Das Overstolzenhaus ist ein spätromanisches Patrizierhaus aus dem 13. Jahrhundert. Es ist das bedeutendste und älteste erhaltene Patrizierhaus der Stadt Köln. Das in der Rheingasse, auf der Rückseite des Brauhauses „Malzmühle“, etwas versteckt gelegene Gebäude mit der Hausnummer 8 wurde hauptsächlich als repräsentatives Wohn- und Handelshaus genutzt. Die Rheingasse ist neben der Mühlengasse und der Salzgasse eine der drei noch erhaltenen römischen Zugangsstraßen zum Rhein in Köln. Sie führt parallel zum Filzengraben vom Malzbüchel zum Rheinufer. Die Kaufmannsfamilie Overstolz, deren Namen das Overstolzenhaus trägt, war die Stammfamilie des Kölner Patriziats und somit eine der wohlhabendsten und einflussreichsten Familien des mittelalterlichen Kölns.
Geschichte Erbaut wurde das Haus mit seinen markanten Stufengiebeln bauhistorischen Untersuchungen zufolge um 1230 von Blithildis Overstolz (1175-1255) und ihrem Ehemann. Sie war die Tochter von Gottschalk Overstolz, dem Stammvater der Dynastie Overstolz und somit Mitglied einer der bedeutendsten Patrizierfamilien Kölns. Blithildis hatte den Ritter Werner von der Schuren geheiratet, der nun ebenfalls den Namen „Overstolz“ trug. Er hatte durch seinen Schwiegervater, Gottschalk Overstolz, den gesellschaftlichen Aufstieg geebnet bekommen. Das stattliche Gebäude sollte nun dem Gedenken und der wirtschaftlichen Nutzung der Handelsfamilie dienen. Bis 1257 trug es zunächst in den damaligen Schreinsbüchern, die im mittelalterlichen Köln Vorläufer der heutigen Grundbücher waren, nach Werner Overstolz benannt den Namen „Haus zur Scheuren“. Blithildis und Werner vermachten das Haus 1255 ihrem Sohn Johannes. Nachfolgende Besitzer*innen verzichteten wohl teilweise auf die Eintragung in Schreinsbüchern.
Im Laufe der Jahrhunderte gehörte das Overstolzenhaus einigen prominenten Eigentümer*innen aus der Kölner Oberschicht. Vorerst blieb es in den Reihen von Kölner Patrizierfamilien. Zu den Besitzer*innen gehörten die Familien Hardevust, Wallrave, von der Reven, Blitterswich, Hardenrath und von Leykam. Mehrmals drohte dem Gebäude der Abriss. Der letzte private Eigentümer, Bauunternehmer Burrenkopf plante 1838 das Overstolzenhaus für einen Neubau weichen zu lassen. Dieses Vorhaben konnte jedoch durch den Rat der Stadt Köln mit dem Erwerb des Hauses verhindert werden. Man beauftragte den Stadtbaumeister Johann-Peter Weyer mit Umbau und Restaurierung. Die schmuckvolle Innengestaltung übernahm der Maler Michael Welter. Die Stadt Köln stellte die Räumlichkeiten der Industrie- und Handelskammer zur Verfügung, welche diese wiederum zwischen 1843 und 1932 teilweise der Kölner Börse überließ. Im Jahr 1893 bezog das Kölner Kunstgewerbemuseum einige Räume, die es nutzte, bis es im Mai 1900 sein eigenes Museumsgebäude am Hansaplatz einweihte. Nach Umbauarbeiten zwischen 1899 und 1900 erfolgte eine Erweiterung des Gebäudes durch den Stadtbaumeister Hans Verbeek. Bombenangriffe am 30. Mai 1942 führten im Zweiten Weltkrieg zu einem Feuer und vernichteten das Haus weitgehend. Durch erhebliche Kriegszerstörungen waren lediglich das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss der Straßenfassade erhalten. Der Rat der Stadt Köln beschloss am 21. April 1955 den aufwendigen Wiederaufbau zu einem repräsentativen Bauwerk.
Gestaltung Das 19,50 Meter hohe und 14,50 Meter breite Gebäude wurde in seiner Gesamtform und der unteren Hälfte der Fassade erhalten. Die aufwendig gestaltete Fassade des Overstolzenhauses wurde nach Kriegszerstörung komplett rekonstruierend wiederaufgebaut. Ursprünglich bestand das Gebäude aus einem zweischiffigen Keller, zwei Wohngeschossen und vier Speichergeschossen. In den unteren Geschossen befanden sich früher die Empfangs- und Verwaltungsräume. Darüber gelegen, hinter reich verzierten, glaslosen Fenstern erstreckte sich ein prächtiger Festsaal. Die imposante Front mündete in einem breiten viergeschossigen Treppengiebel. Im Gegensatz zur Hofseite, war die straßenseitige Fassade mit aufwendig und unterschiedlich verzierten Fenstern gestaltet. Das Erdgeschoss hatte eine asymmetrische Aufteilung mit zwei großen Rundbogenfenstern auf der linken Seite und einem Kellerzugang in der Mitte, über dem sich ein kleines Fenster befand. Zudem gab es ein den Keller und Eingangsraum belichtendes, geteiltes Stockfenster. Die Tür hatte einen horizontalen Sturz. Das baulich veränderte Erdgeschoss besitzt mittlerweile eine Reihe von fünf rechteckigen Fenstern, die unter Rundbogenblenden mit eingestellten Säulen liegen. Im Obergeschoss gibt es fünf Doppelarkadenfenster mit schlanken Säulen und Blattkapitellen. Einige der Fenster sind vermauert. Noch heute, besonders im urbanen Zusammenhang ist die Hausfassade in der Rheingasse ein architektonischer Blickfang.
