Fundstelle der Schlacht bei Heiligenstein in den Schwarzwiesen

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Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Römerberg
Kreis(e): Rhein-Pfalz-Kreis
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 49° 15′ 59,91″ N: 8° 22′ 47,82″ O 49,26664°N: 8,37995°O
Koordinate UTM 32.454.890,67 m: 5.457.282,63 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.454.948,01 m: 5.459.026,63 m
Unterhalb des Bründelsbergs und der Hochstraße Heiligenstein-Lingenfeld befinden sich sie sogenannten Schwarzwiesen, die ihren Namen der hiesigen dunklen Bodenfarbe verdanken. Innerhalb dieser Wiesen machte der Landwirt Karl Müller auf seinem Acker immer wieder erstaunliche Entdeckungen. Ende der 1950er, Anfang der 1960er machte er dort die ersten Funde in Form verrosteter Metallklumpen. Nachdem er diese zuhause von Erde und Rost befreit hatte, kamen dabei immer Hufeisen zum Vorschein. Allerdings hatten diese teilweise kleinere Ausmaße, die nicht zu den Hufen normaler Ackerpferde passen konnten. Von einem Hufschmied, der Erfahrungen im Ersten Weltkrieg gesammelt hatte, erfuhr Müller, dass die Hufeisen eigentlich nur von Maultieren stammen konnten. Über 20 Exemplare hatte der Müller über die Jahre gesammelt und sie auf einer Tafel an seiner Scheune aufgehängt. Was hat es mit diesen Funden auf sich?

Hinweise auf ein Schlachtfeld
Wie ungünstig. Wir feiern gerade Namenstag!
Die Landschaft - ein wesentlicher Faktor
Blutig und vollkommen
Folgen und Bedeutung der Schlacht
Kommen wir zurück zur Fundstelle
Internet


Hinweise auf ein Schlachtfeld
Diese Funde nehmen uns mit in das Jahr 1703, in die Zeit des Spanischen Erbfolgekrieges. Dieser dauerte von 1701 bis 1714 an und wurde auch in der Pfalz ausgetragen. Angefangen hatte es mit dem Tod des kinderlosen spanischen Königs Karl II. im Jahr 1700. Als Thronfolger bestimmte man den Enkel des regierenden französischen Königs Ludwig XIV., Philipp von Anjou, was jedoch von den anderen europäischen Mächten unter Führung des deutsch-österreichischen Kaisers Leopold I. nicht akzeptiert wurde. Leopold I. fürchtete ein Ungleichgewicht im europäischen Kräfteverhältnis zu Gunsten Frankreichs. So schloss er sich mit England, Holland, Preußen, aber auch Johann Wilhelm, dem in Düsseldorf residierenden pfälzischen Kurfürsten sowie anderen deutschen Fürsten in einem Bündnis gegen Frankreich zusammen. Ludwig XIV. stand zunehmend isoliert da, nur der bayerische Kurfürst Maximilian II. Emanuel schlug sich auf seine Seite. Da auch der pfälzische Kurfürst beteiligt war, fanden auch in seinem Territorium Kriegshandlungen statt. So beispielweise diese bei Heiligenstein.

Wie ungünstig. Wir feiern gerade Namenstag!
Anfang November des Jahres 1703 kam es an diesem Ort zur Schlacht zwischen einer Allianz aus hessischen, brandenburgischen, lüneburgischen und pfälzischen Truppenteilen auf der einen und einem französischen Heer auf der anderen Seite. Die Alliierten hatten eine Heeresstärke von mindestens 4.000 Mann, wobei der Zustand der Ausstattung sehr schlecht gewesen sein soll. Aufgrund der großen Zahl des alliierten Heeres war man sich sicher, dass die Franzosen keinen baldigen Angriff wagen würden - eine massive Fehleinschätzung. Am 15. November 1703, ausgerechnet am Namenstag von Kaiser Leopold (war es Zufall oder Taktik?), rückten die Franzosen vor und überrumpelten die deutsche Seite vollkommen. Noch zum Frühstück hatte es für die Offiziere kalten Braten und Rheinwein gegeben, um den Kaiser zu ehren. Manchen Offizieren war leichtsinnigerweise erlaubt worden das Leopoldsfest in Speyer mit seinen „Ergötzlichkeiten und Lustbarkeiten“ zu besuchen. Somit war die deutsche Seite in keinster Weise auf einen Angriff vorbereitet. Darüber hinaus gab es Unstimmigkeiten zwischen den einzelnen Heeresteilen und in den Zuständigkeiten. Nicht zuletzt wussten die Franzosen die landschaftlichen Begebenheiten zum eigenen Vorteil zu nutzen. Aber wie war die Landschaft beschaffen?
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Die Landschaft - ein wesentlicher Faktor
Albert Kennel beschreibt die Landschaft, in der die Schlacht stattfand, folgendermaßen:
„Das Hochufer dieses ehemaligen Strombettes [gemeint ist ein altes Rheinbett, Anm. d. Verfassers] erhebt sich ziemlich steil und wird westwärts durch die von Lingenfeld nach Heiligenstein führende Hoch- oder Römerstraße, nordwärts durch die von Schwegenheim nach Mechtersheim verlaufende Kreuzstraße bezeichnet. Die Niederung selbst ist von Torfwiesen bedeckt und wird auch heute noch häufig sumpfig; insbesondere ist sie von einem dem Hochufer parallel laufenden Graben, Riedgraben, durchzogen …“ (Kennel 1895)
Auch beschreibt Kennel, dass die Gegend in regnerischen Zeiten häufig überflutet war. Die Berichte aus dem Kampf sprechen von Hecken auf der einen Seite und von Morast auf der anderen Seite. Dies führte an dieser Stelle der Schlacht zu erster Verwirrung in beiden Armeen und zu massivem Blutvergießen, bevor zeitlich verzögert weiter nördlich die übrigen feindlichen Truppen aufeinander trafen.

