Ihre Dominanz hat die katholische Kirche Mariä Geburt in Bretzenheim am oberen Ende der Kirchstraße dem Reichsfürsten Carl August von und zu Bretzenheim (1768-1823, regierte ab 1789) zu verdanken. Er ließ sie erbauen und für seine Familie und sich im Inneren auf der Südseite des Chors, einen Fenstererker für seine Kirchenbesuche einbauen. Mit eigenem Zugang zur Kirche und Aufgang hatte er aus dem Erker einen guten Blick auf den Altar. Der Erker ziert auch heute noch sein Wappen.
Entstehung Für die Entstehung einer innerörtlichen Kirche dürfte der Zeitraum um die Mitte des 10. Jh. von Bedeutung gewesen sein. Die Ungarneinfälle veränderten dramatisch die Sicherheitslage und erforderten umgehend Maßnahmen, die zum Teil verstreut liegenden Hofplätze und Siedlungsstellen enger zusammenzulegen und durch Mauern und Gräben zu sichern. Dieser Vorgang führte dann zur Gründung der Ortschaft Bretzenheim, wie sie über Jahrhunderte Bestand hatte und noch heute als historischer Ortskern erkennbar ist. Zu diesem Ortsbild gehörte auch die erste steinerne Kirche. Bis zu deren Errichtung nutzten die Bürger die St. Antonius Kirche an der Felseneremitage. Der heute noch im Ortsbild erkennbare Kern der mittelalterlichen baulichen Strukturen lässt keine Stelle erkennen, an der zu diesem frühen Zeitpunkt eine Kirche gestanden haben könnte. Dies spricht für die Errichtung einer Kirche erst zu späterer Zeit, die dann in Ermangelung eines Standplatzes im Schutz der innerörtlichen Bebauung, am äußersten nordwestlichen Ortsrand errichtet wurde. Hier hatte sie dann über Jahrhunderte ihren Platz inmitten des zur gleichen Zeit angelegten Friedhofs.
Vorgängerbau In einem Verzeichnis aus dem Jahr 1194 wurde erstmals eine Kirche auf diesem Grundstück erwähnt. Allerdings fehlt jeglicher Hinweis auf den genauen Zeitpunkt der Errichtung dieser Kirche sowie deren Standort. In einer Ortsansicht von 1542 war erstmals eine Kirche dargestellt. Die „alte“ Kirche war - typisch für das Mittelalter - ostwestlich ausgerichtet und befand sich an der damaligen Hauptzufahrt des Ortes, der Verbindung der heutigen Kirchstraße mit dem Eremitageweg, über den heutigen Friedhof hinweg.
Neubau Mit Carl August von Bretzenheim als Reichsfürsten und seinem Repräsentationsbedürfnis begann man mit dem Neubau der Kirche. Dieser wurde durch den Bauinspektor Johann Faxlunger aus Mannheim in den Jahren 1789-1791 ausgeführt. Der mittelalterliche Turm der alten Kirche blieb stehen. Das neue Kirchenschiff wurde als frühklassizistischer Saalbau neben dem Turm auf der Hauptzufahrtsstraße errichtet. Statt dem ursprünglichen spitzen Turmhelm, wurde ein barocker Spindelhelm (Doppelzwiebelhelm) aufgesetzt, der heute noch als auffälliges Merkmal das Ortsbild prägt. Mit der Kirche auf der Hauptzufahrt war das fürstliche Regierungsviertel, das sich in der Kirchstraße und am Plaggen gebildet hatte, vom Durchgangsverkehr abgeriegelt.
Konfessionswechsel Über viele Jahrhunderte katholische Kirche, erhoben mit der Reformation im 16. Jh. die Lutheraner Anspruch auf das Kirchengebäude. In der Folgezeit wechselte die Zugehörigkeit der Kirche mit der Konfession des jeweiligen Regenten. Mit den Grafen des Geschlechts Daun-Falkenstein ab dem Jahre 1565 hat die lutherische Kirchenordnung in der Kirche Einzug gehalten. Emich IV. von Daun, Graf zu Falkenstein (1563-1628) verlegte im Jahre 1589 seine Residenz nach Bretzenheim. An diesem Umstand aber hatten die Bretzenheimer Untertanen, egal welcher Konfession, wenig Freude. Er beschlagnahmte das gesamte Pfarrgut und ließ den Taufstein aus der Kirche werfen, um den kupfernen Kessel für die Zubereitung von Schweinefutter zu verwenden. Der Taufstein befindet sich übrigens heute in der katholischen Kirche St. Peter in Winzenheim. Erst im Jahre 1628, nach dem Tod des Grafen, fand erstmals wieder ein katholischer Gottesdienst in der Kirche statt. Dies unterstütze nun auch der katholische Graf Gottfried Ferdinand von Velen (1626-1685).
Simultankirche Doch auch zur Zeit der Herrschaft des Grafen von Vehlen gaben die lutherischen Einwohner keine Ruhe. Dies mündete im November des Jahres 1651 in einem Regulativ zwischen den Katholiken und Protestanten. Beide Konfessionen konnten nun ihre Gottesdienste in der einen Kirche simultan abhalten. Die Kirche war zu einer Simultankirche geworden mit all den organisatorischen Problemen und Befindlichkeiten, die ein solcher Status mit sich bringt. Dies war auch weiter unter Reichsfürst Carl August möglich. Unter seiner Anwesenheit erfolgte im September 1791 die feierliche Einweihung des neuen Kirchenbaus. Nach dem katholischen Kirchenfest dieses Tages, Mariä Geburt, erhielt sie ihren Namen. Den Status als Simultankirche behielt sie bis zum Jahre 1954. In diesem Jahr wurde die evangelische Kirche gebaut. Damit löste sich ein lang angehaltenes Problem, dass immer wieder zu Streit im Ort führte, endgültig gelöst wurde.
Kulturdenkmal Die Kirche Mariä Geburt in Bretzenheim wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Kreis Bad Kreuznach geführt (stand 2022). Der Eintrag lautet: „Kath. Pfarrkirche Mariä Geburt Kirchstraße 20 frühklassizistischer Saalbau, 1789-91, Bauinspektor Faxlunger, Mannheim, mittelalterlicher Turm mit barockem Helm; an der Kirche Kapelle, klassizistischer Walmdachbau, um 1850; Missionskreuz, bez. 1854 und 1857; Grabmal M. Puricelli, Sandstein, 1860; Grabmal Agnes Utsch, gusseisernes Grabkreuz, 1841; Brunnentrog, reliefierter gusseiserner Trog, Rheinböllerhütte, 2. Hälfte 19. Jh.; Glocke der Trauerhalle, bez. 1513“
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Bad Kreuznach. Denkmalverzeichnis Kreis Bad Kreuznach, 22. Mai 2023. S. 46, Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke.rlp.de/Bad Kreuznach
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Empfohlene Zitierweise
Projektteam der Modellkommune Bretzenheim: „Kirche Mariä Geburt in Bretzenheim”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-344471 (Abgerufen: 10. Oktober 2024)
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