Anlage (Beschreibung, Datierung): Motte 12. Jahrhundert (historisch), später Wasserburg. Bausubstanz: Die Burg Hülchrath über einer Motte mit steinernem Rundturm errichtet, von der Anlage um 1270 polygonale Ringmauer aus Säulenbasalt und Tuff mit Wehrgang über Bögen, runde Halbtürme, Reste des Palas, Vorburg. Ausbau in Backstein nach 1314. Historische Überlieferung: 1120 als castellum erwähnt, aus dem Sayn’schen Erbe an Heinrich von Sponheim-Heinsberg, 1251 wurde eine Verpfändung des castrum Holkerode Heinrichs von Heinsberg an den Grafen von Jülich rückgängig gemacht (REK 3, Nr. 1641; NRUB 2, Nr. 376); 1255 durch Heirat an eine Seitenlinie des Klever Grafenhauses, Dietrich Luf II. von Kleve als Graf von Hülchrath, 1314 bis 1323 Erwerb durch das Kölner Erzstift (NRUB 3, Nr. 123 u. 134; REK Nr. 736, 765–766, 830–831) und Amtssitz (Friedrich/Päffgen 2007, S. 68).
Die Burg Hülchrath hatte ursprünglich einen rundlichen Grundriss auf einem künstlich aufgeschütteten Mottenhügel: „Um 900 erfolgte die Gründung von Schloss Hülchrath (eigentlich Burg Hülchrath) in der Niederung von Erft und Gillbach als palisadenumwehrte Flachsiedlung mit Holzhäusern, der um 1000 n. Chr. eine Turmburg, sog. Motte — französisch la motte = der Hügel, mit einem hölzernen Wach- und Zufluchtsturm hinzugefügt wurde.“ (www.schloss-huelchrath.de)
1206 wurde die Niederungsburg erstmals zerstört. Als die Burg Hülchrath Anfang des 14. Jahrhunderts an das Kölner Erzstift überging, trug man den alten Mottenturm endgültig ab und es entstand im Südteil ein dreigliedriger Hauptpalas mit einem Unterbau aus Basalt und Tuff und einem Oberbau aus Backstein. Im Nordosten des Geländes wurde der heute noch markante und sichtbare fünfeckige Turm errichtet. Eine schwere Zerstörung erfuhr das Schloss dann 1688. Nachdem 1687 oldenburgische Truppen Hülchrath erobert hatten, wurden sämtliche Festungswerke in Stadt und Schloss geschliffen, wozu man die Einwohner des Amtes Hülchrath verpflichtete (Wiltsch 2006, S. 103). Danach wurde das Schloss nicht mehr aufgebaut, nur die Vorburg mit dem Wirtschaftstrakt und das Gefängnis im Hochschloss blieben erhalten. Traurige Berühmtheit erlangte das Gefängnis vor allem durch die Hexenprozesse, die noch heute in der mündlichen Überlieferung sehr präsent sind. Die derzeit älteste Nachricht stammt aus dem Jahre 1590. Fünf Jahre später erfolgten weitere Hinrichtungen von Frauen. Eine zweite Welle der Hexenverfolgung ist aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges bekannt. Die öffentlichen Hinrichtungen fanden an den Specker Stöcken auf der Specker Heide statt, die Asche der Opfer wurde vermutlich in den Gillbach geworfen (Wiltsch 2006, S. 104).
Jüngere Geschichte Nach der Entfestigung infolge des französisch-niederländischen Kriegs verfiel die Burg wegen mangelnder Unterhaltung bis 1794 zusehends. „Nach mehrmaligen Besitzerwechsel erwarb 1907 der Graf Emo v. Bennigsen die Burganlage und ließ im Innenhof der Hochburg einen großzügigen Gebäudekomplex errichten und Teile der ruinösen Bauteile wieder aufbauen. Seit dieser Zeit hat sich der Name Schloss Hülchrath eingebürgert.“ (www.schloss-huelchrath.de)
Nach weiteren Besitzerwechseln gelangte die Anlage 1930 an die Landesbauernschaft Rheinland und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten an die NS-Agrarorganisation des „Reichsnährstandes“ (RNST). Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs residierten in der Burg verschiedene NS-Organisationen. Zuletzt wurden in dem seinerzeit als „NS-Ordensburg“ geltenden Schloss noch zu Jahresbeginn 1945 „Werwölfe“ ausgebildet – diese sollten nach der militärischen Niederlage und der Besetzung des Deutschen Reiches durch die Alliierten als Untergrundbewegung Sabotageaktionen durchführen. Ein Kommando des „Werwolf“ ermordete dann tatsächlich in einer gezielten Aktion am 25. März 1945 den am 31. Oktober 1944 von der US-Militärregierung als Oberbürgermeister von Aachen eingesetzten Franz Oppenhoff (1902-1945). „Nach dem Krieg wurde das Schloss 1948 als Notunterkunft für zahlreiche Ostflüchtlinge umgebaut. Der Vater des jetzigen Eigentümers ... erwarb die Burg 1957 vom Verwalters des Vermögens des Reichsnährstands und sie befindet sich bis heute im Eigentum des Familie.“ (www.schloss-huelchrath.de)
Drehort des WDR-„Tatort“ Münster mit „Thiel & Boerne“ Schloss Hülchrath diente als Hauptkulisse im am 13. Dezember 2020 erstmals ausgestrahlten WDR-Tatort „Es lebe der König!“. Das Ermittlerduo Thiel und Boerne ermittelt in dem Kriminalfilm die Todesumstände einer Leiche, die in Ritterrüstung im Burggraben des fiktiven Wasserschlosses „Haus Lüdecke“ entdeckt wird.
Mittelalterliche Burganlagen in Kölner Bucht und Nordeifel bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IV.11.) Bonn.
Lehmann, Alexandra (Bearb.) (2008)
Voruntersuchung zur Darstellung der Kulturlandschaftsentwicklung in der unteren Erftaue und dem Dycker Ländchen im Rhein-Kreis Neuss (Manuskript). Köln.
Wiltsch, Christian (2006)
Neukirchen-Hülchrath. (Beiträge zur Geschichte der Stadt Grevenbroich 18.) Grevenbroich.
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