Turm und alte Turminschrift der Pfarrkirche St. Martinus in Koblenz-Lay

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Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Koblenz
Kreis(e): Koblenz
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 19′ 18,9″ N: 7° 32′ 33,28″ O 50,32192°N: 7,54258°O
Koordinate UTM 32.396.251,96 m: 5.575.439,61 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.396.285,60 m: 5.577.230,08 m
  • Turm der Pfarrkirche St. Martinus von Südosten (2023)

    Turm der Pfarrkirche St. Martinus von Südosten (2023)

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  • Östlicher Giebel mit Turminschrift (2023)

    Östlicher Giebel mit Turminschrift (2023)

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    Turminschrift (2022)

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  • Gotisches Turmkreuz mit Wetterhahn (2023)

    Gotisches Turmkreuz mit Wetterhahn (2023)

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Der Glockenturm ist der älteste Teil der spätromanischen Pfarrkirche St. Martinus. Das mit Ecklisenen, Kleeblattbogenfries und Biforienfenstern reich gegliederte 3. Geschoss, ebenso die Giebel sowie das Rhombendach, auch Rheinische Haube genannt, wurden um das Jahr 1240 errichtet. Die beiden unteren ungegliederten Geschosse sind wesentlich älter. Sie gehörten bereits zu einer kleineren Vorgängerkirche, die an gleicher Stelle stand. Seit September des Jahres 2022 erstrahlt der Kirchturm in neuem Glanz (Bild 1). Er wurde grundlegend restauriert, erhielt ein neues Dach und einen neuen Außenanstrich in gebrochenem Weiß und historischen rotbraunen und ockergelben Farbtönen. Im östlichen Giebel, unter dem Kleeblattbiforienfenster, fällt dem Betrachter eine Inschrift in rotbraunem Farbton auf, die sich gut vom hellen Umfeld abhebt. Die Inschrift wurde 1869 aus dem Anlass einer umfangreichen Restaurierung des Kirchturmes in den frischen Putz eingraviert und blieb so der Nachwelt erhalten (Bild 2). Diese Restaurierung war nur eine von vielen dieser Art, die notwendig waren, um das altehrwürdige Bauwerk über die Jahrhunderte zu erhalten. Nachfolgend sind einige dokumentierte Restaurierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen aufgeführt. Bis zum Ende des Kurfürstentums Trier 1802 musste der Zehntherr, seit 1440 war dieser das Stift Münstermaifeld, für die Erhaltung des Kirchturmes sorgen. Danach hatte die Pfarrgemeinde selbst, zeitweise unterstützt von der Gemeinde Lay, für die Erhaltung des Kirchturmes aufzukommen.

Sturmschäden
Im März 1847 muss ein orkanartiger Sturm durch das Moseltal gefegt sein, der das Dach des Kirchturmes 'teilweise herunter geschlagen' hatte. Erst 1849 wurde das Kirchturmdach wieder vollständig aufgebaut. Die Kosten wurden jeweils zur Hälfte aus der Kirchen- und der Gemeindekasse bezahlt. Die damals zur Reparatur verwendeten Dachsparren haben einen kleineren Querschnitt und sind gehobelt im Gegensatz zu den grob behauenen Originalsparren. So lassen sich noch Dachsparren im Turmhelm lokalisieren, die1849 erneuert wurden. Infolge des Sturmschadens wurde das Dach zumindest teilweise oder gar komplett neu mit Schiefer eingedeckt.

Im Oktober 1862 schenkten die Angehörigen des im Juli in der Mosel ertrunkenen und in Lay beerdigten Sir James B. Winstanley der Kirchengemeinde 60 englische Pfund. Das Geld sollte für die bereits anstehende notwendige Instandsetzung des Kirchturmes verwendet werden. Als Gegenleistung verpflichteten sich Kirchen- und Zivilgemeinde, das Grab von Sir Winstanley auf ewig erhalten zu wollen, was wohl irgendwann in Vergessenheit geriet - denn das Grab ist schon lange verschwunden.

Renovierungsgeschichte
Die umfangreiche Restaurierung des Kirchturmes erfolgte 1869. Pastor Johann Adam Roth hatte für die Ausführung der Steinmetzarbeiten den Koblenzer Steinmetz Corde beauftragt. Es wurden fehlende Gesims- und Gurtsteine ersetzt und Säulchen der Biforienfenster erneuert. Die Steinmetzarbeiten beliefen sich auf 131 Thaler, 1 Silbergroschen. Die Verputzer- und Anstreicherarbeiten wurden von vier Layer Handwerkern ausgeführt. Nach deren Rechnung über 201 Thaler, 9 Silbergroschen wird der gesamte Turm neu verputzt und gestrichen worden sein. Sie gravierten ihre Namen in den frischen Putz im Giebel des Turmes ein (Bild 3) und verewigten sich damit. Die Inschrift wurde bei den Restaurierungen 1976 und 2022 farblich hervorgehoben.

Die Handwerker:
Franz HELM, Maurer *1823, Lay +1898, Lay
PHilipp WEINAND, Maurermeister *1823, Lay +1883, Lay
Wilhelm HELM, Winzer *1827, Lay +1907, Lay
Johann HONSDORF, Tagelöhner.

