Das zwischen den Jahren 1432 und 1434 erbaute Alte Rathaus von Dausenau ist ein wesentlicher Bestandteil der historischen Lahnfront und als Nationales Kulturdenkmal anerkannt. Dieses Fachwerkgebäude mit massivem Steinsockel gilt heute als das zweitälteste spätgotische noch erhaltene Fachwerkrathaus Deutschlands.
Lage und Gebäude Gegenüber den übrigen Gebäuden in der Häuserfront ist das Alte Rathaus von der Lahnstraße aus leicht nach hinten, in Richtung Fluss, versetzt. Es handelt sich bei dem Gebäude um ein Fachwerkgebäude auf rechteckigem Grundriss, mit massivem Steinsockel und lahnseitigem Walmdach.
Geschichte Das Gebäude diente Dausenau bis ca. 1830 als Rathaus und Verwaltungssitz und bot dem örtlichen Gericht die Möglichkeit, Personen festzusetzen. So ist überliefert, dass im 17. Jh. die aus Dausenau stammenden angeklagten Hexen zumindest zeitweise hier gefangen gehalten und gefoltert wurden. Der Gefängnisraum lag im ersten Fachwerk-Obergeschoss. Für die Prozesse selbst war das Gericht in Nassau als Blut- und Hochgericht zuständig.
Nachdem die Gemeinde 1830 ein neues Rathaus mit Schule etwa 100 Meter lahnaufwärts errichtet hatte, diente das Alte Rathaus als Scheune und Schuppen, das Kellergeschoss später für die Lagerung der Feuerwehrspritze und auch als Leichenhalle. Reparaturen an der Ostseite und der Giebelseite sind nach einem Brand in der Lahnstraße 1879 belegt. Unterhaltungsmaßnahmen 1884 (nachdem zwei Balken im Haus eingestürzt waren) und 1909-1910 konnten den allmählichen Verfall des Gebäudes nicht aufhalten. Ein Artillerieeinschlag in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 verursachte zusätzlich starke Schäden.
Die Gemeinde Dausenau war in den folgenden Jahren finanziell nicht in der Lage, das Alte Rathaus aus eigener Kraft zu restaurieren und hat das Gebäude daher 1977 auf die Verbandsgemeinde Bad Ems (heute Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau) übertragen. Im Frühjahr 1978 erstellte das Ing.-Büro Hamm, Limburg, eine technische und gestalterische Bestandsaufnahme, die als Grundlage für die Erklärung zum nationalen Denkmal diente.
Das ursprünglich spätgotische Aussehen des Gebäudes konnte dadurch weitgehend rekonstruiert werden. So war der Giebel zum Ort hin mit vorhandenem Freigespärre ausgebildet. Lahnseitig befand sich im Dachgeschoss eine große Ladeluke, weil auch landwirtschaftliche Produkte hier eingelagert wurden. Die Nähe der Fährenanlegestelle begünstigte den Lagerstandort. Das Ing.-Büro Hamm rekonstruierte in seinen Plänen die Ladeluke und das Freigespärre, die bei der Sanierung allerdings nicht umgesetzt wurden.
Die Sanierung mit einem vollständigen Abbau des Fachwerkes folgte 1981 bis 1986. Gleichzeitig wurde das gesamte Bruchsteinmauerwerk des Keller- und Erdgeschosses saniert und wegen des Lahn-Hochwassers im Keller eine Stahlbetonwanne eingebaut. Das Gebäude ist an der Lahnseite in die Stadtmauer eingebunden. An der Außenseite zur Lahn hin verläuft, wie bei der Stadtmauer an anderen Schauseiten, eine Blendbogenreihe auf kleinen Konsolsteinen. Im Erdgeschoss führt der Wehrgang der Stadtmauer durch das Gebäude. Der Wehrgang wird durch die mächtigen Bogenstellungen hinter der eigentlichen Stadtmauer gebildet und ist seit dem Wiederaufbau als Empore im ca. 100 m² großen Saal nutzbar. Unmittelbar am Wehrgang liegt ein offener heute nicht nutzbarer Kamin. Das Dach wurde wieder auf die ursprüngliche Höhe mit der Dachneigung von 60° verändert.
Bemerkenswert ist eine durch alle Geschosse gehende achteckige hölzerne Mittelsäule, die bei der Sanierung in Teilstücken wieder eingebaut werden konnte. Die dendrochronologische Untersuchung an einer Scheibe aus dieser Säule bestätigte die schon 1976 von Herbert Nebel veranlasste Untersuchung an zwei Hölzern, bei der ein Einschlag 1433 und 1434 ermittelt wurde. Wie damals üblich wurde das Holz sofort verarbeitet. Die untersuchte Holzscheibe mit Jahresangaben ist an der lahnseitigen Außenwand im Bereich des Wehrganges angebracht.
Die offene Spindeltreppe, die heute vom Kellergeschoss bis ins 2. Obergeschoss führt, ist bei der Sanierung neu entstanden. Der Zugang zum Gebäude führte ursprünglich über Außentreppen bis zum Wehrgang, die nach einer zeichnerischen Rekonstruktion des Originalzustandes neu errichtet wurden. Gleichzeitig konnten die Wehrgänge bis zu den Nachbarhäusern einschließlich der Fähren-Pforte (1645 erstmals erwähnt, vermutlich im frühen 19. Jh. abgebrochen) und dem Bachdurchlass rekonstruiert werden.
Heute finden im Alten Rathaus kulturelle und repräsentative Veranstaltungen statt, die Verbandsgemeinde nutzt es für standesamtliche Trauungen und als Archiv.
Kulturdenkmal Das Alte Rathaus in Dausenau wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Rhein-Lahn-Kreis (Denkmalliste der Generaldirektion Kulturelles Erbe RLP, Stand 08.04.2021) geführt. Der Eintrag lautet: „Lahnstraße 22, ehem. Rathaus, spätgotischer Ständerbau, tlw. massiv, 1432/34“.
(Heidemarie Jung, Dausenau, 2022)
Literatur
Fischbach, Stefan (2013)
Dausenau an der Lahn. Rund um die St. Kastorkirche. (Rheinische Kunststätten, Heft 548.) Köln.
Fischbach, Stefan (1997)
Das Alte Rathaus. Der schwierige Kampf für den Erhalt und die Sanierung eines bedeutenden Baudenkmals. In: Heimatbuch Dausenau und seine Geschichte, Boppard.
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