Die Brikettfabrik Grube Carl befindet sich auf dem Villerücken zwischen Frechen und Frechen-Grefrath.
Geschichte: Die Grube und Fabrik Carl wurden 1905 von Heinrich Daelen mit dem Unternehmensnamen „Bellerhammer“ gegründet. Dieser hatte 1904 die von Carl Sutor (Obersteiger der Frechner Klüttenkaulen) und Heinrich Eduard Sticker (Tonwarenfabrikant) 1869 gegründete Gewerkschaft „Vereinigte Carl“ gekauft. Diese Gewerkschaft umfasste die Grubenfelder Carl und Wilhelm zwischen Frechen und Horrem sowie das 1871 hinzugekommene Grubenfeld „Wachtberg“. Der Name „Bellerhammer“ rührte von einer weiteren Gewerkschaft bei Elberfeld, die dem Unternehmensgründer Heinrich Daelen bereits gehörte (Buschmann 1997, S. 174f).
Zwischen 1905 und 1907 errichtete die Firma Döring und Lehrmann aus Helmstedt nach Plänen der Maschinenfabrik Buckau AG aus Magdeburg die Brikettfabrik. Ebenso erschloss die Firma Döring und Lehrmann ab 1905 den Tagebau auf dem Kohlenfeld Carl westlich des Fabrikgebäudes, wobei die beiden Außenkippen östlich und nordwestlich der Fabrik entstanden. Ab 1906 konnte hier Kohle gefördert werden. Dies geschah zunächst im Tagebau, ab 1909 auch im Tiefbau (Buschmann et al. 2008, S. 442). Mit der Brikettfabrikation konnte ab 1907 begonnen werden, wobei die Jahresproduktion bei 103.240 Tonnen Briketts (1908) lag (Buschmann et al. 2008, S. 443). Wegen wirtschaftlicher Probleme wurden die Grube und die Brikettfabrik Carl an die RAG (Rheinische AG für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation) verpachtet. Zur Produktionssteigerung belieferte nun auch die benachbarte Grube Grefrath die Brikettfabrik mit Rohkohle über eine Kettenbahn durch einen 1.250 Meter langen Stollen. Auf dieser Grundlage und durch bauliche sowie technische Erweiterungsmaßnahmen der Brikettfabrik in den Jahren 1913, 1916 sowie 1918/1919 (Architekten Wilhelm Hospelt sowie Wilhelm Paustenbach) sollte die Produktionsleistung verdoppelt werden (Buschmann et al. 2008, S. 443). So wurden im Jahr 1918 213.422 Tonnen Briketts produziert.
1928 und 1930 zur Fabrik II nochmals erweitert und ausgebaut, wurde ab 1930 der Rohkohlebedarf der Brikettfabrik Carl auch aus der Grube Sibylla gedeckt. Die Erweiterung der 1930er Jahre war durch die Umstellung der Kohlenförderung auf Großraumwagen im Rheinischen Revier notwendig geworden, wodurch auch alle anderen Frechener Fabriken (Clarenberg, Sibylla und Grefrath) für die Belieferung mit Rohkohle umgebaut werden mussten (Architekt Wilhelm Paustenbach) (Buschmann et al. 2008, S. 444f). „ Die sogenannte Fabrik II war im Dezember 1930 fertiggestellt. Fabrik Carl galt nun als modernste Brikettfabrik der Frechener Werke und hatte den Ruf, eine der schönsten Brikettfabriken des Reviers zu sein, die gern und viel besichtigt wurde“ (Buschmann 1997, S. 177). Die Jahresproduktion lag 1932 bei 327.825 Tonnen. 1938 wurde die Gewerkschaft Bellerhammer aufgelöst und die Fabrik Carl ging in das Eigentum der RAG über (Buschmann et al. 2008, S. 445). Im Zweiten Weltkrieg von Beschädigungen weitestgehend verschont, konnte die Brikettfabrikation bis 1945 wieder aufgenommen werden (Buschmann 1997, S. 177).
Das Ende der Brikettfabrik Carl wurde 1996 mit dem Rückgang der Brikettfabrikation zugunsten der Stromerzeugung gesetzt. Zuletzt wurde hier eine Tagesleistung von 2.300 Tonnen Brikett im Vergleich zu 300 Tonnen im Anfangsjahr erreicht (Buschmann et al. 2008, S. 445)
Heutiger Zustand Zwar wurde die Brikettfabrik Carl „wegen ihrer Bedeutung für die Geschichte des Braunkohlenbergbaus und der aussagekräftigen, z.T. qualitätvollen Architektur“ (Buschmann 1997, S. 177) als denkmalwert eingestuft, jedoch hatte die Stadt Frechen hier einen neuen Stadtteil „Grube Carl“ geplant. Für die Realisierung dieses Neubaugebietes mussten einige zur Brikettfabrik gehörenden Gebäude weichen und auch die technikgeschichtlich hoch bedeutende Maschinenausstattung wurde entfernt. Die übrig gebliebenen Gebäude wurden in Wohnungen, Büros und Gewerbebetriebe umgebaut.
