Spanplattenfabrik Kaisersesch

ehemals Firma Kübel / 3K Möbelwerke, Rhenodur, Rhenowest, zuletzt Glunz AG, Sonae Arauco

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Eulgem, Kaisersesch
Kreis(e): Cochem-Zell
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 14′ 12,67″ N: 7° 09′ 39,41″ O 50,23685°N: 7,16095°O
Koordinate UTM 32.368.853,27 m: 5.566.583,72 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.582.868,35 m: 5.567.399,21 m
  • Eingangsbereich und Pforte der früheren Spanplattenfabrik in Kaisersesch (2023).

    Eingangsbereich und Pforte der früheren Spanplattenfabrik in Kaisersesch (2023).

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  • Historische Aufnahme aus den 1950/60er-Jahren: Lastwagen der 3K-Möbelwerke des Unternehmers Karl Kübel (1909-2006), dieser vorne rechts im Bild.

    Historische Aufnahme aus den 1950/60er-Jahren: Lastwagen der 3K-Möbelwerke des Unternehmers Karl Kübel (1909-2006), dieser vorne rechts im Bild.

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  • Gebäude der früheren Spanplattenfabrik in Kaisersesch (2023).

    Gebäude der früheren Spanplattenfabrik in Kaisersesch (2023).

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  • Gebäude der früheren Spanplattenfabrik in Kaisersesch (2023).

    Gebäude der früheren Spanplattenfabrik in Kaisersesch (2023).

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  • Hinweisschild vor dem Bereich des einstigen Parkplatzes der früheren Spanplattenfabrik in Kaisersesch (2023).

    Hinweisschild vor dem Bereich des einstigen Parkplatzes der früheren Spanplattenfabrik in Kaisersesch (2023).

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  • Blick über Gebäude der früheren Spanplattenfabrik Kaisersesch, zentral im Bild das auf das Werksgelände führende Industriestammgleis (2023).

    Blick über Gebäude der früheren Spanplattenfabrik Kaisersesch, zentral im Bild das auf das Werksgelände führende Industriestammgleis (2023).

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  • Pfortenhaus und Waage der Spanplattenfabrik Kaisersesch, vorne im Bild das auf das Werksgelände führende Industriestammgleis (2023).

    Pfortenhaus und Waage der Spanplattenfabrik Kaisersesch, vorne im Bild das auf das Werksgelände führende Industriestammgleis (2023).

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  • Abschnitt des Industriestammgleises Kaisersesch an der Einfahrt zur ehemaligen Spanplattenfabrik (2023).

    Abschnitt des Industriestammgleises Kaisersesch an der Einfahrt zur ehemaligen Spanplattenfabrik (2023).

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  • Ein Güterzug mit einer Diesellokotive des Typs der DB-Baureihe V 100 / 211 bei der Ausfahrt aus der Spanplattenfabrik Rhenowest in Kaisersesch über das dortige Industriestammgleis (1990).

    Ein Güterzug mit einer Diesellokotive des Typs der DB-Baureihe V 100 / 211 bei der Ausfahrt aus der Spanplattenfabrik Rhenowest in Kaisersesch über das dortige Industriestammgleis (1990).

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    Martin Zöllner
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  • Ein Güterzug mit einer Diesellokotive des Typs der DB-Baureihe V 100 / 211 bei der Einfahrt in die Spanplattenfabrik der Glunz AG in Kaisersesch über das Industriestammgleis vor Ort (1992).

    Ein Güterzug mit einer Diesellokotive des Typs der DB-Baureihe V 100 / 211 bei der Einfahrt in die Spanplattenfabrik der Glunz AG in Kaisersesch über das Industriestammgleis vor Ort (1992).

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    Guido E. Walter
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Östlich von Kaisersesch, in Richtung des Nachbarorts Eulgem und inmitten des erst durch diese begründeten heutigen Industriegebiets, entstand zu Anfang der 1970er-Jahre eine Spanplattenfabrik. Die nachfolgend mehrfach umbenannte Fabrik bot zeitweise bis zu 350 Arbeitsplätze in der Produktion und der Verwaltung, bevor sie 2009 geschlossen wurde.

Firma Kübel / 3K Möbelwerke, Rhenodur, Rhenowest
Spanplattenproduktion
Glunz AG, Sonae Arauco
Quellen, Internet, Literatur

