Geographische Lage Die Rohmühle ist auf der östlichen Rheinseite bei Bonn-Oberkassel gelegen. Das Gebäude befindet sich in direkter Rheinufernähe. Wenn man den Blick auf die gegenüberliegende Flussseite richtet, sieht man die Rheinaue und den Posttower, wenn man flussaufwärts Richtung Süden schaut, erblickt man das Siebengebirge. Aber nicht nur der Ausblick macht diesen Standort so attraktiv, sondern auch die Verkehrsanbindung. Im Norden grenzt die A 562 an das Gelände, welche dieses zum einen mit der Autobahn und zum anderen über die Konrad-Adenauer-Brücke direkt mit der Stadt Bonn verbindet. Darüber hinaus ist der Standort an den öffentlichen Personen-Nahverkehr angeschlossen und hiermit Bonn in kürzester Zeit zu erreichen.
Historie Die Rohmühle war ursprünglich Teil einer Zementfabrik. Hermann Bleibtreu (1821-1881), der Begründer der deutschen Zementindustrie, errichtete diese in seiner Heimat in den Jahren von 1856-1858. Damit ist die Fabrik eine der ältesten Portland-Zement-Fabriken in Deutschland und Europa. Hier wurde der Zement nach einem neuen technischen Verfahren, welches Bleibtreu selbst entwickelt hatte, hergestellt. Der Baustoff war in der ersten Zeit der Industrialisierung für Deutschland ein wichtiger Rohstoff. In den über 130 Jahren der Unternehmensgeschichte wurde das Werk nach und nach erweitert und damit auch das Fabrikgelände um die Rohmühle stückweise größer und größer. Bis nach 131 Jahren (1987), der derzeitige Besitzer, die Dyckerhoff AG, beschloss, die Produktion an diesem Standort einzustellen. Mit diesem Beschluss begann der Abriss der meisten Fabrikgebäude, nur die Rohmühle, die Fabrikantenvilla und der Wasserturm blieben als Baudenkmäler erhalten.
Neubebauung und Sanierung Für die Stadt Bonn ergab sich hierdurch die Chance, den attraktiven Standort in die Raumplanung einzubeziehen. Im Jahr 1994 erwarb die Stadt mit Konversionsmitteln das Gelände, auf dem sich auch die Rohmühle befand. Anfangs wurde der Standort noch in die Hauptstadtplanung mit eingeschlossen. Nachdem der Regierungswechsel von Bonn nach Berlin beschlossen war, wies die Stadt den Standort als Sonderentwicklungsgebiet für innovative Industrien aus, um sicherzustellen, dass das Gelände seinem Attraktivitätsgrad entsprechend genutzt wird.
Im Jahr 2001 fand die Stadt in dem Unternehmen GWI (Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und Informatik) den in ihren Augen richtigen Partner. Das Unternehmen, welches innovative Informationssysteme für den klinischen Bereich entwickelt, kaufte den Teil des Grundstücks, auf dem sich die Rohmühle und die beiden anderen unter Denkmalschutz stehenden Gebäude befanden. Im Jahr 2002 wurde ein anonymer Architektenwettbewerb ausgeschrieben, in welchem sich einstimmig Karl-Heinz Schommer mit seinem Entwurf durchsetzte. Ein Merkmal in seiner „städtebaulichen Leitidee“ lag in der markanten Gestalt und der Lage der vorhandenen alten Gebäude Rohmühle, Fabrikantenvilla und Wasserturm. Das Bebauungskonzept sah vor, einen spannungsvollen Dialog zwischen vorhandener Bausubstanz und neuer Architektur an dieser Stelle zu entfachen. Um diese städtebauliche Leitidee zu verwirklichen, wurden die alten Gebäude durch zeitgenössische Architektur erweitert und sollten, da sie für die Geschichte des Ortes repräsentativ sind, als Wahrzeichen hervorgehoben werden. Daher liegen Rohmühle und Fabrikantenvilla allen anderen Gebäuden vorgelagert an der Rheinpromenade. Die Neubebauung des Geländes begann im Jahr 2003. Im Jahr darauf wurde mit der Sanierung der Rohmühle begonnen und bereits 2005 konnte der Gastronomiebetrieb, welcher sich im Erdgeschoss befindet, den Betrieb aufnehmen. Das Restaurant nimmt ca. 500 der insgesamt 3.000 Quadratmeter ein. Bereits zwei Jahre nach Baubeginn, im Jahr 2006, war das Gebäude fertig saniert. Die restlichen 2.500 Quadratmeter wurden zu Büroräumen umfunktioniert und bilden mit drei weiteren Gebäuden den Bürokomplex „Rheinwerk“. Sie werden von der gleichnamigen Firma verwaltet und vermietet. Die Büroflächen in der Rohmühle wurden an den Softwareentwickler Scopevisio vermietet. Bei der Restaurierung der Rohmühle wurde nicht versucht, das Alte nachzuahmen, sondern Alt und Neu miteinander zu verbinden. Am Auffälligsten dürfte dabei der gläserne, L-förmige Anbau sein. Dieser erweitert das Gebäude an der südlichen Seite und erhöht es um ein weiteres Stockwerk. Um diesem gläsernen Anbau ein Gegengewicht zu verleihen, wurde der zwischenzeitlich zerstörte Anbau, welcher rheinabwärts liegt, wieder in die Höhe gezogen. Dabei wurde er nicht detailgetreu rekonstruiert, sondern auch hierbei wurde versucht, Alt und Neu miteinander zu verbinden und so kann man eher von einer Neuinterpretation des alten Anbaus sprechen. Ebenso verhält es sich bei der Fassade der 12,60 Meter tiefen und 41,50 Meter breiten Rohmühle, da mit der Nutzungsänderung des Gebäudes auch andere Ansprüche an dieses zu stellen waren. Der ursprüngliche Zweck der Mühle bestand in der Zerkleinerung von Kalk und Gestein für die Zementproduktion. Diese Nutzung erforderte keine großzügige Beleuchtung, im Gegensatz zur heutigen Nutzung durch Gastronomie und Büros. Ähnlich wie in den anderen Bereichen der Restauration wurde auch hierbei darauf verzichtet, die alten Fenster nachzuahmen. Daher findet man nun neben den alten Rundbogenfenstern, schmale rechteckige Fenster, welche nicht linear angeordnet sind.
Fazit Das Gelände um die Rohmühle hat sich seit seiner erst Bebauung im Jahr 1856 starken Veränderungen unterzogen und unterscheidet sich heute in Erscheinungsbild und Nutzungsform vollkommen von dem Betrieb, welcher hier in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand. Dem Architekten Karl-Heinz Schommer ist es gelungen, die ursprüngliche Form der Rohmühle bei der Restaurierung zu erhalten und sie dennoch in einen modernen architektonischen Kontext zu setzen. Die Rohmühle schlägt eine Brücke zwischen Alt und Neu und steht wie kein anderes Gebäude als Wahrzeichen für die Geschichte dieses Ortes.
(Christoph Reimers, Geographisches Institut der Universität Bonn, 2013)
Internet www.bonnvisio.com: BonnVisio Real Estate GmbH & Co. KG (abgerufen 22.03.2013, Inhalt nicht mehr verfügbar 28.09.2016) de.wikipedia.org: Bonner Bogen (abgerufen 02.11.2021)
Literatur
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