Ehemaliges Backes in Briedel

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Briedel
Kreis(e): Cochem-Zell
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 01′ 24,44″ N: 7° 08′ 57,33″ O 50,02346°N: 7,14926°O
Koordinate UTM 32.367.431,26 m: 5.542.879,63 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.582.399,89 m: 5.543.650,86 m
  • Ehemaliges Backes in Briedel

    Ehemaliges Backes in Briedel

    Copyright-Hinweis:
    Sammlung Hermann Thur
    Fotograf/Urheber:
    Sammlung Hermann Thur
    Medientyp:
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    Ehemaliges Backes in Briedel

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In Briedel gab es schon im Mittelalter ein Gemeinschafts-Backhaus, ein Backes.

Das älteste Backhaus stand in der „Hunnergaas“, heute Springiersbacherstraße/Kurtel. Bei einem Großbrand 1767 wurde es dort vernichtet und so errichtete die Gemeinde ein neues Backhaus in der „Backesgaas“ heute Eltzerhofstraße. Das Baugrundstück ist wahrscheinlich die Fläche, auf der das nach 1728 von den Grafen von Eltz abgebrochene baufällige zweite Kelterhaus gestanden hatte und das der Gemeinde verkauft wurde. Es handelte sich ursprünglich um eine eingeschossige Halle, in deren hinterem Teil ein großer Backofen eingebaut war. Es war aus Bruchsteinen errichtet, grob verputzt und mit einem weißen Kalkanstrich versehen. Der Boden war ein festgestampfter Lehmboden. Die Armut von Gemeinde und Nutzern kam hier zutage. 1873 wurde das Gebäude grundlegend renoviert und um eine Etage als Lagerraum, vornehmlich fürs Heizmaterial, aufgestockt. Ein neuer Backofen aus Basaltblöcken wurde von einer Mayener Firma eingebaut. Auch der Fußboden wurde befestigt und mit Steinplatten ausgelegt. Später musste der Backofen nochmals erneuert werden, diesmal wurde die Backröhre aus Backsteinen errichtet und mit Schamottsteinen ausgemauert. Nachdem einige Jahre kein Gemeindebäcker tätig war, wurde 1932 das Backes wieder in Betrieb genommen „weil viele Bürger infolge der schlechten Wirtschaftslage nicht mehr in der Lage waren, den Backlohn für den Berufsbäcker aufzubringen“. 1936 wurde zum letzten Mal angeheizt und Brot gebacken. 1960 verkaufte die Gemeinde das zwischenzeitlich als Rumpelkammer verwendete Gebäude und es wurde abgebrochen.

Entstehung und Ablauf
Da von den häuslichen Backöfen eine Brandgefahr für das Haus und damit den ganzen Ort ausging, waren deren Bau und Nutzung schon seit langer Zeit eingeschränkt oder sogar verboten. In anderen Orten gab es oft „Bann-Backhäuser“. Diese waren im Besitz der Grundherrschaft und die Einwohner waren gezwungen, hier ihr Brot backen zu lassen. Der Bäcker war Angestellter oder Pächter und musste einen Teil seines Backlohnes abführen.
Vermögenden Einwohnern, die über ein entsprechendes „feuersicheres“ Haus verfügten, war gegen Zahlung einer Gemeindesteuer (1784 = 6 alb.) jedoch das Backen im eigenen Haus genehmigt worden. 1724 waren das in Briedel acht Familien und in den Folgejahren nahm die Anzahl kontinuierlich zu. Diese privaten Backöfen wurden oft auch verwandten Familien und Nachbarn zur Verfügung gestellt. Aus Erbverträgen ist uns bekannt, dass die Übernahme des elterlichen Wohnhauses oftmals damit verbunden war, dass der Backofen weiterhin von den ausscheidenden anderen Geschwistern weiter genutzt werden durfte. Aus diesen privaten Backöfen entwickelten sich dann im Laufe der Zeit einige Bäckereien, die auch ein um Kuchen erweitertes Angebot hatten und von den Einwohnern bald angenommen wurden.

Mehrfach kam es zu Missernten bei Getreide, woraufhin, wie z.B. 1771, die Gemeinde sich bemühte, anderweitig Brotgetreide zur gemeinsamen Nutzung zu erwerben. Dabei gehen wir heute davon aus, dass dieses Mehl dem Gemeindebackes zur Verfügung gestellt wurde, dessen Bäcker nun für alle Einwohner Brot bereitstellte.
Das Backes war an einen Bäcker verpachtet (1724 für 11 Thaler und 6 Albus) und die Gemeinde setzte den Lohn für den Bäcker fest. 1922, so sagen es die Ratsprotokolle, wurde der Backlohn auf 1,20 Mark festgelegt.

