Gebäudebeschreibung
Geschichte der Bewohner des Hauses
Bewohner Jüdischen Glaubens
Der „neue“ Hausname „Bläsisch“
Quellen
Gebäudebeschreibung
Im Jahre 1910 werden in Bezug auf dieses Grundstück genannt: Wohnhaus und Abort, Scheune mit Stall sowie ein Viehstall. Ebenfalls hat ein kleiner Garten direkt beim Haus gelegen. Bis nach dem zweiten Weltkrieg gab es ausweislich des Grundbuches keine nennenswerten baulichen Veränderungen an diesem Objekt. Das heutige Aussehen dürfte gegen Ende der 1970er Jahre entstanden sein. Das Haus steht giebelseitig mit geringem Abstand zur Kirchstraße. Der Giebel zur Kirchstraße hin ist, mit Ausnahme einer Luke im Spitzgiebel, fensterlos. Das Gebäude ist fein verputzt und weiß gestrichen. Die Fassade ist zum Hof Richtung Kailbach hin ausgerichtet. Die Gliederung ist nicht mehr original. Zwischen zwei breiten großflächigen Fenstern im Erdgeschoss befindet sich die Haustür in der Mitte, die mit braunen Fliesen umrahmt ist Diese Fliesen finden sich auch am Sockel des gesamten Hauses wieder. Im Obergeschoss gibt es zwei Fenster in derselben Größe wie im Erdgeschoss, wobei das linke Fenster etwas zur Mitte hin verschoben ist. Links des Grundhauses, das einen rechteckigen Riss aufweist, ist es durch einen leicht vorspringenden Anbau erweitert, der im Obergeschoss ein weiteres Fenster in der gleichen Größe besitzt. Im Erdgeschoss ist diesem Bauteil eine glatt verputzte, flach gedeckte Garage vorgelagert, die gegenüber dem Absatz in der Hausfassade etwas nach hinten versetzt ist. Das Haus hat ein Satteldach mit großem Dachüberstand. Auf der rückwärtigen Giebelseite befindet sich eine mit einem Pultdach überdachte Terrasse, die vom Obergeschoss aus zugänglich ist.
Geschichte der Bewohner des Hauses
Bereits in der Mitte des 17. Jahrhunderts muss es ein Kochs-Haus gegeben haben, doch infolge der Kriegswirren wurde dieses, wie viele andere Häuser, nicht mehr von der Ursprungsfamilie bewirtschaftet. 1680 erfahren wir aus Rechnungen der Herrschaft Kail, dass Kochs Willem abgabepflichtig war und seinen Lebensunterhalt als Schuhmacher bestritt. Dies deckt sich auch mit den Angaben im Güterverzeichnis der Oberkailer Häuser, das im Pfarrarchiv Oberkail in Abschrift erhalten ist. Darin werden am 13. Oktober 1698 die Ländereien von Kagß (= Kochs) Willem genannt. Er besaß weniger als drei Hektar Ackerland und nur zwei kleine Wiesen sowie zwei Gärten, sodass er unmöglich davon leben konnte. Um oder kurz vor 1724 heiraten Nikolaus Etteldorf (+1752) und Anna Salome NN. (+1756), die in den Kirchenbüchern unter dem Hausnamen Kochs verzeichnet sind. Ob und wenn ja, wer von beiden möglicherweise ein Nachkomme des Kagß Willem ist, lässt sich zurzeit nicht mit Sicherheit klären. Eine Vermutung ist, dass es die Ehefrau ist, während der Ehemann aus dem Kiewel-Haus stammte. Ihnen folgten ihr gemeinsamer Sohn Hugo Friedrich Etteldorf (1728-nach 1786) mit seiner Frau Anna Maria Walscheid aus Niedermanderscheid (1724-nach 1766) als Besitzer des Kochs-Hauses. Die nächste Generation bestand aus deren Sohn Peter Etteldorf (1752-1813) und seiner Frau Maria Katharina Raskob aus Spang (1757-1804). Deren Tochter Anna Maria Etteldorf (um 1780-1814) heiratete den aus Schwarzenborn stammenden Lorenz Kohl (1781-1843). Im Gerichtsurteil von 1835 bezüglich der gemeindlichen Nutzungsrechte werden genannt: Lorenz Kohl in eigenem Namen und als Vormund der mit seiner verlebten Ehefrau Anna Maria Etteldorf gezeugten Kinder: Catharina I, Jakob, und Johann Jakob Kohl, Catharina Kohl II und deren Ehemann Mathias Heinen. Letztere übernehmen dann auch das Haus: Katharina Kohl (1806-1862) und Matthias Heinen jr. (1797-1848). Deren Tochter Katharina Heinen (1827-1898) und der aus Orsfeld stammende Schwiegersohn Nikolaus Rascop (1823-1898) waren in direkter Abfolge die letzten Hausbesitzer der Ursprungsfamilie. 1900 wurde das Haus an die Witwe des herzoglich arenbergischen Hilfsförsters Heinrich Rick (1852-1895) verkauft, die aus Metterich stammende Margaretha Streit (1851-1904).
