Geschichte und Architektur der Werkssiedlung Vier Kolonien bilden die Siedlungen der Zeche Niederberg: Alte Kolonie, Plattenkolonie, Neue Kolonie und Möllenbruckshof (Route der Industriekultur 2015, Wehling 1990). Sie entstanden seit 1917 bis 1930, um Wohnraum für die Bergmänner (Kumpel) bereit zu stellen (Hermann / Hermann 2003). Der damalige Geschäftsbericht der Zeche untermauerte das 1918: „[...] Entwicklungsfrage unserer Grube [...] eine Leutefrage“ (Buschmann 1993, S. 4). Bauherr war unter anderem die Niederrheinische Bergwerks AG. Spätere Ausbauphasen der Siedlungsareale erfolgten nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie sind nicht mehr in dem Ausmaß an die ursprüngliche Zechenentwicklung gekoppelt und unterscheiden sich auch architektonisch von den eigentlichen Zechensiedlungen. Deshalb erfolgte für diese Teile keine kartographische Erfassung. Alliierte Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstörten Siedlungselemente - der Wiederaufbau erfolgte in den Nachkriegsjahren und orientierte sich an den Ursprungsbauten. Die Alte Kolonie (1917 bis 1925) und die angrenzende, kleinere Plattenkolonie (1918) entstanden östlich der Zeche. Prägend für die Alte Kolonie sind drei Haustypen in Ziegelbauweise. Der Charakter der Siedlung ist gartenstadtartig, im Südosten ist der Weddigenplatz als eine Art Zentrum des öffentlichen Lebens der Siedlung angelegt. Im südlichen Bereich stehen großzügigere Bauten für die höher gestellten Angestellten bzw. Beamten der Zechenbelegschaft. Die Neue Kolonie entstand von 1926 bis 1930. Charakteristisch sind hier zweigeschossige Bauten und abgeschlossene Wohnhöfe mit typischen Stallungen. Auffällig ist die trichterförmige Öffnung der Etzoldstraße zur Zeche - eine klare Symbolik, die Zugehörigkeit und Machtanspruch ausdrückt. Pointiert wird das auch durch die dortigen geschweiften Häusergiebel, die den Backsteinexpressionismus um ein Element früherer Epochen (Renaissance, Barock) bereichen. Die Architektur korreliert mit dem Baustil der Zeche Niederberg 1/2. Die Häufigkeit und Prägnanz expressionistischer Elemente variiert in den verschiedenen Siedlungsteilen. Der Möllenbruckshof (1921 bis 1930) wird oft nicht zu den Zechensiedlungen im engeren Sinne gezählt, vermutlich weil die Gebäude nicht unter Denkmalschutz stehen und die Siedlung eher auf den späteren Schacht 5 ausgerichtet scheint (siehe unten, vergleiche Hermann / Hermann 2003). Dennoch gehört der Möllenbruckshof funktionell zu den Siedlungen der Zeche Niederberg 1/2 (Wehling 1990). Die Siedlung weist 13 Haustypen auf, dennoch ist der Ausdruck eher einfach und funktionell. Das passt zu den Interessen der Zeche an einer schnellen Umsetzung.
Industrialisierung, Migration und Siedlungsentwicklung Seit die Industrialisierung boomte, waren Arbeitskräfte und Wohnraum gefragt. Die Methoden zur Lösung waren effektiv - und prägen die Landschaft bis heute. Migration war das eine Zauberwort. Die Anwerbung der Kumpel für Niederberg erfolgte schnell und hauptsächlich im damaligen Oberschlesien (Teile des heutigen Polen und Tschechien). Die Migranten sollten aber auch ein angemessenes Umfeld haben. Werkssiedlungen schossen deshalb wie Pilze aus dem Boden - ein wildes, weitgehend ungeplantes Städtewachstum, das die fließenden Übergänge der Ruhrgebietsstädte östlich des Rheins verursacht hat. Linksrheinisch ist der Kulturlandschaftscharakter ländlich geblieben; dennoch sind auch für Neukirchen-Vluyn Parallelen erkennbar (Boldt / Gelhar 2008, S. 142 ff.). So war die Anlage der Niederbergkolonien in der Dickscheheide die Ursache für das Zusammenwachsen der Gemeinden Neukirchen und Vluyn. Rechtlich vollzogen wurde das bereits 1928 mit ihrer Zusammenlegung. Die Migranten bereicherten das Ruhrgebiet kulturell und das Ruhrdeutsche unter anderem um den Begriff Maloche für harte Arbeit (Boldt / Gelhar 2008, S. 142 ff.).
Denkmalschutz Gebäude der Alten Kolonie, der Plattenkolonie und der Neuen Kolonie sind in der Denkmalliste der Stadt Neukirchen-Vluyn (Denkmalliste der Stadt Neukirchen-Vluyn 2015).
(Kai-William Boldt, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2015)
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