Die Marienkapelle der Ortsgemeinde Kirrweiler zählt zu den schönsten barocken Kirchenbauten der Südpfalz. Sie befindet sich am Ortsrand, nördlich des ehemaligen Speyerer Tors. Die heutige Friedhofskapelle wurde, wie der Name „Mater Dolorosa“ schon ausdrückt, der „Schmerzensreichen Mutter“ gewidmet.
Architektur Bei der heutigen Marienkapelle handelt es sich um ein freistehendes Kirchengebäude im Barockstil, mit nach Norden ausgerichtetem Chor. Westlich der Kapelle grenzt der Friedhof an. Die gesamte Anlage ist mit einer Mauer aus Sandstein umsäumt. Nordwestlich der Kapelle befindet sich die Einsegnungshalle aus dem Jahr 2014. Sie wurde aus dem gleichen Sandstein wie die Friedhofsmauer errichtet. Bei der künstlerischen Gestaltung der Einsegnungshalle setzte der damit beauftragte Bildhauer Hans Bruno Fay als Pendant zu den Sieben Schmerzen Stelen sieben Buntglasfenster in die Westwand der Halle ein. Diese sollen in ihrer Farbgebung das Leid und die Hoffnung der Majolika-Bilder in den Bildstücken widerspiegeln.
Das Gebäude verfügt über einen rechteckigen Grundriss mit 3/8 Schluss. Die Fassade ist weiß verputzt und weist eine geschwungene Giebelform auf, die der Fassade der Pfarrkirche in vereinfachter Form gleicht. An der Frontseite wurde mittig eine Doppeltür eingelassen. Auf beiden Seiten sind zwei Rechteckfenster eingesetzt, die symmetrisch angeordnet sind. Über dem Portal ist ein Schriftzug in lateinischer Sprache angebracht: „Virgo dolorosissima ora pro nobis peccatoribus“ (deutsche Übersetzung: „Schmerzensreiche Jungfrau, bitte für uns Sünder“). Darüber ist eine Pietà in einer Nische eingelassen. Sie stammt aus der Erbauungszeit der Kapelle. Darunter befindet sich der Schriftzug „Domina Nostra Mater Nostra“ („Unsere Liebe Frau Mutter“). Auf beiden Seiten der Pietà befinden sich zwei große symmetrische Rundbogenfenster.
Innenraum Der Innenraum ist unterteilt in einem Vorraum und einem abgetrennten Schiff mit Chor. Auf der linken Seite des Vorraums führt eine schmale Treppe zur Empore hoch. Auf der linken und rechten Seite befinden sich jeweils fünf Bankreihen. Der Altar befindet sich mittig im Chor der Kapelle. In der Mitte des Altars steht eine Kopie der spätgotischen Holzgruppe der Pieta aus dem ausgehenden 15. Jahrhunder, deren Original sich heute im Speyerer Dom befindet. Die Mutter Jesu hält nach der Kreuzabnahme, von Schmerzen überwältigt, den toten Sohn auf dem Schoß. Der Altar stammt aus dem späten 18. Jahrhundert. Auf der Hinterseite des Altars befindet sich der Zugang zu einem kleinen Beichtraum.
Das Deckengemälde ist ein Werk des Künstlers Georg Gschwendtner aus Bad Reichenhall aus dem Jahr 1964. Es zeigt die Aufnahme Mariens in den Himmel. Marie wird vor den Augen der Apostel und getragen von den Engeln in den Himmel emporgehoben. Im Himmel, der im Zentrum des Gemäldes dargestellt ist, erwartet sie die Krone des Himmels. Gehalten wird diese Krone durch die Dreifaltigkeit in Gestalt des Gottvaters und des Gottsohnes. Über der Empore, am unteren Bildrand ist die Prozession zur Marienkapelle am Fest der sieben Schmerzen Mariens dargestellt. In der Gestalt des Pfarrers lässt sich unschwer das Porträt des berühmten Fernsehpfarrers Carl Theodor Schultz erkennen, unter dem die Kapelle 1964 erneuert wurde. Um das Gemälde sind Rokokoverzierungen angebracht.
