Pfaffeneiche in Königsdorf

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Frechen
Kreis(e): Rhein-Erft-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 56′ 2,09″ N: 6° 46′ 30,76″ O 50,93391°N: 6,77521°O
Koordinate UTM 32.343.673,85 m: 5.644.832,99 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.554.538,53 m: 5.644.581,07 m
  • Pfaffeneiche in Königsdorf (2024)

    Pfaffeneiche in Königsdorf (2024)

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Von den ursprünglich zwei bedeutenden, das Ortsbild prägenden Dorfbäumen von Großkönigsdorf, der Königslinde und der Pfaffeneiche, existiert heute nur noch der letztgenannte (Heeg 2018, S. 77f). Die ‚Königslinde', die einst an der Aachener Straße vor der Wirtschaft Trebels stand (Aachener Str. 115), wurde 1909 gefällt (Heeg 2018, S. 78f). Irreführenderweise ist mit dieser Linde in den 1880er Jahren eine Legende verknüpft worden, die den Baum bis heute hartnäckig in „romantisierender Erinnerung“ hält. So ist diese Linde der Königsdorfer Bevölkerung durchaus bekannter als die bis heute erhaltene sogenannte Pfaffeneiche.

Beschreibung
Die Pfaffeneiche steht vor dem Haus Augustinusstraße 33. Laut einem Gutachten, welches die Stadt Frechen in Auftrag gegeben hat, handelt es sich um eine Stieleiche, deren Alter auf circa 400 Jahre geschätzt wurde (Kurzgutachten, wörtlich zitiert in Heeg 2018, S. 82). Heeg (2018, S. 82) entnimmt einem Lageplan von 1987, dass die Eiche einen Stammdurchmesser von 1,5 Metern und somit einen Stammumfang von circa 5 Metern hat.
Aufgrund ihres hohen Alters und des altersbedingt teilweise faulen und hohlen Stammes, wurde die Eiche mit Erhaltungsschnitten versehen und mittels Spannseilen zwischen den beiden Hauptästen stabilisiert. Dennoch treibt sie jedes Jahr gut aus.

Geschichte, Namensherkunft und Funktion
Der Standort des Baumes stellte sich aus historischer Sicht wie folgt zusammen: Einst erstreckte sich das Straßendorf Großkönigsdorf beidseits der Aachener Straße, damals „Landstraß“ genannt. Die westliche und südliche Begrenzung des historischen Ortes bildete die damalige „Mahrgaß“ (damals Hambloch-Mühlen-Straße), die östliche Begrenzung erfolgte durch die damalige „Liechgaß“ (= Leichengasse, heute Augustinusstraße). Die Mahrgaß mündete an zwei Stellen in die Liechgaß - so wurde ein zipfelförmiges Grundstück, bewachsen mit Gebüsch, im südöstlichsten Teil des Dorfes geformt, die sogenannte „Pfaffenhecke“. Gegenüber dem südöstlichsten Zipfel dieser Pfaffenhecke steht die „Pfaffeneiche“.
Der Begriff „Pfaffe“ bedeutet Geistlicher - vermutlich, so Heeg (2018, S. 83), stammt der Name daher, dass die Großkönigsdorfer Bevölkerung durch die Liechgasse gehen musste, um zur Kirche und zum Kirchhof in Buschbell zu gelangen und dann die Hecke und die Eiche passierte. Die Liechgasse, also Leichengasse, war also eine wichtige Wegeverbindung als Leich- und Kirchweg zwischen Großkönigsdorf und seiner Pfarre Buschbell, welches damals noch ‚Vogtsbell' hieß.
Allerdings wurde dieser althergebrachte „Pfarrbezirk“ im Laufe des 16. Jahrhunderts geteilt, da nun das Territorialprinzip den bislang praktizierten Personenverbandsstaat durch räumlich abgegrenzte Gebiete ablöste. Die Landesgrenze zwischen Kurköln und dem Herzogtum Jülich verlief somit zwischen Großkönigsdorf und Buschbell: „Vogtsbell (=Buschbell) war nun eine Unterherrschaft des Herzogtums Jülich; Großkönigsdorf ein eigenes kurkölnisches Amt“ (Heeg 2018, S. 86).

