Geschichtlicher Hintergrund
Einige Grabsteine des Alten Jüdischen Friedhofs in Mainz aus der Zeit zwischen 11. und 15. Jahrhundert haben sich erhalten, allerdings wurden sie während der vielen Pogrome und Vertreibungen verschleppt und zum größten Teil erst im 19. Jahrhundert wieder aufgefunden.
Die mittelalterlichen jüdischen Grabsteine stammen aus der Zeit zwischen 1049 und 1421 und wurden zwischen 1825 und 1922 (teilweise auch bis 1958) aus verschiedenen Gründen und bei diversen Arbeiten in Mainz entdeckt. Die Befestigungsanlagen in der Nähe des Judensandes wurden beseitigt, ferner fanden Abbrucharbeiten in der Altstadt statt, des Weiteren sind mittelalterliche Grabsteine ebenfalls bei Erdarbeiten auf dem Friedhof wieder aufgefunden worden.
Die Entstehung des Denkmalfriedhofs
Die jüdische Gemeinde in Mainz erwarb 1864 ein Erweiterungsgrundstück auf dem oberen Teil des Alten Jüdischen Friedhofs „Judensand“, welcher jedoch im Jahre 1880 geschlossen wurde. Das Erweiterungsgrundstück wurde nicht mehr belegt. Der Mainzer Rabbiner Dr. Sali Levi setzte sich dafür ein, dass dieses Erweiterungsgrundstück 1926 als Denkmalfriedhof angelegt wurde. Er betreute die Arbeiten, bei denen die rund 196 aus dem Mittelalter stammenden, wieder aufgefundenen Grabsteine neu aufgestellt wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die bis dahin gefundenen Grabsteine im Altertumsmuseum gesammelt. Durch das Anlegen des Denkmalfriedhofs konnten die mittelalterlichen Grabsteine wieder auf traditionsreichem Boden aufgestellt werden.
Ausrichtung der Grabsteine
Da es sich bei dem „Denkmalfriedhof“ nicht um den Originalstandort der mittelalterlichen jüdischen Grabsteine handelt, wurde dies durch das Aufstellen in verschiedene Richtungen sowie das Verstreuen der Steine auf dem Gelände verdeutlicht.
Datierung der Grabsteine
Der Denkmalfriedhof enthält rund 196 Grabsteine, von denen sechs datierte Steine aus dem 11. Jahrhundert stammen. Acht datierte Steine gehen auf das 12. Jahrhundert zurück, der überwiegende Teil stammt jedoch aus der Zeit zwischen 13. und 15. Jahrhundert. Der älteste Grabstein, der 1922 am Gautor – eingemauert in der Brücke – wieder aufgefunden wurde, ist auf das Jahr 1049 datiert. Er ist somit der älteste datierbare jüdische Grabstein Mitteleuropas und seit 1997 im Landesmuseum Mainz ausgestellt. Der jüngste Stein stammt aus dem Jahr 1420.
Die Inschrift des ältesten jüdischen Grabsteins Mitteleuropas
108 Inschriften aus den Jahren 1049 bis 1322 sind in der epigraphischen Datenbank epidat des Essener Steinheim-Instituts dokumentiert.
Der aus dem Jahr 1049 (nach jüdischer Zählung das Jahr 809) stammende Grabstein trägt eine hebräische Inschrift, die wie folgt übersetzt wird:
Am 27. Nisan im (Jahre) 400-400-9 der Zeitrechnung
verschied zu seiner Ewigkeit H(err) Jehuda, S(ohn) des H(errn) Senior.
Friede möge über seiner Lagerstätte ruhen und im Bünd(el)
des Lebens (weile) seine Seele in Ruhe.
(nach Schumacher / Wegner 1986, S. 34)
verschied zu seiner Ewigkeit H(err) Jehuda, S(ohn) des H(errn) Senior.
Friede möge über seiner Lagerstätte ruhen und im Bünd(el)
des Lebens (weile) seine Seele in Ruhe.
(nach Schumacher / Wegner 1986, S. 34)
Am 27. Nissan im (Jahr) 809 der Zählung
verschied in seine Welt Herr Jehuda, Sohn des Schne[or],
(in) Frieden möge er ruhen auf seiner Lagerstatt und im Bündel
des Lebens (sei) seine Seele in Ruhe
(nach steinheim-institut.de)
verschied in seine Welt Herr Jehuda, Sohn des Schne[or],
(in) Frieden möge er ruhen auf seiner Lagerstatt und im Bündel
des Lebens (sei) seine Seele in Ruhe
(nach steinheim-institut.de)
(Nina Pfeiffer, Universität Koblenz-Landau, 2015)
Quelle
Informationstafel vor Ort
Internet
www.alemannia-judaica.de: Der mittelalterliche / alte Friedhof oberhalb der Mombacher Straße (abgerufen 18.03.2015)
www.steinheim-institut.de: epidat – Mainz, Mittelalterliche Grabsteine (abgerufen 28.05.2015)
de.wikipedia.org: Judensand (abgerufen 28.07.2021)