Israelitische Krankenanstalt in Bendorf-Sayn

Asyl für Nerven- und Gemütskranke, Jacoby’sche Heil- und Pflegeanstalt

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Bendorf
Kreis(e): Mayen-Koblenz
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 26′ 4,2″ N: 7° 34′ 17,22″ O 50,4345°N: 7,57145°O
Koordinate UTM 32.398.547,55 m: 5.587.917,34 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.398.582,05 m: 5.589.712,75 m
  • Jacoby'sche Anstalt  in Bendorf-Sayn (2015)

    Jacoby'sche Anstalt in Bendorf-Sayn (2015)

    Copyright-Hinweis:
    Bagic, Milena
    Fotograf/Urheber:
    Milena Bagic
    Medientyp:
    Bild
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  • Jacoby'sche Anstalt  in Bendorf-Sayn (2015)

    Jacoby'sche Anstalt in Bendorf-Sayn (2015)

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Meier Jacoby gründete im Jahr 1869 in Sayn das „Asyl für Geisteskranke israelitischer Religion“. Die Juden, die streng nach ihrem Glauben lebten, wurden verspottet und gehänselt. Dieser Umgang mit Nerven- und Gemüthskranken war nicht von Vorteil. Aus dem Grund beschloss Jacoby, ein Haus zu bauen, in dem der jüdische Glaube während des Heilungsprozesses berücksichtigt wird.

Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) übernahm im Jahr 1840 die Regierung. Für ihn hatten die Juden keinen Platz in der Gesellschaft. Sie sollten als ein eigenes Volk angesehen werden. Erst mit der Revolution 1848 erlangten die Juden ihre Grundrechte. Trotz dieser Neuregelung blieb die politische und rechtliche Gleichheit nicht gewährt. Viele Juden wurden von Staatsämtern ausgeschlossen und arbeiteten im Handwerk und Handelsgewerbe.
Mit der Zeit wuchs die Heilanstalt, sodass diese im 19. und 20. Jahrhundert die größte jüdische psychiatrische Heilanstalt in Deutschland war. Das Hauptgebäude, der Wintergarten sowie die Kurvilla sind heute noch erhalten und zeichnen sich durch den Stil der Neorenaissance aus.

Jakob van Hoddis war einer der bekannten Patienten. Bekannt wurde er durch sein Gedicht „Weltende“ und galt als Vertreter des Expressionismus. Eine weitere berühmte Person war die Patientin Johanna Sara Hellmann, die ihre Forschungen Heinrich von Kleist widmete. Die Heilanstalt wurde in der Familie im Laufe der Jahre weitervererbt, sodass sie kurz vor dem Nationalsozialismus unter der Leitung der Brüder Friedrich und Paul Israel Jacoby stand. Diese emigrierten nach Amerika und die Heilanstalt wurde im Jahr 1940 umbenannt in die „Heil- und Pflegeanstalt Sayn der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“. Die damals nicht jüdischen Mitarbeiter wurden auf Forderung der Nationalsozialisten entlassen und gegen jüdische Mitarbeiten ausgetauscht. Des Weiteren durften Juden in keine anderen Heilanstalten, in denen sie gemeinsam mit deutschblütigen Kranken in Kontakt kommen könnten, untergebracht werden.

Ab dem Jahr 1942 wurden die Juden in die Vernichtungslager abtransportiert, vom März bis zum November 1942 waren es insgesamt 573 Patienten und Mitarbeiter. Im November wurde die Anstalt geschlossen. Die Jacoby´sche Anstalt wurde daraufhin in ein Hilfskrankenhaus umgewandelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen die Franzosen den Gebäudekomplex. Im Jahr 1949 ist das Gebäude an den Katholischen Männerverein Koblenz verkauft worden, um dort eine Schule und ein Internat zu errichten. 1997 wurde es aufgrund finanzieller Schwierigkeiten verkauft. Eine angemessene Nutzung erhielten die Gebäude, als im Jahr 1999 die Gruppe Heinrich-Haus Neuwied den Gebäudekomplex übernahm. Sie betreuen dort Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung. Dort sind heute die Christiane-Herzog-Schule mit Internat, zwei Dienstleistungszentren, eine Förderstätte für Jugendliche, die noch nicht berufsreif sind, sowie das betreute Wohnen vorzufinden.

Seit dem Jahr 2002 steht rechts im Eingangsbereich ein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Der israelische Künstler Beni Cohen Or war für den Entwurf zuständig.

Kulturdenkmal
Die Jacoby'sche Anstalt ist ein Kulturdenkmal und unter „Koblenz-Olper-Straße 39“ im Denkmalverzeichnis des Kreises Mayen-Koblenz eingetragen.

(Milena Bagic, Universität Koblenz-Landau, 2015)

Internet
www.alemannia-judaica.de: Jacoby'sche Anstalten in Sayn (abgerufen 27.03.2015)

Literatur

Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2023)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Mayen-Koblenz. Denkmalverzeichnis Kreis Mayen-Koblenz, 21. März 2023. S. 21, Mainz.
Tavernier, Ludwig / Arbeitsgruppe Kulturpark Sayn (Hrsg.) (2011)
Kulturlandschaft Sayn. Regensburg.

Israelitische Krankenanstalt in Bendorf-Sayn

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Koblenz-Olper-Straße 39
Ort
56170 Bendorf - Sayn
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Geschütztes Kulturdenkmal gem. § 8 DSchG Rheinland-Pfalz
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1869

Empfohlene Zitierweise

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Empfohlene Zitierweise
„Israelitische Krankenanstalt in Bendorf-Sayn”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-119138-20150324-2 (Abgerufen: 7. Dezember 2024)
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