Mit dem Ausbau und erfolgreichen Betrieb des Hotels „Zum Schaf“, das direkt angrenzte, setzte sich dann mehr und mehr der Name Schafplatz durch, unterbrochen im III. Reich, als man ihn „Hindenburgplatz“ nannte. Für eine Belebung sorgte der Bau der Volksbank im Jahre 1884, sowie des Postamtes 1898 an der Westseite des Platzes. Die Sparkasse folgte1919 und bezog das von der Stadt angekaufte und umgebaute Anwesen der ehemaligen Weinhandlung Lorenz. Das heutige Sparkassen-Gebäude steht etwa an der gleichen Stelle. Daran angrenzend gab es ab 1860 durchgehend ein weiteres Gasthaus, zuletzt die Weinstube Mathias/Rau, die 1954 geschlossen wurde (heute Anwesen Kästel). Ursprünglich lief der Triefenbach offen durch das Areal und vereinigte sich in der Tanzstraße mit dem von Norden her fließenden Mühlbach. „Die Bach“, wie die Edenkobener sagten, bereitete immer wieder Sorgen und war im Stadtrat ein Dauerthema. Bei Starkregen wurde der Schafplatz regelmäßig von Wasser und Geröll überflutet. Mehrere Engstellen behinderten den Fuhrwerksverkehr und wurden erst recht mit dem Aufkommen der ersten Autos zum Problem. Um 1890 wurde der Bach geschlossen und die Oberfläche gepflastert. Die nun zusammenhängende Fläche wurde vielfältig genutzt, u. a. fanden dort die Begrüßungszeremonien für die königlichen Gäste bei Empfängen im Hotel Schaf statt. (siehe Foto).
Das Schafgebäude und der Schafgarten
Der Gebäudekomplex Tanzstraße/Ecke Eichplatz, aus dem später das Hotel Schaf entstand, wurde 1733 von dem Metzgermeister Nikolaus Völcker erworben. 1749 wurde der Käufer erstmals als „Gastgeber zum güldenen Lamm“ genannt. Die folgenden Generationen nannten sich weiterhin „Lammwirth“, bis dann1839 in einer Notariatsurkunde Friedrich Völcker erstmals als Gastwirth zum „Goldenen Schaf“ erscheint. Mit Friedrich Völcker, der von 1852 bis 1874 Edenkobens Bürgermeister war, begann der Aufstieg des Hotels Zum Goldenen Schaf.
Durch Überbauung von Nebengebäuden ließ er 1835 einen Festsaal errichten, der lange als einer der größten, in jedem Fall aber als einer der schönsten der Pfalz galt. Der nobel ausgestattete Saal mit einem großzügigen Treppenaufgang, sehr hoher Decke, reich verzierten Kronleuchtern und zwei Galerien wurde zum gesellschaftlichen und kulturelle Mittelpunkt Edenkobens und Umgebung. Neben Empfängen und festlichen Bällen für die royalen Villa-Gäste, fanden Konzerte, Vereinsfeste und Tanzveranstaltungen statt. Hier verkehrten die „haute volée“ der Pfalz, und neben König Ludwig I. speisten dort u. a. Prinzregent Luitpold, Kaiser Wilhelm II., König Ludwig III. und auch Charles de Gaulle.
Angeregt durch den Bau des Sanatoriums in Gleisweiler, besonders aber durch dessen Park, ließ Friedrich Völcker westlich seines Hotels den „Schafgarten“ anlegen. Neben exotischen Sträuchern und Blumen bestand der Bewuchs aus ausgefallenen heimischen und fremdländischen Bäumen. Vogel-Volieren und freilaufende Pfauen sorgten für Unterhaltung. Ein Teich mit Springbrunnen und drei Fontänen ergänzten das Spektakel. In der Mitte des Parkes befand sich ein erhöht liegendes Musik-Rondell, auf dem in den Sommermonaten regelmäßig Militärorchester aus den benachbarten Garnisonen Landau und Germersheim in 42 Mann starker Besetzung aufspielten.
Spätestens seit 1852, als König Ludwig I. in seiner Sommerresidenz Villa Ludwigshöhe weilte, wurde der „Schafgarten“ zum Treffpunkt der besseren Gesellschaft aus nah und fern. Die festlichen Bälle in Anwesenheit des Königs und seines Gefolges im Hotel fanden ihren Abschluss im „Schafgarten“ bei Lampion-Beleuchtung und bengalischem Feuer. Der aufkommende Tourismus - damals Sommerfrische genannt - und der 1872 gegründete Verschönerungsverein Edenkoben kamen dem Zuspruch des Gartens zugute. Eine weitere Rolle spielte ab 1855 die Maxbahn, die eine bequeme Anreise z. B. aus Mannheim, Heidelberg oder Karlsruhe ermöglichte. 1899 wurde mit dem Verkauf des gesamten Hotelkomplexes an die Familie Kuby ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Um die Gäste auch bei ungünstigem Wetter verwöhnen zu können, ließ Kuby, angrenzend an das Hotel, eine geräumige, mit großen Glasflächen versehene Gartenhalle errichten.