Firma Kübel / 3K Möbelwerke, Rhenodur, Rhenowest
Der Unternehmer Karl Kübel (1909-2006) hatte Anfangs der 1930er-Jahre in Worms einen Handel mit Möbelbeschlägen gegründet, bevor er 1936/37 unter dem Firmennamen Karl Kübel Worms (KKW) in die Möbelproduktion einstieg.
Noch 1937 übernahm Kübel die Frankfurter Möbelfabrik Lindheim & Co. in Kahl am Rhein des Unternehmers Hugo Salli Lindheim (1892-1943). Der Verkauf erfolgte im Zuge der NS-„Arisierung“ von jüdischem Besitz. In der Nachkriegszeit endeten mehrere Wiedergutmachungs- bzw. Rückerstattungsverfahren in einem offenbar gütlichen Vergleich zwischen den Erben der im Konzentrationslager Auschwitz ermordeten Familie Lindheim und Kübel.
In diesen Jahren entwickelten sich die Kübel-Firmen unter dem Namen 3K Möbelwerke dank preisgünstiger Massenfertigung zu einem der größten Möbelhersteller Europas mit zeitweise insgesamt rund 3.800 Mitarbeitern. Im Jahr 1971 begann die Firma Kübel in Kaisersesch mit der Errichtung eines Spanplatten- und Veredelungswerks, das später eine Gesamtfläche von mehr als 26 Hektar umfasste.

Karl Kübel, der bereits 1952 für seine Mitarbeiter eine familiengerechte Siedlungsbaugesellschaft gegründet hatte, verkaufte um 1972/73 seine Möbelwerke und gründete mit dem Verkaufserlös und einem Großteil seines Privatvermögens die auf die Belange von Kindern und Familien ausgerichtete Gemeinnützige Fördergesellschaft für Forschung, Erziehung und Weiterbildung , Vorgängerin der heute noch tätigen Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie (www.kkstiftung.de).
Offenbar infolge dieses Verkaufs firmierte die Kaisersescher Fabrik nachfolgend zunächst unter dem Namen Rhenodur und dann wenige Jahre später als Rhenowest.
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Spanplattenproduktion
Die für die Herstellung von Spanplatten notwendigen Rohstoffe (Holzspäne, -reste und -stämme) wurden per LKW oder per Bahn über das ab 1973 angelegte eigene Industriestammgleis ab dem Bahnhof Kaisersesch der Eifelquerbahn angeliefert und vor der Weiterverarbeitung in großen Außenlagern im Nordwesten des Fabrikgeländes deponiert.
Die Aufbereitung des Rohmaterials - d.h. vor allem dessen Trocknung - erfolgte auf dem so genannten „Holzplatz“. Im Anschluss wurde die passende Mischung der unterschiedlichen Spansorten als flacher „Kuchen“ aufbereitet, dessen Mitte die gröberen Anteile enthält und dessen Oberflächen aus dem feinsten Streugut bestehen (die beiden späteren Deckschichten). In der „Formstraße“ wurde das mit einem klebenden Bindemittel versetzte Gemisch dann mit einer riesigen Dieffenbacher-Presse über Druck und Temperaturen von um 200-250 °C zu einer „unendlichen“ Platte gepresst. Die Endlosplatten wurden in einem ersten Schritt in „Formatplatten“ von 2,07 x 5,50 Meter Größe besäumt und dann auf der so genannten „Schleifstrasse“ über horizontale Schleifbänder auf die entsprechenden Stärken exakt feingeschliffen. Anschließend wurden die Platten in ein Klimalager überführt, wo sie kontrolliert auskühlen konnten. Im weiteren Verlauf wurden die Spanplatten erforderlichenfalls zu „Halbformaten“ von 2,07 x 2,75 m aufgeteilt und verließen das Werk entweder als Rohspan-Platten oder wurden in die Beschichtung weitergeleitet.
Die im Drei-Schicht-Betrieb produzierten Spanplatten unterschiedlichster Qualitätsstufen und Stärken - von 8 mm für Möbelbau- und Verkleidungsteile bis zu 38 mm für Küchenenarbeitsplatten - konnten im Kaisersescher Werk mit den unterschiedlichsten Beschichtungen versehen werden, so etwa verschiedenen Laminat-Holzdekoren für die Möbelproduktion. Den Endzuschnitt besorgten mehrere große Sägen und Plattenaufteilanlagen, bevor der Transport zu den Kunden in aller Welt erfolgte - darunter zunächst mit großem Anteil auch das seit Mitte der 1970er-Jahre in Deutschland florierende schwedische Möbel- und Einrichtungsunternehmen IKEA.
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Glunz AG, Sonae Arauco
Mitte der 1980er wurden die Kaisersescher Rhenowest Kunststoff- & Spanplattenwerke von dem 1932 im westfälischen Hamm gegründeten Holzwerkstoffhersteller Glunz übernommen. 1987 erfolgte dessen Börsengang und zwei Jahre später begann die nunmehrige Glunz AG den Ausbau ihres Firmensitzes in Hamm zum so genannten „Glunz Dorf“, wo zeitweise auch dorthin entsandte Mitarbeiter*innen der Kaisersescher Werksverwaltung tätig wären.
Währenddessen hielten sich die Investitionen im Kaisersescher Werk in überschaubaren Grenzen. Die Anlagen veralteten zusehends, kleinere und mittlere Brände beschäftigten regelmäßig die freiwilligen Feuerwehren der Nachbarorte und es kam wiederholt zu schweren Arbeitsunfällen mit Personenschäden. Seit Mitte der 1980er rückten an den Wochenenden gleich mehrere Kolonnen von Schüler*innen und Student*innen an, welche die gröbsten Reinigungsarbeiten für 9 DM pro Stunde ausführten.
Immer wieder gerieten auch die Emissionen der Holzverbrennungsanlage der Fabrik in die Kritik. Befürchtet wurde, dass über dort gelagertes und als Sondermüll einzustufendes Holz wie auch über die „in ständig wechselnder Farbe aufsteigende Rauchwolken und über ungewöhnliche Staubniederschläge“ unzulässige Konzentrationen giftiger Substanzen - darunter Schwermetalle, Quecksilber und Halogenverbindungen - in die Atemluft, den Boden und das Wasser gelangen. Über Untersuchungen infolge einer ungewöhnlich hohen Krebsrate im Umfeld des Kaisersescher Industriegebiets wurde 2005 u.a. hochgiftiges Dioxin nachgewiesen (www.bund-rlp.de).

