilms. Als Carl Spiecker 1915 starb, ging der Hof an die Erbengemeinschaft, zu der vier Personen gehörten. Ernst Spiecker, der 1886 geborene erste Sohn, führte von 1917 an den landwirtschaftlichen Betrieb. Im gleichen Jahr heiratete er Käthe Köttgen aus Mettmann.
Es war eine große Landwirtschaft mit Getreide- und Zuckerrübenanbau und Viehwirtschaft. Zum Hof gehörten 180 Morgen Land und 18 bis 21 Tiere. Die Arbeit wurde von der Familie und zusätzlich von Knechten, Mägden und einem Melker geleistet.
Ernst Spiecker baute quer zum Wohnhaus die große Scheune von besonderem Zuschnitt. Von der Hofseite konnten die Erntewagen durch drei große Scheunentore hineinfahren. Die Erntehelfer schichteten das Getreide in die Boxen. Wenn eine bestimmte Höhe erreicht war, fuhr derselbe Wagen von der Giebelseite her in die Scheune und beendete die Einfüllarbeit von oben. Auf der gegenüber liegenden Giebelseite konnte er hinausfahren.
Unter der Scheune befand sich der Rübenkeller. Mieten mussten nicht angelegt werden. Ernst Spiecker baute auch den großen Kuhstall. Hier standen die Kühe auf einem sogenannten „Hochstand“ mit den Hinterteilen über einer tiefer liegenden Rinne. Im Sommer wurden die Kühe um fünf Uhr morgens gemolken und anschließend auf die Weide gebracht. Das Weideland erstreckte sich bis zur Straße Erkrath-Mettmann. In der Nähe von Pirlepont gab es eine eingezäunte Quelle. Aus dem heraus fließenden Bächlein konnten die Kühe trinken. Am Abend wurden sie wieder in den Hof gebracht und gemolken. Die Milch wurde abgeholt und zum Milchhof in Mettmann gebracht.
Die Milch, das Fleisch, das Mehl, die Zuckerrüben und was die Erde sonst noch bereit hielt, dienten – besonders im Ersten Weltkrieg und in der anschließenden Hungerzeit – dem Überleben der Bevölkerung.

Im Jahre 1930 wurde in Preußen eine Gebietsreform durchgeführt. Der Hochdahler Hof gehörte nun nicht mehr zur Gemeinde Erkrath in der Bürgermeisterei Erkrath, sondern zur Gemeinde Millrath im Amt Gruiten. Die Adresse lautete nun Hochdahler Weg 50.

1933 – Käthe Spiecker muss den Hof alleine führen
1933 starb Ernst Spiecker plötzlich im Alter von nur 47 Jahren. Käthe Spiecker stand mit der Landarbeit alleine da. Sie hatte für fünf Kinder (das älteste war 16 Jahre alt), für die Erntehelfer, für Kühe und Federvieh und 180 Morgen Land zu sorgen. Im ersten Frühjahr halfen die Bauern der Nachbarhöfe bei der Einbringung der Saat. Käthe Spiecker musste schnell lernen, den großen Betrieb zu führen. Sie unterwies Ruth (die 1919 auf dem Hof geborene älteste Tochter) in den vielen unterschiedlichen Arbeiten. Ruth konnte später die Mutter vertreten, wenn diese, was selten vorkam, außer Haus oder gar krank war. Ruth Spiecker legte die Landwirtschaftliche Gehilfenprüfung ab (Zeitzeugenbericht von Ruth Perlenk).

1938 – Die Gemeinde heißt Hochdahl
1938 wurde die Zivilgemeinde Millrath umbenannt. Sie erhielt den Namen Gemeinde Hochdahl.
Der älteste Sohn der Spieckers, Carl-Ernst, wurde im zweiten Weltkrieg Soldat. Er kam nicht zurück. Er fiel 1944 in Russland. Die Fertigkeiten der beiden Frauen waren nun besonders gefordert. Sie mussten nicht nur die Ihren, sondern auch die Mitbürger versorgen.
1948 wohnten in der Gemeinde Hochdahl 4500 Menschen. Das waren fast doppelt so viele wie 50 Jahre vorher. Die Anzahl der Bauernhöfe war in dieser Zeit nur unerheblich gestiegen. Die Produktion in der Landwirtschaft war wichtiger denn je.