Einschneidende Veränderungen brachte der Erste Weltkrieg und dessen Folgen. Mit dem Ausbleiben der Wittelsbacher waren die glorreichen Zeiten vorbei. Nach Kriegsende wurde das Hotel von der französischen Militärverwaltung beschlagnahmt. So kam es, dass der junge General de Gaulle in jener Zeit im Schaf logierte. 1921 wurde die zivile Nutzung wieder erlaubt. Der neue Besitzer, Michael Lauck, setzte auf das neue Medium Kino. Neben Filmvorführungen wurden wieder Vereinsfeiern und Konzerte veranstaltet. Am 22. Oktober 1933 wurde im Hotel Schaf das erste Oberhaardter Weinfest eröffnet.
Der ehemals legendäre Schafgarten hatte seine Anziehungskraft verloren, war aber weiterhin eine beliebte Oase mit üppiger Natur inmitten der Stadt.
Das Hotel Schaf schloss 1946 für immer seine Pforten. Nach Umbau und Renovierung wurden 1949 im Saal das Film-Theater Edenkoben eröffnet. Mit dem Einbau der Arkaden 1951 erhielt das Gebäude äußerlich sein jetziges Gesicht. Hinter der Arkadenpassage wurden Ladengeschäfte eingebaut und die ehemaligen Hotelzimmer im Obergeschoss in Wohnungen umfunktioniert. Die ehemalige Gartenhalle fand Nutzung als Autowerkstatt, daneben wurde eine Tankstelle errichtet. Beides wurde 1961/62 abgerissen und an gleicher Stelle ein Geschäftslokal errichtet (Strickler/Eisel).
Ein elementarer Eingriff in das Stadtbild war 1965 der Verkauf des Stadtgartens. Die „grüne Lunge“ der Stadt mit dem über hundertjährigen Baumbestand wurde dem „Zeitgeist“ geopfert. Auf dem Gelände entstanden das sogenannte „Hochhaus“, ein Kiosk und Parkplätze.
Die Zeit war auch im Schafgebäude nicht stehen geblieben.1974 wurde der Kinobetrieb eingestellt und in den Räumen eine Diskothek betrieben. Der letzte Nutzer des Schafsaals war etwa ab1990 der Billiard-Club Edenkoben. Das in die Jahre gekommene Anwesen war mittlerweile heruntergewirtschaftet und auch äußerlich zum Problem geworden.
2005 hat die Stadt die Immobilie im Rahmen der Neugestaltung der Stadtmitte gekauft. Mit Hilfe eines Investors wurde das Gebäude zwischen 2009 und 2011 grundsaniert und ist wieder zu einem Schmuckstück geworden. Mit seinen Arztpraxen, Kanzleien, Geschäften, Wohnungen und Gaststätten trägt der Komplex ganz wesentlich zur Belebung der Innenstadt bei.
Neugestaltung des Schafplatzes
Bereits um die Jahrtausendwende gab es von verschiedenen Seiten Überlegungen, die Stadtmitte mit dem Schafplatz neu zu gestalten und dabei den Triefenbach zu öffnen. Nach einigen Jahren intensiver Beratungen beschloss der Stadtrat im März 2008 einstimmig das Jahrhundertprojekt nach den Entwürfen der Stadtplaner Liem und Bachtler zu realisieren. Im März 2009 begannen die Bauarbeiten mit dem Abriss des Kioskes und der Erneuerung der Ver- und Entsorgungsleitungen. Mit dem Ausheben und Anlegen des neuen Bachbettes wurde der Stadtkern zur Großbaustelle, zumal zeitgleich die Schaf-Sanierung lief und auch das Sparkassengebäude umgestaltet und renoviert wurde. Eine schwere Zeit für die Geschäftswelt und die Anlieger. Es hat sich jedoch gelohnt. Insgesamt wurden 9 Millionen Euro in das neue Stadtzentrum investiert. Nach ca. zweijähriger Bauzeit wurde das rundum gelungene Werk im Rahmen eines Stadtfestes am 7. und 8. Mai 2011 eingeweiht.
Zu Ehren und zum Gedenken an den 2017 verstorbenen Stadtbürgermeister Werner Kastner, der die treibende Kraft für dieses Großprojekt war, wurde in einer Feierstunde am 31.August 2019, der nördliche Teil des Schafplatzes in „Werner-Kastner-Platz“ umbenannt.
(Hubert Minges, Heimatbund Edenkoben e. V., 2024)