Die Fresken des 13. Jahrhunderts Im Inneren des Overstolzenhauses befinden sich trotz Restaurierungen und Kriegszerstörung noch Spuren der mittelalterlichen Ausstattung. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Fresken, die sich vermutlich auf das 13. Jahrhundert datieren lassen. Sie wurden zufällig beim Wiederaufbau des Gebäudes entdeckt. Die Wandmalereien zeigen ritterliche Turnierszenen und sind somit ein selten erhaltenes Beispiel für Schmuck mit profanem Inhalt aus dieser Zeit.
Die heutige Nutzung des Gebäudes Im Laufe der Jahrhunderte hat das Overstolzenhaus u.a. durch Eigentümer*innenwechsel und Kriegszerstörungen zahlreiche Wandel durchlebt. Seit 2006 beherbergt es die Bibliothek/Mediathek der Kunsthochschule für Medien Köln, die als öffentliche Präsenzbibliothek für jedermann zugänglich ist. Der Bestand konzentriert sich inhaltlich auf die Bereiche Film, Fernsehen, Kunst und Kunst- und Medienwissenschaften. Am Tag des offenen Denkmals finden Veranstaltungen statt, welche das besondere Gebäude der interessierten Öffentlichkeit näherbringen. In einem Nebengebäude des Hauses befindet sich die Deutsche Gesellschaft für Photographie e.V., die sich für die Belange der Fotografie und verwandter Bildmedien im kulturellen Kontext einsetzt.
Das Overstolzenhaus als Romanschauplatz Auch literarisch brachte es das Overstolzenhaus zu Ruhm, als es zum Schauplatz in Frank Schätzings historischem Kriminalroman „Tod und Teufel“ von 1995 wurde. Die im mittelalterlichen Köln spielende Handlung erzählt einen spannenden Kriminalfall rund um den Machtkampf zwischen Kölner Patriziern und dem Kölner Erzbischof im Jahr 1260. Der Roman gewährt seinen Leser*innen einen Blick in die Rheingasse des Mittelalters mit dem prächtigen Patrizierbau in der heutigen Hausnummer 8. In der folgenden Passage werden die teils noch heute erhaltenen Merkmale des Gebäudes herausgestellt.
„Rheingasse Die alte Frau saß im Schatten. Nur das Relief ihrer Hände hob sich fahl vom schwarzen Samt des Kleides ab, seltsam bizarr im schräg einfallenden Licht der Nachmittagssonne. Der Raum, in dem sie saß, war groß und hoch. Er lag im ersten Stock und verfügte an der nördlichen Längsseite über fünf eng beieinanderliegende Arkadenfenster zur Straße hin. Bis auf die prachtvollen Wandteppiche an der Rückfront und den Seitenwänden enthielt er fast kein Mobiliar. Lediglich ein wuchtiger, schwarzer Tisch und einige Lehnstühle verliehen ihm eine Andeutung von Wohnlichkeit. Im Allgemeinen wurde er als Festsaal oder für offizielle Zusammenkünfte benutzt.“ (Schätzing 2003, S. 37f.)
Für Interessierte gibt es in Köln Stadtführungen, welche die Teilnehmenden zu den Originalschauplätzen des Romans führen. Dabei werden historische sowie fiktive Fakten hierzu erläutert.
Baudenkmal Mit Eintragung vom 1. Juli 1980 wurde das Overstolzenhaus unter der laufenden Nr. 124 als Baudenkmal in die Kölner Denkmalliste aufgenommen (www.stadt-koeln.de).
(Ines Müller, Redaktion KuLaDig, 2023)
Das Overstolzenhaus war KuLaDig-Objekt des Monats im September 2023.
Internet www.altes-koeln.de: Rheingasse (abgerufen: 08.03.2023) www.dgph.de: Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) (abgerufen: 08.03.2023) www.khm.de: Die Fresken des 13. Jahrhunderts im Overstolzenhaus (abgerufen: 08.03.2023) www.khm.de: Overstolzenhaus: Tag des offenen Denkmals (abgerufen: 08.03.2023) www.koeln-magazin.info: Overstolzenhaus (abgerufen: 08.03.2023) www.stadt-koeln.de: Suche in der Denkmalliste Köln (abgerufen: 10.03.2023, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.01.2024) www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen: 18.01.2024) www.wikipedia.org: Overstolzenhaus (abgerufen: 08.03.2023) www.wikiwand.de: Overstolzenhaus (abgerufen: 08.03.2023)
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