Zum Rheinischen Braunkohlenrevier
Das Rheinische Braunkohlenrevier erstreckt sich über 2.500 Quadratkilometer von Brühl im Osten bis zur niederländischen Grenze im Westen.
In drei Gebieten lag die Kohle sehr nahe an der Erdoberfläche und war daher leicht zu gewinnen: in der „Villescholle“ von Brühl nach Grevenbroich, in der „Erftscholle“ bei Frechen und Bergheim und in der „Rurscholle“ bei Eschweiler. Entstanden ist die Braunkohle vor etwa 15 Millionen Jahren.
Vor allem in der Zeit der Industrialisierung stieg die Nachfrage nach Braunkohle sprunghaft an und es wurde auf maschinelle Herstellung der Briketts umgestellt, um die Produktion zu beschleunigen. Zur Zeit des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Braunkohle eine wichtige Bedeutung zuteil, lieferte sie doch auch hier die, vor allem für die Wirtschaft, dringend benötigte Energie. Um sie zu gewinnen musste mit neuem technischem Gerät immer tiefer gegraben und neue Kraftwerke gebaut werden.
Tagebau Fortuna
Bereits im 19. Jahrhundert wurde im Bereich der „Grube Fortuna“ nach Braunkohle geschürft.
Der Bauer Peter Meul stieß 1850 beim Umgraben seines Feldes auf Kohle. Sofort wusste er, was er da entdeckt hatte und begann sie abzubauen, um damit Briketts (auch Klütten genannt) zu produzieren.
Den Durchbruch erreichte er damit aber nicht und musste seine Klütten-Produktion, sowie die zugehörigen Braunkohlegruben, hoch verschuldet abgeben.
Der Betrieb ging an Simon von Oppenheim. Der Bankier brachte genug Einfluss und Geld mit, das er in den Bergbau einbringen konnte.
Adolf Silverberg - eigentlich Tuchhändler - wiederum erkannte die Zukunft dieser neuen Industrie und kaufte dem Sohn von Simon von Oppenheim (Eduard von Oppenheim) die Grube Giesberg-Fortuna, die Ländereien Schlenderhan, auf denen auch gegraben wurde und die Grube Urwelt ab.
Alles zusammen gehörte fortan zu der neuen, von ihm gegründeten Gewerkschaft „Fortuna zu Giersberg-Fortuna bei Quadrath“.
Mit der Errichtung der beiden Brikettfabriken Fortuna I und Fortuna II 1898 konnten nun Briketts maschinell und nicht mehr per Hand hergestellt werden, was die Produktion erhöhte. So konnte man auf die stark wachsende Energienachfrage der Industrie während der Industrialisierung reagieren.
Schon damals galt die gewonnene Kohlemenge zur Brikettherstellung als herausragend, wenn die Gruben auch weitaus noch nicht so tief waren und so viel Raum einnahmen, wie die späteren Tagebaue. Doch die Nachfrage nach Braunkohle wuchs stetig.
Der Sohn von Adolf Silverberg, Paul Silverberg, gründete die „Rheinischen Actien-Gesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation“ (RAG) - später Rheinbraun AG - und schloss darin mehrere Braunkohlenwerke zusammen.
1899 wurde eine Kantine für die Arbeiter errichtet und aufgrund des starken Zustroms von Arbeitern entstand eine Siedlung - die Arbeitersiedlung Fortuna.
Im Laufe des Zweiten Weltkriegs war die Grube Fortuna so sehr von Angriffen betroffen, dass die Stromversorgung unterbrochen werden musste. Nach dem Krieg wurde die Arbeit wieder aufgenommen und der Tagebau weiter ausgebaut.
1953 entwickelte man einen neuen, extra großen Schaufelradbagger, um noch effektiver graben zu können. Die beiden Gruben „Fortuna-Beisselsgrube“ und „Grube Fortuna“ wurden zum „Großtagebau Fortuna“ verbunden. Es gab fünf Kraftwerke: Fortuna, Fortuna-Nord, Fortuna I, Fortuna II und Fortuna III, die durch den Großtagebau beliefert wurden.
1955 nahm der Tagebau Fortuna-Garsdorf seinen Betrieb auf. Erstmals wurde hier bei dem gesamten Abbauvorgang neue Technologie und Maschinen eingesetzt, wodurch noch mehr Kohle gewonnen und mehr Strom produziert werden konnte. Zugleich wurde aber auch mehr Land in Anspruch genommen, das Grundwasser musste weiter abgesenkt und mehr Orte mussten umgesiedelt werden.
Es wurden politische Ausschüsse und der „Erftverband“ gegründet.
Die Arbeitersiedlung Fortuna war zu einem richtigen Ort herangewachsen mit beinahe 2.000 Einwohnern, Bahnhof, Kirche, Gaststätten, Vereinen usw.
1960 war der Bedarf an Strom derart hoch, dass die Kraftwerke in Fortuna an ihre Grenzen gerieten und daher errichtete man 1961 ein weiteres Kraftwerk, Fortuna IV in Niederaußem.
1966 musste das Kloster Bethlehem und inmitten der 1980er Jahre sogar die Arbeitersiedlung Fortuna dem Tagebau weichen. Dort entstand der Tagebau Bergheim.
2004 war der Tagebau Fortuna-Garsdorf „ausgekohlt“. Die Fläche wurde rekultiviert.
Tagebau Bergheim und das „Fortunafeld“
1984 begannen die Arbeiten am Tagebau Bergheim. Er überlagerte teilweise den einstigen Tagebau Fortuna, da man jetzt durch technische Weiterentwicklung noch tiefer graben konnte als zuvor. Einen Zugang gab es über den Tagebau Fortuna-Garsdorf.
Die Kohle aus dem Tagebau Bergheim war sehr ergiebig.
Mit dem durch den Kohleabbau entstandenen Abraum wurde der Tagebau Fortuna-Garsdorf wieder aufgefüllt, sowie das „Marienfeld“ aufgeschüttet.
2005 war auch der Tagebau Bergheim ausgekohlt und die Fläche rekultiviert - das heutige Fortunafeld. Die Erde zur Befüllung stammte aus dem Tagebau Hambach.
Auf dem Gelände des heutigen Fortunafeld lagen unter anderem einst der Ort Fortuna, das alte Schloss Schlenderhan samt Park und das Kloster Bethlehem. Heute sind Felder und Wäldchen auf dem rekultivierten Gelände. Man kann dort mit dem Fahrrad entlangfahren oder spazieren gehen. Erinnerungstafeln weisen auf die nicht mehr vorhandenen Stätten hin und erinnern an sie.
(Sandra Wagner, Kreisarchiv Rhein-Erft-Kreis, 2023)
Quellen
Kreisarchiv Rhein-Erft-Kreis:
- Lokales und Provinzielles, Kreisblatt für den Kreis Bergheim, 08.11.1902, Seite 1
- Lokales und Provinzielles, Kreisblatt für den Kreis Bergheim, 22.06.1904, Seite 2
- Zum Jubiläum Glockenturm saniert, Oberaußemer erinnern an die vor 100 Jahren geweihte, St.-Barbara-Kirche, die dem Tagebau weichen musste, KStA Nr. 234, 22.08.2023, S. 22