Bewohner Jüdischen Glaubens
Bereits 1907 trat der Handelsmann Michael oder Michel Ermann (1873-1936) als neuer Besitzer auf. Er war der Sohn der ersten bekannten jüdischen Familie im Ort und wuchs in der Burgstraße auf (bis 1883 im heute nicht mehr vorhandenen Haus Burgstraße 11, danach in Burgstraße 3). Zum Zeitpunkt des Hauskaufs in der Hosengasse war er mit Betty Babetta Kallmann (1875-1915) verheiratet. 1919 schloss er eine zweite Ehe mit Babette Ermann, geboren 1878 in Mehring, vor dem Standesamt Oberkail. Die Eheleute zogen 1929 nach Gerolstein, da dort der Viehhandel an der Eisenbahnlinie im Kylltal besser betrieben werden konnte als in Oberkail, so die mündliche Überlieferung im Ort. Michel Ermann starb 1936 in Gerolstein und wurde dort auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt. Seine erste Ehefrau und die in Oberkail verstorbenen Kinder fanden ihre letzte Ruhestätte auf dem jüdischen Friedhof in Malberg. Seine Nachfahren emigrierten in die Vereinigten Staaten von Amerika. Auch seine Geschwister und deren Nachfahren wanderten in die USA oder nach Argentinien aus.
Beim Bau der Synagoge in Kyllburg im Jahr 1911 gehörten die beiden Brüder von Michael, Adolf und Lion Ermann, zu den elf jüdischen Haushaltsvorständen, die das Projekt unterstützten, Michel hingegen nicht. Ein möglicher Grund dafür könnten unterschiedliche finanzielle Verhältnisse gewesen sein. Die Brüder aus der Burg (Lion verzog mit seiner Familie spätestens 1915 nach Trier) müssen ihren jüdischen Glauben wohl liberaler ausgelegt haben als der Familienzweig in der Kirchstraße. Am Sabbat sollen die christlichen Nachbarn in der Hosengasse sich um das Herdfeuer ihrer jüdischen Mitbürger gekümmert haben. Zudem wurde berichtet, dass nach dem Krieg Nachfahren von Michel Ermann aus Amerika zu Besuch im Haus waren und eine Tora-Rolle mitnahmen, die im Treppenhaus angebracht war und somit im christlichen Bläsisch-Haus die Zeit des Nationalsozialismus überstanden hatte.
Der „neue“ Hausname „Bläsisch“
Das Haus wurde 1929 von Johann Josef Hormann (1884-1934) gekauft. Interessanterweise war er ein Enkel der früheren Besitzer Nikolaus Raskob und Katharina Heinen. Seine Eltern wohnten im heute nicht mehr vorhandenen Haus Burgstraße 11. Seine Ehefrau Eva (1887-1969) wurde unter dem Namen Biesdorf geboren und erhielt nach der Eheschließung ihrer Mutter Angela Biesdorf 1894 den Namen ihres Stiefvaters Franz Ludwig Bläser. Diese Familie wohnte in der Burgstraße 17. Eva Biesdorf/Bläser brachte also den heute noch gebräuchlichen Hausnamen für das Kochs-Haus aus der Burg mit in die Hosengasse: Bläsisch. Die Eheleute waren Landwirte und Johann Josef Hormann betrieb zudem eine Dreschmaschine. Im Jahr 1937 werden die Witwe Eva Hormann, geb. Bläser, und Miteigentümer im Grundbuch genannt. Die Tochter Angela Hormann (1913-1970) übernahm das elterliche Haus. Ihr erster, aus Gransdorf stammender, Ehemann Matthias Spoden (1903-1944) fiel im Zweiten Weltkrieg, Angela heiratete ein zweites Mal: Peter Densborn (1908-1979), der aus dem Berentz-Haus (Bitburger Straße 9) stammte. Der Sohn aus der zweiten Ehe, Karl Densborn (*1954), und seine aus Eisenschmitt stammende Ehefrau Sonja Kaleja (1957-2013) bewohnten mit ihrer Familie das Haus von den 1970er bis in die 1990er Jahre, bevor sie in ihren Neubau in die Kailbachstraße verzogen. Nachdem das Haus in der Hosengasse zeitweise vermietet war, bewohnt heute der Sohn Dirk Densborn mit seiner Familie das Haus. Er ist der achtmalige Ur-Enkel von Nikolaus Etteldorf und Anna Salome NN., dem Bewohnerehepaar von vor über 300 Jahren.
(Jörg Kreutz, Oberkailer Zeitspuren - geschichtlicher Arbeitskreis der Ortsgemeinde Oberkail, 2024)
Internet
kulturdb.de: Jüdischer Friedhof (2); Im alten Sarresdorfer Friedhof; Gerolstein, Stadt Gerolstein Am Auberg / Sarresdorfer Straße (abgerufen 29.01.2025)
Quellen
- Kreisarchiv Bitburg: Akten des Standesamtes Oberkail.
- LHAK 15, 1052, Maria-Theresia-Kataster 1766.
- LHAK 15, 280, Steuerliste 1793.
- LHAK, Außenstelle Kobern-Gondorf; Bestände 734-1104, 736-2291 und 736-3427.
- Pfarrarchiv Oberkail und Bistumsarchiv Trier: Kirchenbücher der Pfarrei Oberkail.
- Pfarrarchiv Oberkail: Gebunde Abschrift eines Güterverzeichnisses aus der Zeit um 1700.