Im Zweiten Weltkrieg
Im Bombenkrieg blieb auch der Hochdahler Hof nicht verschont. Bombeneinschläge beschädigten die Felder. Die nahe Eisenbahnlinie war oft das Ziel von Tieffliegern. Einmal entkamen die Leute vom Hochdahler Hof nur mit knapper Not einem Angriff. Dicht über die Köpfe fegte ein Geschoss und schlug durch die Fensterscheibe ins Wohnzimmer ein.

Nachkriegszeit bis zum Abriss des Hofs 1969
In den 1950er Jahren führte Jochen Spieker, der jüngste Sohn, der Edith Sperlich geheiratet hatte, den Hof. Doch das Ende des bedeutungsvollen Bauernhofes nahte.
1958 beschloss der Bauausschuss der Gemeinde Hochdahl, zur Entlastung der Großstadt Düsseldorf eine neue Stadt auf Hochdahler Boden zu gründen. Der Nordrhein-Westfälische Landtag rief die Entwicklungsgesellschaft Hochdahl (EGH) ins Leben. Sie hatte den Auftrag, Land aufzukaufen und eine aufgabengerechte Planung aufzustellen.
Hochdahl bestand zu dieser Zeit aus 2/3 Ackerland und 1/3 Grünland. Es gab 30 landwirtschaftliche Betriebe. Die EGH erwarb insgesamt 675 Hektar Land in Hochdahl. Etwa die Hälfte davon war Bauland.
Auch zu den Betreibern des Hochdahler Hofes kamen die Mitarbeiter der EGH. Aber der Hof gehörte noch immer einer Erbengemeinschaft. Leider ließ sich die größere Zahl der Erben durch das angebotene Geld verführen und Jochen Spiecker musste 1960 die Landwirtschaft aufgeben.

Im Jahre 1969 legte die EGH den altehrwürdigen Hof Hochdahl nieder. Heute befinden sich an Stelle des Hofes an der Hochdahler Straße die Firmen Abschleppdienst GmbH Bleikart und Autoreparaturwerkstatt ASD Bleikart.

(Hanna Eggerath, Bergischer Geschichtsverein Erkrath, veröffentlicht im Journal des Kreises Mettmann Nr. 24, 2004/05, aktualisiert im Dezember 2012 für KuLaDig)

Quellen
  • Verzeichnis der Einkünfte des in der Honschaft Millrath gelegenen Hofes Schlickum (Original im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen, Abdruck in Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Band 4, Bonn 1867, S. 258-260 und in Niederbergische Beiträge, Band 1, Hilden 1951, S. 88-92).
  • Urkunde im Archiv des Erzbistums Köln (bis 1999 im Archiv der katholischen Pfarre Erkrath).
  • Rheinische Post vom 21.4.1956: „Neandertaler Kalk“.

Internet
de.wikipedia.org: Erkrath-Hochdahl (abgerufen 12.12.2012)

Literatur

Bauert-Keetman, Ingrid (1987)
Geschichte der Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke Dornap. Wuppertal.
Breidbach, Ernst (1982)
Historischer Lehrpfad Gruiten. Nr. 41, o. O.
Brors, Franz Josef (1910)
Unterbach: eine ortsgeschichtliche Plauderei, zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Bergischen Landes. Düsseldorf.
Brüning, Johannes Rütger (2006)
Offizielles Adressbuch für Rheinland-Westphalen zum Vortheil armer Kranken (auszugsweiser fotomechanischer Nachdruck der Ausgabe Elberfeld 1834). (Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertals 42.) Norderstedt.
Degenhard, Monika; Kels, Irmgard; Strahl, Alfred (1999)
Düsseldorfer Trauregister, Personengeschichtliches Nachschlagewerk (mehrere Bände). Band 3, Teil 3, S. 376, Düsseldorf.
Eulner, Lothar (1996)
Hochdahl, wie es entstand – eine geschichtliche Erzählung. o. O.
Göring, Peter; Berg, Carl vom (1897)
Mittheilungen aus den Acten-Resten der Bergischen Obergerichte. Düsseldorf.
Redlich, Otto Reinhard (1986)
Jülich-Bergische Kirchenpolitik am Ausgange des Mittelalters und in der Reformationszeit, Band 2, Teil 2: Visitationsprotokolle und Berichte Berg (1550-1591) mit urkundlichen Beilagen von 1442-1592. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, 28,2,2.) Bonn (Neuauflage der Ausgabe Bonn 1915).

Hof Hochdahl

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Hochdahler Straße 151
Ort
40699 Erkrath
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger, Archivauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1350 bis 1392

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„Hof Hochdahl”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-58195-20121212-2 (Abgerufen: 28. April 2024)
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