Gründung
Im Jahr 1918 wurde die Stelle des Kauber Evangelischen Pfarrers mit Dr. Rudolf Michel neu besetzt. Dr. Michel hatte schnell ein gutes Verhältnis zu seiner Gemeinde erlangt. Die Menschen kamen mit ihren Sorgen zu ihm und so auch die Schifferfrauen mit der Bitte, doch in Kaub ein Schifferkinderheim zu organisieren.
Aus Dr. Michels Aufzeichnungen über seine Zeit in Kaub von 1918 bis 1925 einige Fakten zur Entstehung des Schifferkinderheimes. Im August 1920 knüpfte Michel erste Kontakte zur Schiffermission und in Duisburg zu den dortigen Schifffahrtskreisen. Aus kleinen Beiträgen von Schiffern wurde durch rührige Sammler in den Haupthäfen, besonders Duisburg, schließlich 17000 Mark zusammengebracht. In der Vorarbeit für das Schifferkinderheim am Standort Kaub kam es 1922 zu einer Stockung, weil plötzlich das Haus Elsenburg an einen Amerikaner verkauft wurde, ein anderes Haus damals nicht in Frage kam und an einen Neubau nicht zu denken war. Im Sommer 1924 bot Frau Rörsch Dr. Michel ihre Villa an, die auf dem Weg zum Friedhof stand. und das ehemalige städtische Carbidwerk war. Nach der Inflation waren alle früheren Versprechungen nicht mehr aktuell und es mussten neue Geldquellen gefunden werden. Dr. Michel wandte sich an den Vorsitzenden des Evangelischen Vereins für Innere Mission in Nassau und des Landesverbundes für Innere Mission, Herrn Konsistorialrat Kortheuer in Wiesbaden. Dieser war bereit, den Ankauf des genannten Hauses als Schifferkinderheim in Besitz des Evangelischen Vereins für Innere Mission näherzutreten. Am 1. Oktober 1924 kam der Kauf zustande. 20.000 Mark kostete das Haus. Für den Umbau des Hauses und seine innere Einrichtung wurden noch 13.000 Mark gebraucht. Die Vorstandsdamen der Kauber Frauenhilfe kümmerten sich bis ins Kleinste um die Ausstattung des Hauses.
Im Januar 1925 konnten die ersten vier schulpflichtigen Schifferkinder einziehen. Zum 1. April, dem Beginn des neuen Schuljahres, war das Haus mit seinen 28 Plätzen (später 32) besetzt. Die feierliche Weihe des Hauses vollzog am 28. Juni 1925 der inzwischen zum Landesbischof gewählte Vorsitzende des EV. Vereins für Innere Mission in Nassau Kortheuer. Kaub feierte das Ereignis mit viel Fahnenschmuck an den Häusern. Nach einem Artikel in der Rheinzeitung aus dem Jahre 1981 hat der Vorstand des „Evangelischen Vereins für Innere Mission in Nassau, Rechtsträger des Schifferkinderheimes in Kaub, die Schließung dieser Einrichtung zum Ablauf des Schuljahres 1980/81 beschlossen. Als Grund für diese Maßnahme wurde u.a. der Strukturwandel in der Binnenschifffahrt genannt. Die Zeitschrift “Rheinschiffahrt„ Nr. 11, vom 10. Juni 1978, wies auf den grundlegenden strukturellen und technischen Wandel in der Binnenschifffahrt bezogen auf das Familienleben hin: “Nur der Vater fährt weiter im Schichtwechsel. Die Schifferfamilie selbst führt ein Familienleben, das mit der Familie eines Fernfahrers vergleichbar ist.„ Im Jahre 1980 lebten nur noch sieben Schifferkinder in dem Haus, das für 32 Kinder ausgelegt war.
(Klaus Gröhn, Kaub, 2023)