Eine feste Bezugsgröße im Leben der Ahrweiler Bevölkerung stellt das Kloster Calvarienberg dar. Nach seiner Rückkehr von einer Pilgerfahrt 1440 fiel einem Kreuzritter eine angebliche landschaftliche Ähnlichkeit von Ahrweiler mit Jerusalem auf. In der Ahr sah der Pilger den Bach Cedron, und der südlich gelegene Hügel schien dem Kalvarienberg in der Heiligen Stadt zu ähneln. Auch verschiedene Entfernungsangaben stimmten überein. So sollte der Abstand zwischen der Ahrweiler Ortsmitte zur Bergkuppe mit der Entfernung zwischen dem Prätorium des Pilatus in Jerusalem und dem Berg Golgota identisch sein. Diese „Entdeckungen“ wurden bekannt gemacht, so dass man den Hügel von da an Calvarienberg nannte. Dies sah der Rat der Stadt sozusagen als Fingerzeig und versetzte den Ahrweiler Galgen, der bis dahin dort gestanden hatte, schnell auf den benachbarten Ellig-Berg. Der Hügel wurde dem gekreuzigten Heiland und seiner Mutter Maria geweiht. In den folgenden Jahren entstand auf dem nunmehr als Calvarienberg bezeichneten Kopf ein Kapellchen, dass 1505 geweiht wurde und sich rasch zum viel besuchten Pilgerziel entwickelte.
Das Franziskanerkloster 1629/30 durften sich auf dem Calvarienberg Franziskaner aus Brühl ansiedeln und am 31. Januar 1664 erfolgte die Grundsteinlegung zum Bau einer Kirche zu Ehren des Heiligen Kreuzes, die am 1. September 1678 geweiht wurde. Im Rahmen dieses Kirchenbaus wurde am 21. April 1671 die alte Kapelle abgerissen. Im 17. und 18. Jahrhundert war das Kloster Calvarienberg Ziel zahlreicher Prozessionen. Die Anzahl der Prozessionen belief sich von 1714 bis 1718 auf 105. Auf dem Kalvarienberg wurden auch religiöse Schauspiele (Mysterienspiele) aufgeführt. Im gleichen Zeitraum wurden 150.000 Beichten abgenommen und 150.000 mal die Kommunion gereicht.
Nach der Säkularisation 1803, im Zuge der Säkularisation, mussten die Franziskaner Kloster und Kirche aufgeben und diese wurden französisches Nationaleigentum. Als der Grundbesitz am 30. Januar 1806 versteigert wurde, erwarb ihn der aus Walporzheim stammende Vikar Jakob Giesen für 5925 Franken und verlegte seine Knabenschule von Walporzheim in die Klostergebäude. Nach seinem Tod kaufte die „Berggesellschaft“, eine Vereinigung von Ahrweiler Bürgern, den Erben das Kalvarienberg-Gut ab. So konnte die Schule bis 1828 weitergeführt werden. Nach ihrer Auflösung aus Mangel an Schülern standen die Gebäude leer und drohten zu verfallen.
Der Ursulinenkonvent in Monschau, der wegen der ungesunden Lage des Klosters einen anderen Ort der Niederlassung suchte, erfuhr von dem leerstehenden Franziskanerkloster in Ahrweiler. Nach langwierigen Verhandlungen und vielen Schwierigkeiten konnte der Konvent am 28. August 1838 unter der Leitung von Mutter Teresia Schäfer nach Ahrweiler übersiedeln. Die Ursulinen verpflichteten sich beim Kauf, für den Gottesdienst in der Klosterkirche zu sorgen und wiederum eine Unterrichtsanstalt einzurichten. Zur Wiederherstellung bzw. Renovierung der Gebäude bewilligte der Rat der Stadt eine Beihilfe von 1500 Talern. Die Ursulinen gründeten zunächst eine Elementar- und höhere Schule mit Pensionat für Mädchen. 1897 mussten die alten Gebäude einem Neubau weichen. Von Kalvarienberg aus wurden neue Filialen gegründet, u. a. 1848 Aachen, 1853 Trier, 1895 Saarbrücken, 1896 Krefeld, 1902 Koblenz. Diese Klöster blieben mit dem Mutterhaus Kalvarienberg als Kongregation verbunden.
