Das als „Schlössel“ bekannte ehemalige Schaffnereigebäude mit Schlosskellerei war Teil des ehemaligen Schlossbereichs. Es liegt in der Schlossstraße 14, westlich des ehemaligen Wasserschlosses, die sog. Marienburg. Heute beherbergt das Grundstück ein Weingut, das von der Familie Schwaab betrieben wird.
Anwesen Das zweieinhalbgeschossige Schaffnereigebäude ist in spätbarockem Stil errichtet. Es verfügt über einen rechteckigen Grundriss und ist nach Norden, in Richtung Schlossstraße, ausgerichtet. Die Fassade ist weiß, die Ecken des Gebäudes sind durch Sandsteinmauerwerk akzentuiert. Die Frontseite besitzt elf weiße Fenster, die alle mit dunkelgrünen Fensterläden versehen sind. Die dunkelgrüne Eingangstür befindet sich im Erdgeschoss zwischen dem dritten und vierten Fenster. Oberhalb der Türe ist die Skulptur eines Hirschkopfes mit Geweih angebracht. Zur Eingangstür führt eine rote Sandsteintreppe aus wenigen Stufen. Entlang der Ostseite befinden sich sechs symmetrisch angeordnete weiße Fenster. Alle Fenster sind mit roten Sandsteinrahmen umrandet. Das Gebäude schließt mit einem Walmdach ab. Südlich des Schaffnereigebäudes befindet sich das Wirtschaftsgebäude. Im Keller des Wirtschaftsgebäudes war die Weinkellerei der Wasserburg untergebracht. Das Gefängnis der ehemaligen Wasserburg grenzte an das Grundstück an. Vom östlich angrenzenden Schaffnereihof kann man die Senke des früheren Gewässers um den südlichen Teil des Dorfes sowie die damalige Lage des Wasserschlosses erahnen.
Geschichte Die ehemalige Schaffnerei sowie die Schlosskellerei gehörten zu den Nebengebäuden des Wasserschlosses Marienburg. Sie befanden sich auf einer länglichen Wirtschaftsinsel, westlich der Schlossanlage. Durch eine Brücke nördlich war die Insel mit dem Dorf und westlich mit der Burg verbunden. Das Gebäude der ehemaligen Schaffnerei wurde im Jahr 1768 nach den Plänen des Bischöflichen Baumeisters Johann Leonhard Stahl im Barockstil errichtet. Ursprünglich wurde es als Wohngebäude für den Schaffner von Kirrweiler erbaut. Im Jahr 1851 wurde das gesamte Grundstück beim Bau der Eisenbahn aufgefüllt und planiert. Im Jahr 1925 erwarb Daniel Schwaab das Anwesen mit dazugehörigen, derzeitig sehr verfallenen, Gebäuden, Stall, Weinbergen und Wiesen. Zu dieser Zeit diente das Gebäude als Wohngebäude, in dem fünf bis sechs Familien lebten, während das Wirtschaftsgebäude noch bis Ende der 60er Jahre als Stallgebäude genutzt wurde. Sein Sohn Hans Schwaab hat mit seiner Frau Gisela den Betrieb von der gemischten Landwirtschaft zu einem reinen Weinbaubetrieb mit Selbstvermarktung umgestellt.
Funktion Das repräsentative Gebäude wirft die Frage auf, was genau ein Schaffner war und welche Tätigkeiten er in der fürstbischöflichen Verwaltung ausführte. Seit etwa dem Jahr 1360 besaß Kirrweiler einen Schaffner, der zum fürstbischöflichen Verwaltungsamt im Ort gehörte. Eine Dienstanweisung des ehemaligen Schaffners Lorenz Seser (tätig von 1563 bis 1570) aus dem Jahr 1563 gibt Auskunft über den Tätigkeitsbereich dieses wichtigen Amtsmannes. Laut der Dienstanweisung war er zuständig für Berghausen bei Römerberg, Diedesfeld, Dudenhofen, Edenkoben, Geinsheim, Großfischlingen, Hambach, Hanhofen, Harthausen bei Dudenhofen, Heiligenstein bei Römerberg, die Kestenburg, Kirrweiler, Maikammer, Marientraut, Schifferstadt, Spangenberg nahe Lambrecht, St. Lambrecht, St. Martin, Venningen, Walsheim und Weyher.. Zu seinen Aufgaben gehörte es die Steuern und auch Güter wie Frucht und Wein aus diesen ganzen Ortschaften einzuziehen. Über sämtliche Einnahmen musste er Rechnung ablegen. Ebenfalls zu den Tätigkeiten des Schaffners kamen die Aufsicht über die Bauhöfe und Güter (Äcker, Wiesen, Wingerte, Hofraiden, Schäfereien, Fischgewässer, Jagdreviere, Wälder und Felder), die Pflege von Wegen und Gräben sowie der Überwachung und Pflege der Gebäude im Kirrweiler Schloss. Außerdem kümmerte er sich um den Viehbestand des Bischofs.
Dem Schaffner unterstand auch das Schlosspersonal, zudem ein Bäcker, Küfer, Pförtner, Wächter, Turmknecht, Hausknecht, Schweinehirte, Feuerknecht sowie eine Köchin und eine Viehmagd gehörte. Schließlich kontrollierte er das zu Kauf und Verkauf nötige, geeichte Geschirr und die Maße. Vor der Einführung eines Vogtes (Ausfauts) in Kirrweiler im Jahr 1550, nahm der Schaffner auch die Aufgaben des Markmanns als hohe Gerichtsinstanz wahr. Sein Lohn bestand im 18. Jahrhundert aus jährlich 14 Gulden und 5 Schilling Pfennige, 10 Malter Korn, 5 Ohm Wein und zwei Hofkleidern. Außerdem dürfte er die Wiesen und Kräutergärten beim Kirrweiler Schloss für sich nutzen. Zusätzlich erhielt er für die Verpflegung seiner Ehefrau, der Mägde sowie des Personals 55 Gulden, 66 Malter Korn, 5,5 Fuder Wein, 2,5 Malter Gerste, 3 Malter Hafer, 1,5 Malter Spelz, 1 Malter Erbsen und 0,5 Malter Linsen. Da er auch die Saisonarbeiter, Diener, Knechte, Boten, Tagelöhner, Handwerker und Frondienstleistende ernährte, erhielt er für sie eine weitere Pauschale. Bis zum Bau der Schaffnerei im Jahr 1768 wohnte der Schaffner im Schloss.
Kulturdenkmal Das Schlössel in Kirrweiler wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Südliche Weinstraße (Stand 2021) geführt. Der Eintrag lautet: „Schloßstraße 14 ehem. fürstbischöfliche Schaffnei, spätbarocker Walmdachbau, um 1768.“
(Sarah Krieger und Noah Waldecker, Universität Koblenz-Landau, 2021 / freundliche Hinweise von Herrn Martin Schwaab)
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
Sarah Krieger (2021), Noah Waldecker (2021): „Fürstbischöfliche Schaffnerei in Kirrweiler”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-344353 (Abgerufen: 7. Dezember 2024)
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.