Heute wird das Siedlungsgebiet dominiert von dem überwiegend sechsgeschossigen, langgestreckten und in Backstein- und Stahlfachwerkarchitektur errichteten Pressen- und Trockenhaus, dessen Ost-West-ausgerichteter achtachsiger Mitteltrakt aus den Gründungsjahren 1905-1907 stammt (Architekt: Maschinenfabrik Buckau/Magdeburg; Erweiterungen 1913/1928/1930/1963 Wilhelm Hospelt/Köln sowie Wilhelm Paustenbach/Rheinbraun) (Buschmann 1997, S. 177). Rechtwinklig nach Süden darauf ausgerichtet und überwiegend aus Backstein bestehend sind die Werkstatt (1905-07/1918), das Kühlhaus I (1905-07/1913/1920/1932), das Niederdruckkesselhaus (1905-07/1913) und die Elektrische Zentrale (1930; Architekt Wilhelm Paustenbach). Der Nassdienst (1930; Architekt Wilhelm Paustenbach), ein viergeschossiger Backsteinbau, steht solitär im Westen der Anlage und ist über eine Schrägbandbrücke mit dem Pressen- und Trockenhaus verbunden (Buschmann et al. 2008, S. 448f). Die einst so wichtige Eisenbahnanbindung an die Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn, „im weiten Bogen erst nach Norden führend, um dann in die zu den Quarzwerken führende Trasse zu münden, ist durch das nördlich anschließende Wohngebiet gekappt“ (www.rheinische-industriekultur.de), jedoch im Kartenbild noch erkennbar. Dagegen topographisch noch gut nachvollziehbar ist das Abbaugebiet der Grube Carl westlich der Fabrik, welches heute bewaldet ist und in dem sich ein Restsee als gesetzlich geschütztes Biotop (GB-5007-0032; Schutzwürdige Biotope NRW) befindet.
Die östlich der Brikettfabrik zwischen 1905 und 1906 aufgeschüttete Außenhalde ist heute stark bewaldet. Im Zweiten Weltkrieg wurde hier ein Bunker angelegt, dessen Eingang noch vorhanden ist. In direktem räumlichen und funktionalen Zusammenhang zur Brikettfabrik Carl stehen zwei Arbeitersiedlungen (Siedlung Rosenhügel, Siedlung Grube Carl).
Kulturlandschaftliche Bedeutung Die Brikettfabrik Carl repräsentiert baulich die zur Jahrhundertwende errichteten Brikettfabriken in Deutschland; auch die baulichen Erweiterungen in den Folgejahren sind Zeugnisse ihrer Zeitstellung, insbesondere repräsentieren sie den „Rheinischen Expressionismus“, der im damaligen Industriebau Verwendung fand (Buschmann et al. 2008, S. 455f). Da andere Fabriken dieser Zeitstellung kaum noch vorhanden sind, hat die Brikettfabrik Carl laut Buschmann (1997, S. 179) „(...) revierweite Bedeutung als Zeugnis für die zweite Industrialisierungsphase des rheinischen Braunkohlenreviers“ ab 1890. Auch die Bedeutung der Brikettfabrik Carl für die Stadt Frechen, für das Rheinische Braunkohlenrevier, für die Braunkohlenindustrie im allgemeinen und für die Architekturgeschichte des Rheinlandes im besonderen führt Buschmann auf (1997, S. 172). Leider wurde bei der Entkernung des Fabrikgebäudes auch die technikgeschichtlich hoch bedeutende und einzigartige Ausstattung des Maschinenraums entfernt. Im näheren Umfeld der Fabrikgebäude sind mit dem ehemaligen Abbaugebiet der Grube Carl, zwei Siedlungen sowie den beiden Außenkippen und der benachbarten Trasse der Nord-Süd-Kohlenbahn Landschaftselemente erhalten, die trotz der baulich starken Überprägung durch das Neubaugebiet und trotz des Abrisses als denkmalwürdig eingestufter Fabrikbauten nach wie vor funktionale Zusammenhänge veranschaulichen können.
Gebäudeteile der Brikettfabrik „Grube Carl“ mit Bandbrücken Trocken- und Pressenhaus, Nassdienst, Elektrozentrale sind eingetragene Baudenkmale der Stadt Frechen, lfd. Nr. A 152, sowie Niederdruckkesselhaus, Werkstatt, Kühlhaus I laufende Nr. A 154 (de.wikipedia.org, Liste der Baudenkmäler in Frechen).
Die Brikettfabrik Carl in Frechen. Ein Denkmal der rheinischen Braunkohlenindustrie. In: Rheinische Heimatpflege, 34, Heft 3, S. 172-181. Köln.
Buschmann, Walter; Gilson, Norbert; Rinn, Barbara / Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit dem Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) (2008)
Braunkohlenbergbau im Rheinland. (Die Bau- und Kunstdenkmäler von Nordrhein-Westfalen 1, Rheinland.) Worms.
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