Letzterer lässt sich nicht eindeutig zuordnen, da es damals zwei Personen mit Namen Johann Honsdorf in Lay gab. Beide waren Tagelöhner und könnten gemäß ihren Lebensdaten mitgearbeitet haben (*1837 +1876) bzw. (*1841 +1909), beide */+ Lay.
Alle Genannten entstammen alteingesessenen Layer Familien, waren 1869 bereits verheiratet und hatten eigene Familien gegründet. Maurermeister Philipp Weinand wird noch bei weiteren Maurerarbeiten an der Kirche in jener Zeit erwähnt. Winzer Wilhelm Helm dürfte als Handlanger tätig gewesen sein. Die Gesamtkosten der ausgeführten Arbeiten beliefen sich auf 526 Thaler, 16 Silbergroschen und mussten von der Kirchengemeinde aufgebracht werden. Dass dies damals eine stattliche Summe war, lässt sich mit folgendem Beispiel ein wenig verdeutlichen. 1862 beschaffte die Kirchengemeinde ihre erste Orgel von der Orgelfabrik Weil in Neuwied für 415 Thaler, sie wurde bis 1984 in der Pfarrkirche genutzt.

Nachdem Lay 1921 mit elektrischem Strom versorgt wurde, erfolgte 1926 eine wesentliche Modernisierung im Inneren des Kirchturmes. Die damals noch drei im oberen und unteren Glockenstuhl hängenden Bronzeglocken wurden erstmals mit einer elektrischen Läuteanlage ausgestattet. Das mühsame Läuten mittels Seil hatte damit ein Ende. Die größte der drei Glocken musste leider 1942 für Rüstungszwecke abgegeben werden und kam nicht mehr zurück.

1927 inspizierte der Provinzialkonservator der Rheinprovinz, Theodor Wildemann Kirche und Turm. Zum Kirchturm stellte er fest, dass der Kaiserstiel (senkrechter Rundbalken in der Turmspitze zwecks Aufnahme des Turmkreuzes) wegen Undichtigkeit an der Kreuzfassung faul war. Infolgedessen hing das darin befestigte gotische Turmkreuz schief und hätte eines Tages herunterfallen können. Damit dieses wieder einen festen Halt hatte, musste der Kaiserstiel erneuert werden. Dieses wird 1929 geschehen sein, nachdem im Zuge der 1928/29 erfolgten Kirchenerweiterung der Turm teilweise neu verputzt wurde und einen neuen Anstrich erhielt.

1976 wurden unter Pastor Bruno Ziegler der spätromanische Altbau der Kirche und der Turm mit einem neuen Anstrich versehen. Restauratorin Schreyögg, Leutesdorf und Bistumskonservator Dr. Ronig, Trier hatten nach alten Farbspuren die neuen Farben zusammengestellt. Die fachgerechte Auftragung der Mineralfarben übernahmen mehr als 20 freiwillige Layer Helfer unter der Leitung von Malermeister Matthias 'Meddi' Werner. Im Kirchturm wurde das 1919 eingebaute und jetzt defekte Werk der Turmuhr stillgelegt und das Schlagwerk entfernt. Auch verschwand das große Zifferblatt (2 m Durchmesser) am nördlichen Giebel des Turmes, das noch von einer Vorgängeruhr stammte (1738 erste Erwähnung einer Turmuhr). Aus statischen Gründen wurden die beiden 1377 und um 1440 gegossenen Bronzeglocken, die bis dahin getrennt im oberen und unteren Glockenstuhl hingen, im oberen Glockenstuhl im Giebelgeschoss des Kirchturmes vereint.

2021 sollte das schon längst fällige Rhombendach eine neue Schiefereindeckung erhalten, schadhafte Gesimse erneuert und die Turmfassade mit einem neuen Anstrich versehen werden. Doch es kam noch einiges hinzu. Nach Entfernen des alten Schiefers und Öffnen des Daches trat eine zum Teil marode Unterkonstruktion zutage. Drei vermoderte Dachsparren mussten komplett ersetzt werden. Sechs Sparren wurden mit seitlichen Ergänzungen gestützt. Weiteres nicht mehr tragfähiges Holz und die Turmentwässerung mussten erneuert werden. Die vier Rhombenflächen des Daches wurden mit einer neuen Bretterverschalung versehen und mit Naturschiefer eingedeckt. Der wieder vermoderte Kaiserstiel wurde durch eine Metallkonstruktion ersetzt, das gotische Turmkreuz restauriert und der Wetterhahn galvanisch vergoldet (Bild 4). Der Kirchturm erhielt einen neuen Außenanstrich mit Mineralfarben, die von Dipl. Restaurator Dr. Thomas Lutgen, Trier nach historischen Farbfassungen ermittelt wurden. Es sind dies die gleichen Farbkompositionen, wie sie bereits für den Westgiebel und die Nordseite der Kirche im Jahr 2017 zur Anwendung kamen. Die Arbeiten waren im September 2022 abgeschlossen und lassen den Turm und den spätromanischen Teil der Pfarrkirche St. Martinus für die nächsten Jahrzehnte hoffentlich in einem ansprechenden Äußeren erscheinen.

(Rolf Morbach, Koblenz-Lay, 2023)


Quellen
StA Koblenz, Bestand D2, Ex Libris - Chronik Pastor Wilhelm Simon
StA Koblenz, Bestand D2 Nr. 18, Familienbuch der Pfarrei Lay
BA Trier, Bestand 71, 126 Nr. 14
Eigene Dokumentation

Turm und alte Turminschrift der Pfarrkirche St. Martinus in Koblenz-Lay

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Pastor-Simon-Straße 8
Ort
56073 Koblenz
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Vor Ort Dokumentation, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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Rolf Morbach: „Turm und alte Turminschrift der Pfarrkirche St. Martinus in Koblenz-Lay”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-351908 (Abgerufen: 29. April 2024)
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