Bau und Planung
Ende des 19. Jahrhunderts erbaute die Rheinische Eisenbahngesellschaft eine einspurige, 21,6 Kilometer lange Eisenbahnstrecke, welche den Westerwald mit dem Rhein verband. Der Zweck dieser Strecke war der Transport von Personen und Gütern. Befürwortet wurde der Bau durch den Fabrikanten Friedrich Krupp (1854-1902) aus Essen, da für sein Walzwerk in der Sayner Hütte täglich die Eisenerztransporte mühsam mit Pferdefuhrwerken von der Grube Luise bei Horhausen erfolgten. Zu Beginn lieferte die Sayner Hütte ebenfalls Baumaterial für die Schienen.
In Sayn und in Grenzau wurden großzügige Bahnhofsanlagen errichtet. Nach der zwölfjährigen Planungs- und Bauphase wurde am 30. Mai 1884 die Strecke zwischen Engers und Siershahn eröffnet. Zur Bewältigung dieses Projektes wurden alleine im Bezirk Bendorf 900 Arbeiter beschäftigt um einen Höhenunterschied von ca. 230 Metern mithilfe von 36 Viadukten und Brücken sowie mit dem Bau von sieben Tunneln zu bewältigen. Die Viadukte wurden vor allem von italienischen Gastarbeitern erbaut. Einige der heutigen, örtlichen Familiennamen italienischen Ursprungs sind noch Zeugnisse der Einwanderung.
Der Höhenunterschied der Strecke ergibt sich zwischen Engers mit einer Höhe von 70,85 Metern und Siershahn mit einer Höhe von 299,85 Metern. Ausgehend vom Norden des Bahnhof in Engers, erstreckt sich die Strecke in Richtung Norden um nach 2,79 Kilometern Sayn zu erreichen. In Sayn tritt die Strecke in das enge Brexbachtal ein, um nach insgesamt 11,92 Kilometern Grenzau zu erreichen. Hinter Grenzau verläuft die Strecke durch das Masselbachtal bis Ransbach. Nach dem Durchqueren einer Ebene, welche für mächtige Tonlager bekannt ist, erreicht die Strecke nach insgesamt 17,36 Kilometern den südlichen Teil des Ransbacher Bahnhofs sowie nach insgesamt 21,64 Kilometern den Westteil des Bahnhofs in Siershahn.
Funktion und Stilllegung
Die Strecke der Brexbachtalbahn (der so genannten „Brex“) war für den Transport von Ton und Keramik relevant. Über die Verbindung mit der Strecke der Holzbachtalbahn mit ihrem Bahnhof in Seifen, bestand zudem eine Verbindung zur Grube Luise in Bürdenbach bei Horhausen, wo Eisenerz gefördert wurde. Die Holzbachtalbahn verband hierzu noch den Streckenabschnitt zwischen Siershahn und Altenkirchen.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs sollten die Viadukte und Brücken von deutschen Soldaten gesprengt werden, da die Strecke eine Versorgungsader darstellte. Dies wurde jedoch zum größten Teil verhindert. Viele Bürger hatten kurz nach dem Krieg die Möglichkeit dem Hunger aufgrund der Lebensmittelknappheit Einhalt zu gebieten, indem sie Teile der Strecke mit der Brexbachtalbahn fuhren, um bei den Bauern Nahrungsmittel zu besorgen. Diese „Hamsterfahrten“, welche oft über weite Strecken erfolgen, waren verboten. Die Menschen mussten vorzeitig den Zug wieder verlassen, da die Lebensmittel sonst an den Bahnhöfen beschlagnahmt wurden.
Bis 1972 wurde auf der Strecke der Brexbachtalbahn eine Dampflokomotive der Baureihe BR 82 der Deutschen Bundesbahn genutzt. Exponate können im DB-Museum in Koblenz-Lützel besichtigt werden. In den 1970er und 1980er Jahren wurde der Personenverkehr der Brexbachtalbahn aufgrund der Zunahme des Individualverkehrs abschnittsweise eingestellt. 1989 wurde der Personenverkehr dann komplett eingestellt. Bis 2001 erfolgte, ebenfalls abschnittsweise, die Einstellung des Güterverkehrs.