Im Jahr 1998 wurde die Glunz AG von Sonae Arauco aufgekauft, einem der größten Unternehmen für Holzwerkstofflösungen weltweit (www.sonaearauco.com). Nachdem Glunz bedingt durch anhaltende Absatzrückgänge und Überkapazitäten in der Holzwerkstoffindustrie bereits seit Jahresanfang 2009 Kurzarbeit gefahren hatte, wurde die Spanplattenfabrik in Kaisersesch Ende des Jahres mit seinerzeit noch 320 Mitarbeiter*innen von der Sonae Arauco Deutschland GmbH geschlossen (www.material-technik.de).
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Neben einer zu der Sonae Arauco-Gruppe gehörenden Imprägnier-Gesellschaft ImPaper Europe GmbH residieren seitdem auf dem früheren Werksgelände noch kleinere Unternehmen aus der Branche, die teils zuvor bereits in Geschäftsverbindung mit der Spanplattenfabrik gestanden hatten.
In dem benachbarten Industriegebiet unterhält die Classen-Gruppe bereits seit 1994 ihre Firmenzentrale und ein größeres Werk für Laminatböden sowie Wand- und Bodenbeläge aus Kunststoffen.
Aktuell plant das kanadische Familienunternehmen IKO Group im Bereich des frühreren Parkplatzes im Osten des Geländes den Neubau einer Produktionsstätte für Wärmedämmplatten. Mit einer Fläche von ca. 30.000 m2 würde hier das größte und modernste Dämmstoffwerk der international tätigen Firma IKO in Europa entstehen (www.stadt-kaisersesch.de).

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2023)

Quellen
  • Freundliche Hinweise von Herrn Stadtbürgermeister Gerhard Weber, Kaisersesch, Herrn Martin Gorges, Eulgem, und Herrn Markus Leusch (Firma Sonae Arauco), Kaisersesch, 2023.
  • Schriftverkehre und Unterlagen zu „Rhenodur Kunststoff- u. Spanplattenwerk GmbH der Fa. Kübel in Kaisersesch“ (u.ä.) in den Beständen der Deutschen Digitalen Bibliothek (online recherchierbar unter www.deutsche-digitale-bibliothek.de, abgerufen 23.05.2023)

Internet
www.material-technik.de: Glunz schließt Werk Kaisersesch (material+technik möbel, 18. Juni 2009, abgerufen 31.03.2023)
de.wikipedia.org: Karl Kübel (abgerufen 23.05.2023)
de.wikipedia.org: Hugo Lindheim (abgerufen 23.05.2023)
de.wikipedia.org: Glunz (Holzwerkstoffhersteller) / Glunz AG (abgerufen 22.03.2023)
www.bund-rlp.de: Umweltskandal in Kaisersesch - Holzverbrennung in Kaisersesch. Bei Glunz AG stinkt es (skandal-)verdächtig (Pressemeldung vom 16.02.2005, abgerufen 23.05.2023)
www.stadt-kaisersesch.de: IKO stellt sich vor - Ein weiterer Global Player für Kaisersesch (Pressemeldung 2023, abgerufen 23.05.2023)
www.sonaearauco.com: Sonae Arauco Deutschland / ImPaper Europe GmbH, Standort Kaisersesch Industriegebiet (abgerufen 22.03.2023)
www.kkstiftung.de: Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie (abgerufen 23.05.2023)
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Literatur

Ortsgemeinde Kaisersesch; Lutz, Werner (Hrsg.) (1996)
Kaisersesch - erlebte Geschichte. 675 Jahre Kaisersesch - Stadt- und Marktrechtsverleihung. Kaisersesch.

Spanplattenfabrik Kaisersesch

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Industriegebiet
Ort
56759 Kaisersesch
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Kein
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger, Vor Ort Dokumentation
Historischer Zeitraum
Beginn 1972, Ende 2009

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Empfohlene Zitierweise
„Spanplattenfabrik Kaisersesch”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345218 (Abgerufen: 3. Mai 2024)
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