Blutig und vollkommen
Die Deutschen bezeugten später ebenso: „…das sumpfige Gebiet, welches unß den größten Schaden gethan“. Mehrere französische Bataillone hatten sich in dem Dickicht am Hang positioniert und schossen mit wenig Gegenwehr auf die deutschen Reiter, die nur noch versuchen konnten zu fliehen. Dadurch kamen sie jedoch ins Gehege mit der nachrückenden eigenen Infanterie, was in ein ungeordnetes Chaos mündete. In anderen Abschnitten der Schlacht hatten die Franzosen ihr Bajonett auf die Gewehre gepflanzt und setzten den flüchtenden Feinden nach. Die kurpfälzischen Kanonen waren an die Pferde Mechtersheimer Bauern gespannt worden, um sie weiter nach vorne ins Kampfgeschehen zu bringen. Doch war dies zu spät und vergeblich. Die Artillerieausrüstung und das Begleitpersonal fiel in die Hände der Feinde. Was sich im nördlichen Kampffeld noch retten konnte, zog sich bei einbrechender Dunkelheit über den Speyerbach und am nächsten Tag Richtung Frankenthal und Mannheim zurück.

Im Tageslicht war dann auch das Ausmaß der Todesopfer sichtbar. Der französische General meldete seinem König nach Paris, dass 4000 Mann getötet worden wären, man 2000 Gefangene gemacht und 50 Fahnen und 32 Kanonen erbeutet habe. „Von den 28 Bataillonen der Feinde seien 23 beinahe ganz in Reih und Glied getötet“. Als eigene Verluste wurden nur 400 Tote und Verwundete angegeben, was aber als Fälschung eingestuft werden muss. Das Bild dieser Schlacht wurde als besonders blutig und der Sieg als vollkommen angesehen. Doch später musste auch Frankreich zugeben, dass die eigenen Opfer wohl ebenfalls bis zu 4000 Mann zählten. Auf beiden Seiten ließen auch Generäle, einige Obristen und zahlreiche Offiziere ihr Leben. Leichen pflasterten buchstäblich den langen Weg von Heiligenstein und Berghausen entlang und wurden in Massengräbern verscharrt. Die Gefangenen wurden bis aufs Hemd ausgezogen und barfuß nach Landau getrieben. Speyer lag voll mit Verwundeten, die versorgt werden mussten.
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Folgen und Bedeutung der Schlacht
Durch den Sieg kam die ganze heutige Pfalz in den Besitz der Franzosen. Die Schlacht am Speyerbach von 1703, auch Schlacht bei Speyer oder bei Dudenhofen genannt, teilweise auch in Unkenntnis des Ortes als „Schlacht am Heiligenstein“ bezeichnet, gehörte allerdings nicht zu den entscheidenden Ereignissen des Spanischen Erbfolgekriegs, vor allem weil die Kaiserlichen in diesem Fall die Schlacht verloren hatten und sich zurückziehen mussten. Erst durch die Schlacht bei Höchstädt an der Donau im August 1704, es war bereits die zweite Schlacht, die dort stattfand, zwang man die Franzosen und das mit ihnen in Koalition kämpfenden Bayern zum Rückzug. Nach weiteren Gefechten kam es erst nach mehreren Friedensschlüssen 1713/14 zur Beendigung der Erbfolgestreits in Spanien.

Kommen wir zurück zur Fundstelle
Was bedeuten die in den Schwarzwiesen gefundenen Hufeisen vor dem hier gezeichneten Hintergrund? Bei dem Gemetzel kamen auch sehr viele Tiere ums Leben, vermehrt auch Maultiere, die besonders im französischen Heer in der Kavallerie eingesetzt waren. Und diese Hufeisen fand Landwirt Müller auf seinem Acker. Wer weiß, was dort noch alles schlummert.
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(Hartwig Humbert, Verein für Heimat- und Brauchtumspflege in Römerberg e.V., bearbeitet von Florian Weber, Universität Koblenz, 2024)


Internet
www.kulturelleserbe-rlp.de Schauplatz der Schlacht von Heiligenstein - Lost Places in Römerberg (abgerufen 27.11.2024)
rlp.museum-digital.de: Schlacht am Speyerbach (abgerufen 27.11.2024)
de.wikipedia.org: Schlacht am Speyerbach (abgerufen 27.11.2024)
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Literatur

Apell, Ferdinand von (1906)
Der Versuch zum Entsatze Landaus und die Schlacht am Speyerbach bei Speyer, Dudenhofen und Heiligenstein. Marburg.
Hüll, Johann / Historischer Verein der Pfalz (Hrsg.) (1892)
Die Schlacht am Speierbach. In: Pfälzisches Museum. Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz, 9. Jahrgang (1892), Nr. 1 und 2, Kaiserslautern.
Kennel, Albert (1895)
Die Schlacht bei Speier am 15. November 1703. In: Jahresbericht über das Kgl. Humanistische Gymnasium Speier für das Studienjahr 1894/95, Speyer.

Fundstelle der Schlacht bei Heiligenstein in den Schwarzwiesen

Schlagwörter
Ort
67354 Römerberg - Heiligenstein
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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Hartwig Humbert (2024): „Fundstelle der Schlacht bei Heiligenstein in den Schwarzwiesen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-355717 (Abgerufen: 2. Mai 2025)
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