Reaktivierung und Zukunftspotential
Der im Jahr 2007 gegründete Verein „Brexbachtalbahn e.V.“ engagiert sich für die Reaktivierung der Strecke, für die Bewahrung der Eisenbahn-und Industriegeschichte der Region sowie für die aktive Pflege der Kulturlandschaft. Seit dem Jahr 2010 ist die Strecke zwischen Grenzau und Bendorf saniert und es werden Sonder- und Themenfahrten angeboten. Hierzu entstanden Kooperationen, um mit historischen Diesel-Schienenbussen der Firma Uerdinger und Dampfloks die Strecke zu befahren. Der Aufbau eines Eisenbahnmuseums in Siershahn ist geplant.
Die Besonderheit der „Brex“ besteht darin, dass sie durch ihre Anbindung an die Rheinschiene eine Verbindungsbahn für den Neuwieder, Koblenzer und Kölner Raum sowie für den Westerwälder Raum darstellt. Auch die Verbindung zu den ICE-Bahnhöfen Montabaur und Limburg (Lahntal) ist möglich. Durch die Aspekte der bestehenden Natur-und Kulturlandschaften besitzt die Brexbachtalbahn zudem eine hohe touristische und vermarktungsstrategische Relevanz. Ein Beispiel hierfür ist die Verbindung zum Kulturpark Sayn und zum UNESCO-Weltkulturerbe des Obergermanisch-Raetischen Limes.
Die „Brex“ ist ferner Mobilitätspartner der Erlebnis- und Weiterbildungsangebote des „Kräuterwind“-Regionalprojektes, welches den Westerwald genussreich vermarktet. Zusätzlich entsteht durch die genannten Streckenverbindungen der „Brex“ ein weiteres Zukunftspotential für Projekte, welche die zahlreichen Wanderwege (Rheinsteig, Limeswanderweg, Saynsteig usw.), Denkmäler (Kirchen, Burgen, Schlösser, Limestürme) sowie Museen (Rheinisches Eisenkunstguss Museum Sayn, RömerWelt Rheinbrohl, Keramikmuseum Höhr-Grenzhausen usw.) einbinden könnten.
(Karolina Paus, Universität Koblenz-Landau, 2015)
Quellen
Gespräche und freundliche Hinweise von Herrn Gernot Kallweit (Presse und Marketing für Brexbachtalbahn e.V. Bendorf) und Herrn Peter Siebenmorgen (Privates Heimatarchiv Sayn).
Internet
www.bswgruppekoblenz.de: „BSW-Gruppe zur Erhaltung historischer Schienenfahrzeuge Koblenz“ im DB Museum Koblenz (abgerufen 22.03.2015)
www.diebrex.de: Verein Brexbachtalbahn e.V. Bendorf (abgerufen 21.03.2015)
www.diebrex.de: Touristikbahn - Die Brex - Auf nostalgischer Spur vom Rhein in den Westerwald, Brexbachtalbahn e.V. Bendorf (Flyer, PDF-Datei, 7,88 MB, abgerufen 21.03.2015)
www.grubelouise.de: Seminarzentrum, Standort der Grube Louise (abgerufen 21.03.2015)
www.horhausen.de: Ortsgemeinde Horhausen, Information zur Grube Louise (abgerufen 21.03.2015)
www.kraeuterwind.de: Regionalprojekt Kräuterwind (abgerufen 21.03.2015)
www.sayn.de/kulturpark-sayn: Kulturpark Sayn (abgerufen 21.03.2015)
www.sayn.de/schloss-sayn/museum: Rheinisches Eisenkunstguss Museum (abgerufen 22.03.2015)