Das Presbyterium beauftragte den Hildener Bildhauer Hans Peter Feddersen mit der Gestaltung zweier Reliefs an den Giebelwänden der zur Richrather- und zur Schützenstraße stehenden Häuser. Sie wurden 1955 angebracht und sollten jene Idee praktischer Nächstenliebe veranschaulichen, auf die sich das Bauprojekt gründete.
Das Relief an der Giebelseite des Hauses am Albert-Schweitzer-Weg 2 ist noch erhalten. Es zeigt eine sitzende Frau mit einem schlafenden Kleinkind in der Armbeuge. Ein älteres Kind steht an sie gelehnt links neben ihr und reicht ihr einen Ball, vermutlich als Aufforderung zum Spiel.
Die Figurengruppe ist 2,70 Meter hoch und bildet ein unregelmäßiges Oval, dessen glatte Oberfläche sich vom Rauputz der Wand wirksam absetzt. Es setzt sich aus quadratischen Platten zusammen, die unter dem weißen Anstrich eine feine Gitterstruktur bilden. Die Platten bestehen aus gebranntem Ton und mussten zur Vermeidung von Rissen nach dem Brennvorgang 20 Tage kontrolliert abgekühlt werden. Das Material stammt aus einer Tongrube nahe Düsseldorf-Urdenbach.
Die weiche Linienführung und die sparsam eingekerbten Details vermitteln eine Sanftheit, die heute einigen Betrachter*innen sentimental oder kitschig vorkommen mag. Ebenso die madonnenhafte Anmutung der Frauenfigur mit ihrem Haar, das übergangslos in das Halstuch übergeht und ebenso gut ein Schleier sein könnte. Auch das dargestellte geschlechtsspezifische Rollenbild ist heute diskutabel. Zur Entstehungszeit allerdings steht die Figur vor allem im größtmöglichen Gegensatz zu der Periode entgrenzter Gewalt und Rohheit, die noch so nahe lag und deren Folgen überall spürbar waren. Die liebevolle Fürsorglichkeit der Figur ist der gelebte Widerspruch zum Menschenbild der Nationalsozialisten, in dem die Familie vor allem als Keimzelle völkischer Daseinskämpfe zu funktionieren hatte.
Die abwesende Vaterfigur kann in dem Zusammenhang als Hinweis auf die vielen Witwen und Waisen gesehen werden, die der Krieg zurückgelassen hatte. Allein in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit gab es über eine Million Kriegswitwen.
Feddersens Künstlerfreund Leonard Nienartowicz setzte sich zwei Jahre später in seinem Wandmosaik in der Beethovenstraße ebenfalls mit dem Thema Familie auseinander. Ein Vergleich der beiden Darstellungen kann interessante Einsichten in die Gesellschaft der frühen Bundesrepublik vermitteln.
(Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz, im Auftrag des Kulturamts der Stadt Hilden, 2024)
Quelle
Funck, Rudolf: Künstlerischer Schmuck für großen Neubaukomplex, Artikel aus der Hildener Zeitung vom 03.12.1954, Stadtarchiv Hilden.
Internet
de.wikipedia.org: Hans Peter Feddersen (Bildhauer) (abgerufen am 21.08.2024)
de.wikipedia.org: Der Baukreis (abgerufen am 21.08.2024)