Zur Markierung des Grenzverlaufes wurden zu damaliger Zeit markante natürliche Elemente, vorzugsweise Bäume, bestimmt. In einem Protokoll zu einem 1657 durchgeführten Limitengang, das sind regelmäßig alle 20-30 Jahre durchgeführte Kontrollgänge entlang der Grenze, wurde festgestellt, dass die Grenzeiche samt Wurzel unrechtmäßig entfernt worden war (Heeg 2018, S. 87f)! Täter war wohl der damalige Königsdorfer beamtete Burgzöllner ‚Johan Katzen', der mit dieser hochbrisanten Aktion „eine Krise mit kriegerischen Folgen“ hätte auslösen können (Heeg 2018, S. 88). Zum Glück wurde dies mit der zeitnahen Pflanzung einer neuen Eiche, der heute noch existierenden Pfaffeneiche, verhindert. Gleichzeitig ist dadurch auch eine Datierung der Eiche möglich: Sie wurde um 1657/1658 gepflanzt und steht somit (im Jahr 2024) seit etwa 367 Jahren auf ihrem Grenzpunkt (Heeg 2018, S. 88). Da sie sicherlich nicht als allzu dünner Baum oder gar als Eichel gesetzt wurde, kommt das im Gutachten geschätzte Alter von circa 400 Jahren hin. Ihre Vorgängerin muss mit Bildung der Unterherrschaft Vogtsbell etwa um die Mitte des 16. Jahrhunderts gepflanzt worden sein.

Bei Baumschnittarbeiten wurde eine 2,2 Kilogramm schwere eiserne Kanonenkugel gefunden, die wohl während der kämpferischen Auseinandersetzungen im Pfälzischen Krieg (1688-1697) in einem Ast eingeschlagen und im Laufe der Zeit eingewachsen ist (Heeg 2018, S. 90).
Unter Napoleon wurden die bisherigen Territorialgrenzen aufgehoben und die Mairien Lövenich und Frechen festgelegt. Da nun Vermessungssteine verlegt wurden, verlor die Pfaffeneiche ihre offizielle Grenzmarkierungsfunktion, stand jedoch weiterhin als Orientierungspunkt auf dem Grenzverlauf. Dieser veränderte sich erst im Laufe der Industrialisierung durch Gebietsabtretungen und der kommunalen Neugliederung 1975, seitdem Königsdorf zu Frechen gehört.
Jedoch markiert die Pfaffeneiche bis heute noch einen Eckpunkt eines Privatgrundstückes, nämlich der im Jahre 1906 errichteten Villa Berbuer an der Augustinusstraße 33. Der Kölner Fleischbeschauer und Rentner Heinrich Berbuer suchte sich bewusst das Grundstück neben der markanten Pfaffeneiche aus - als passende Kulisse für sein Bauvorhaben (Heeg 2018, S. 93f).

Kulturhistorische Bedeutung und heutiger Zustand
Bis heute treibt der Baumveteran jedes Frühjahr neue Blätter aus und wird durch Baumpflegemaßnahmen erhalten. Leider wurde die Eiche durch den Neubau der Straße „Steinzeugstraße“ beschädigt, da sie von der Gehwegbefestigung eingezwängt wird.
Seit rund 367 Jahren nimmt sie eine Grenzmarkierungsfunktion ein. Während sie heute lediglich eine Grundstücksecke markiert, war sie von 1657 bis 1801 offizieller Grenzbaum für die Mitte des 16. Jahrhunderts festgelegte Territorialgrenze zwischen dem Kurfürstentum Köln und dem Herzogtum Jülich und hatte somit eine sehr hohe territorialpolitische Bedeutung. Zudem ist sie überlebendes Zeugnis für Kampfgeschehen des Pfälzischen Krieges, die hier vor Ort stattgefunden haben: Sie überlebte eine Verletzung durch eine Kanonenkugel, die bei Baumpflegearbeiten gefunden wurde.
Aufgrund der großen zeitlichen Dimension von circa 400 Jahren und ihrer überaus territorialpolitisch wichtigen Position ist sie - im Verbund mit ihrem Standort - ein überaus wichtiges Zeugnis für die Zeitspanne ab Mitte des 16. Jahrhunderts (Etablierung der Territorialgrenzen als Ersatz für den Personenverbandsstaat). Hinzugezählt werden muss ihr Seltenheitswert: Es gibt nicht mehr viele Baumveteranen diesen Alters und vergleichbarer bedeutender Funktion.
Insgesamt ist die kulturhistorische Bedeutung der Pfaffeneiche in Königsdorf als sehr hoch einzustufen.

(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2024)

Literatur

Heeg, Egon (2018)
Die Pfaffeneiche in Königsdorf. Baum ohne Legende, aber mit wahrer Geschichte. (Pulheimer Beiträge zur Geschichte, Band 42 (2018).) S. 77-102. Pulheim.
Heeg, Egon / Verein für Geschichte e.V. (Hrsg.) (2011)
Die Aachener Straße und Königsdorf - Die Geschichte einer Beziehung. (Pulheimer Beiträge zur Geschichte, 34. Sonderveröffentlichung.) S. 75-138. Pulheim.

Pfaffeneiche in Königsdorf

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Augustinusstraße 30
Ort
50226 Frechen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1550 bis 1657

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Nicole Schmitz (2024): „Pfaffeneiche in Königsdorf”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-346469 (Abgerufen: 20. März 2025)
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