Wie sah es einst im Innern aus?
Der Stadtschreiber Jacob Beysiegel verfasste im Jahre 1795 eine Gemeinde- und Schatzrechnung. Diese gibt uns ein wenig Aufschluss über die Nutzung des Rathauses im ausgehenden 18. Jahrhundert. So befand sich im gemauerten Erdgeschoss die Wohnung eines Ratsdieners, die mit einem Ofen sowie einer Mehlwaage samt dazugehörigen Brettern, Seilen und verschiedenen steinernen und bleiernen Gewichten ausgestattet war. Im Stockwerk darüber lagen zwei Zimmer für den Stadtrat. Das eine Zimmer war mit einem viereckigen Ofen mit einem „irdenen Aufsatz“ und ein „tannener Schrank“ mit zwei Türen. Bei dem irdenen Aufsatz wird es sich vermutlich um Keramik gehandelt haben und bei dem tannenen Schrank um einen Tannenholzschrank. In diesem Schrank waren laut Beysiegel Briefe und Dokumente - sprich Verwaltungsunterlagen - sowie das Ellenmaß und das Gewicht aufbewahrt. In einer Zeit, in der es noch keine Einheitlichkeit in Gewichten und Maßen gab, waren diese beiden Gegenstände enorm wichtig, da sie die für Kaub gültigen Richtwerte darstellten. Ein neuer runder Ofen befand sich im zweiten Raum und ein kleiner Schrank für den Stadtschreiber. Beysiegel nennt eine Vielzahl weiterer Gegenstände, die sich einst in den beiden Zimmern befanden (eine Auflistung findet sich in: Dehe 2021, S. 173f.). Weitere Dokumente waren im untersten Stockwerk des Glockenturms der nahegelegenen Kirche gelagert. Sie wurden in einem mit einer schweren Eisentüre gesicherten Gewölbe verwahrt (Dehe 2021, S. 174).
Erste Feuerwehr von Kaub?
Auffällig ist, dass auch Gegenstände zur Brandbekämpfung im Rathaus gelagert gewesen sind, wie drei Brandleitern, 93 neue Feuereimer und zwei Feuerhaken. Demnach wurde vom Rathaus aus die Brandbekämpfung in Kaub organisiert. Durch die vielen und gravierenden Stadtbrände, die im Laufe des 19. Jahrhunderts in der damals dicht besiedelten Stadtstruktur enorme Schäden anrichteten, wurde diese Funktion des Gebäudes noch weiter ausgebaut. Eine Rathausbeschreibung aus dem Jahre 1815 bezeugt, dass zu dieser Zeit das Erdgeschoss als Feuerspritzenhaus genutzt wurde und eine im Jahre 1802 angeschaffte Feuerspritze mit langem Schlauch sowie 198 weitere Eimer, zwei Leitern und weitere Gegenstände beherbergte (ebd.).
Seuchenlazarett, Schulraum und Gefängnis - was fand hier sonst noch statt?
Bei Blüchers Rheinübergang 1813/14 diente der obere Stock des Gebäudes als Seuchenlazarett für am Nervenfieber erkrankte Soldaten. Ein mit zwei Fenstern ausgestattetes Zimmer wurde zwischen 1825 und 1826 sowie zwischen 1863 und 1868 zeitweise als Schulraum genutzt. Der nur über eine hölzerne Bodenklappe zugängliche fensterlose und sehr kleine Dachboden des Rathausturms soll bisweilen zum sogenannten Bürgergewahrsam, also als Haftzelle, gedient haben (ebd.).
Kulturdenkmal
Das Alte Rathaus in Kaub wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Rhein-Lahn-Kreis geführt (Stand 2024). Der Eintrag lautet:
„Marktstraße 4, ehem. Rathaus, Fachwerkbau, tlw. massiv, 1655-63, polygonaler Treppenturm, 1511, barocke Haubenlaterne, Anbau 1869“.
(Florian Weber, Universität Koblenz, 2023, unter Verwendung der Ortschronik von Kurt Dehe, Stadt Kaub, 2021)