Die Einwohner lieferten ihr Mehl an und die Frauen mussten teilweise beim Wirken (Kneten, Ansetzen) des Brotteiges mithelfen. Der mit Sauerteig angesetzte Teig musste ja mehrere Stunden gehen, sodass oft die Vorbereitung am Vortage erfolgen musste. Etwa alle 14 Tage war eine Familie mit dem Backen dran. Die Reihenfolge wurde jährlich bei einem gemeinsamen Treffen neu ausgelost. Später, so erzählten es die Alten, wurde der Teig zuhause vorbereitet und der Backes-Bäcker holte die Laibe mit seinem großen Holzkarren zum Backen ab. Bei Hochzeiten o.ä. konnte eine Familie außerhalb des Loses den Ofen einige Stunden nutzen. Die Montage waren die unbeliebtesten Backtage. Da der nach dem Wochenende ausgekühlte Ofen mehr Zeit und Reben zum Aufheizen benötigte. Da meistens Brot für mehrere Familien gleichzeitig in den Ofen kam, wurden die Laibe vorher mit dem Hauszeichen (der Rune) gekennzeichnet, um Verwechslungen vorzubeugen.

Backofen und Regeln
Der Backofen wurde mit Schanzen (Reisigbündeln) oder abgeschnittenen Reben gestopft und aufgeheizt. Dieses Heizmaterial mussten die Nutzer selbst anliefern. Der Reisig entstammte oft den Rottstücken, wo er beim Abholzen der Lohestangen übrig blieb. Hier war es notwendig, den Diebstahl der Bündel gezielt zu bestrafen.
„Item so einer oder einige mit Schanzen zu rauben erfunden würden, ein Schanz 6 alb. , soviel Schanzen, soviel mal 6 alb. und soll ein jeder Bürger, der es sehen wird, bei seinem Eid anzubringen schuldig sein.,“ Nachdem eine ausreichende Hitze erreicht war, wurde die Restglut und Asche aus dem Ofen entnommen und die Brotlaibe in die heiße Backröhre geschossen (eingeschoben). Vorher prüfte der Backes-Bäcker noch die Temperatur: „Der Bäcker hat seinen Arm reingehalten und hat ganz genau gewusst, ob die Hitze gut war“. wird berichtet.
Die wertvolle Holzasche wurde in einem metallenen Gefäß nach außen gebracht, denn über Nacht durfte kein Feuer und keine Glut im Backofen zurückbleiben. Sie wurde dann zu Gunsten der Gemeindekasse verkauft.
Holz, Textil und andere brennbare Gegenstände durften nicht im Ofen getrocknet werden. „Item ist auch verboten vor immer und allzeit, Flachs in dem Gemeindebackofen zu trocknen wie auch Obst, wer hiergegen tun wird, mit dem Gemeindebäcker zur Straf verfallen = 36 Albus.“

In den beiden Weltkriegen war das Getreide knapp und so wurde auch das Backen stark überwacht und nur mit Mehl aus dem Selbstversorgerbestand oder gegen Bezugsschein durften die Bäcker Brot an ihre Kunden abgeben. 1915 durfte kein Brot ohne Zusatz von Kartoffeln (Kartoffelmehl oder -flocken) gebacken werden. von 6 bis 6 durfte über Nacht kein Backofen angeheizt werden, um „Schwarzbacken“ zu verhindern.

Nachkriegszeit und Ende
Bis in die 1970er war es noch üblich, dass die Winzer Getreide zum Eigenverbrauch anbauten. die hoch beladenen Wagen kamen zur Dreschmaschine in der Bergstraße. Je nach Bedarf wurde im Laufe des Jahres dann Getreide zur Mühle gebracht. Bei uns kam immer die „Franks-Ida“ von der Mühle in Zell mit einem Pferdefuhrwerk vorbei und holte 2-3 Säcke, meist Roggen, zum Mahlen mit. Das Mehl wurde dann zum Bäcker gebracht und der Backlohn für die ganze Menge wurde entrichtet. Als Gegenleistung gab´s „Brotmarken“ mit denen konnte man sich dort nach Bedarf Brot abholen. Das frische Brot roch verführerisch und auf dem Heimweg knabberte ich oft schon ein tiefes Loch in die Endkruste.

(Hermann Thur, Briedel, Mai 2023)

Ehemaliges Backes in Briedel

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Eltzenhofstraße 7
Ort
56867 Briedel
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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Hermann Thur: „Ehemaliges Backes in Briedel”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345383 (Abgerufen: 12. November 2024)
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