Im Zuge des Kulturkampfes wurden die Bedingungen auch für den Kalvarienberg und die Gemeinschaft der Ursulinen schlechter. Doch persönliche Beziehungen zur Kaiserin Augusta (im Revolutionsjahr 1848 hatten sie und ihre Kinder Zuflucht auf dem Kalvarienberg gesucht) sowie das geschickte Auslegen von Gesetzeslücken ließen einen eingeschränkten Schulbetrieb unter weltlicher Leitung weiterhin zu. Ein Teil der Gemeinschaft musste das Kloster allerdings verlassen und wich nach Séroule in Belgien aus. Mit Beendigung des Kulturkampfes kehrte auch auf dem Kalvarienberg die Normalität zurück. In den folgenden Jahrzehnten bemühte sich der Orden die Reformen in der Mädchenbildung umzusetzen. 1909 wurde die Internatsschule als Lyzeum anerkannt und bis 1928 zum Oberlyzeum erweitert (dieser Abschluss berechtigte zum Besuch der Universität). 1928 besuchten bereits 395 Schülerinnen den Kalvarienberg. Aufgrund dieser hohen Schülerzahl wurden neue Räumlichkeiten wurden errichtet.
Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1934 wurde vieles anders. Als „Brutstätte katholischen Lebens“ wurde die Schule am 18. März 1940 geschlossen, sie wurde allerdings am 3. April 1940 als Kreisoberschule für Mädchen unter dem neuen Namen „Ahrberg-Schule“ wieder eröffnet. Im Zuge des Krieges zog auch ein Lazarett auf dem Kalvarienberg ein. 1944 musste der Unterricht vorläufig eingestellt werden. Aber bereits am 1. Oktober 1945 nahm das Oberlyzeum des Kalvarienbergs seinen Unterricht mit 340 Schülerinnen wieder auf. 1954 entschloss man sich für die Einrichtung einer Realschule, die 1968 einen eigenen Gebäudekomplex und eine eigene Leitung erhielt. Bis heute existieren auf dem „Berg“, wie er in der Ahrweiler Bevölkerung genannt wird, eine Realschule als reine Mädchenschule und ein mittlerweile gemischtes Gymnasium sowie ein kleines Internat, das am Ende des Schuljahres 2015/2016 geschlossen wird.
Kulturdenkmal Das Objekt „Ursulinenkloster, ehem. Franziskanerrekollektenkloster, ursprünglich barocke Klosteranlage (ab 1629), Kalvarienbergstraße 50“ ist ein eingetragenes Kulturdenkmal (Denkmalverzeichnis für den Kreis Ahrweiler 2018, S. 12).
(Jan Hansen und Vanessa Bindarra, Universität Koblenz-Landau, 2014 und 2018)
Internet de.wikipedia.org: Kloster Kalvarienberg (abgerufen 26.11.2014) www.ursulinen-calvarienberg.de: Ursulinen Calvarienberg (abgerufen 23.10.2017) www.klosterlexikon-rlp.de: Klöster und Stifte in Rheinland-Pfalz, Bad Neuenahr-Ahrweiler, Ursulinenkloster (abgerufen 31.08.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 23.10.2017)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Ahrweiler. Denkmalverzeichnis Kreis Ahrweiler, 12. Juni 2023. S. 12, Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Ahrweiler, abgerufen am 15.06.2023
Klein, Hans-Georg (2006)
Neue Aspekte zur Stadtbefestigung Ahrweilers. In: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2007, S. 126-131. Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Klein, Hans-Georg (1994)
Die Chronik des Franziskanerklosters Calvarienberg bei Ahrweiler 1440-1747. Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Schaffer, Wolfgang (2008)
Ordensentwicklung seit dem 19. Jahrhundert. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.5.) S. 116, Bonn.
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