Vorgeschichte: Von der kleinen Feldkapelle zur Friedhofskapelle Die Vorgängerin der heutigen Friedhofskapelle war eine kleine Feldkapelle, die im Jahr 1399 von dem Dekan von Weyer geweiht wurde. Die Kapelle war sehr klein und niedrig und konnte nur sechs Personen fassen. Ende April 1666 wurde die Kapelle von kurpfälzischen Soldaten im Wildfangstreit unter Kurfürst Karl Ludwig (1617-1680, regierte ab 1649) geplündert. Hierbei wurde dem Gnadenbild der Kopf abgeschlagen und ein Bild der Muttergottes beschädigt. Im Jahr 1732 wurde sie erneut geplündert. Dabei wurde der Opferstock geplündert und ein bläulicher, schon abgetragener Rock der Muttergottesfigur entwendet. Im Jahr 1738 setzte der Schulheiß Andreas Schütz, die Schöffen sowie der Bürgermeister Anton Born an den Bischof eine Bittschrift auf. Sie baten darum, die Kapelle baulich vergrößern zu dürfen. Ihr Argument war es, dass das Gnadenbild stark besucht und verehrt werde. Der Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn (1676-1743, regierte ab 1719) lehnte die Anträge zur Vergrößerung der Kapelle ab. In den Jahren 1739 und 1742 versuchten der Dekan Kohlschmidt und die Gemeindeverwaltung erneut ihr Anliegen dem Fürstbischof zu schildern. Sie wiesen darauf hin, dass die Wallfahrt stark zugenommen habe. Im Zuge dessen, würden auch viele fromme Menschen von gehobenem Stand, wie der kurpfälzische Major von Schütz sowie die Freifrau von Schleiffras aus Lachen, zur Kapelle pilgern. Im Jahr 1743 verstarb jedoch der Fürstbischof und sein Nachfolger wurde Franz Christoph von Hutten zum Stolzenberg (1706-1770, regierte ab 1743). Er gestattete 1751 einen Neubau unter der Voraussetzung, dass die Finanzierung des Neubaus selbstständig aufgebracht werden müsste. Im Jahr 1763 wurde der Betrag durch das Sammeln von Geldern erreicht. Das Vikariat in Speyer erteilte daraufhin dem Ortspfarrer Ignatius Köhler die Baugenehmigung. Die Baupläne dazu entwarf der fürstbischöfliche Baumeister Johann Leonhard Stahl (1729-1774). Der Neubau der Kapelle erfolgte in den Jahren 1765 bis 1769 mit Hilfe von willigen Helfern aus der Umgebung. Das Bauholz wurde aus Hambach geliefert. Die Bürger aus Venningen, Duttweiler, Großfischlingen und Geinsheim boten an, kostenlose Fuhrleistungen auszuführen. Am 13. Mai 1768 wurde die Kapelle fertiggestellt. Die Weihe fand am 02. Juli 1769 statt.
Geschichte: Wiederaufbau und Renovierungsarbeiten Zu Beginn des Jahres 1794, des sogenannten Plünderwinters, wurde die Kapelle durch französische Soldaten verwüstet und das Holzwerk als Brennholz benutzt. Im Jahr 1807 wurden die dabei zerschlagenen Fenster erneuert. Der Schreinermeister Riebel fertigte für 102 Gulden einen neuen Altar an. Im Jahr 1813 wurde der angrenzende Friedhof angelegt. Dieser wurde mit einer Beisetzung am 22. August 1813 eröffnet. Im Jahr 1939 wurde die Inneneinrichtung der Kapelle erneuert. Im Jahr 1964 ließ der damalige Pfarrer Carl Theodor Schultz die Kapelle erneuern und renovieren. Hierbei wurden Stuckarbeiten angebracht. Außerdem wurde die Decke durch den Kunstmaler Georg Gschwendtner (1904-1991) aus Bad Reichenhall ausgemalt. Zwei Jahre später erfuhr die Kapelle eine besondere Wallfahrt unter Pfarrer Carl Theodor Schultz. Bei der Friedensbewegung Pax Christi nahmen mehr als 1000 Gläubige teil. In den darauffolgenden Jahren wurde die Kapelle mehrmals ausgeplündert. Im Jahr 1966 wurden aus der Kapelle vier Putti und das Bild „Josephs Tod“ gestohlen. Im Jahr 1974 wurden zwei weitere Putti entwendet. Ein Jahr später erfolgte ein Einbruch, bei dem die angefertigte Kopie des Vesperbilds gestohlen wurde. Nachdem die Diebe aber erkannt haben, dass es sich um eine Kopie handelte, warfen sie diese weg. Die Kopie wurde schließlich aufgefunden und restauriert. Das Original befand sich zu dieser Zeit bereits in der Pfarrkirche. Im Jahr 2001 erfolgte eine größere Renovierung, die von einigen Bürgern aus Kirrweiler in Eigenleistung ausgeführt wurde. Im Jahr 2015 wurde das Grundstück um eine Einsegnungshalle erweitert.
Die Marienkapelle in Kirrweiler wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Südliche Weinstraße (Stand 2022) geführt. Der Eintrag lautet: „Friedhofskapelle Mater Dolorosa Friedhofstraße barocker Saalbau, Schweifgiebelfassade, bez. 1765, Architekt Leonhard Stahl, Ausstattung; zur Umgebung barocke Pfosten des Friedhofseingangs, klassizistische Priestergrabsteine; Sieben Schmerzen Mariä-Bildstöcke, 19. Jh. Bildstöcke mit Kreuzaufsatz, Reliefs neu.“
(Sarah Krieger und Noah Waldecker, Universität Koblenz-Landau; Christine Erasmy, Ortsgemeinde Kirrweiler, 2021)
Literatur
Bonkhoff, Bernhard H. (o.J.)
Die Orgelbauer Seuffert, Ubhaus und Wagner in Kirrweiler. In: Pfälzer Heimat 34, 1983, S. 49–69. o. O.
Friedel, Heinz / Gerlach, Bernhard H.; Meißner, Stefan (Hrsg.) (2013)
Kirrweiler. Die Geschichte eines pfälzischen Weindorfes (Ein Kultur-Reiseführer). (Ein Kultur-Reiseführer.) Speyer.
Friedel, Heinz; Roth, Wolfgang / Gemeinde Kirrweiler (Hrsg.) (1978)
800 Jahre Kirrweiler. Die Geschichte eines Pfälzischen Weindorfes. Kirrweiler.
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Südliche Weinstraße. Denkmalverzeichnis Kreis Südliche Weinstraße, 24. Januar 2022. Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Suedliche Weinstrasse
Ortsgemeinde Kirrweiler (Hrsg.) (2000)
Festschrift 800 Jahre Kirrweiler. Die Geschichte eines pfälzischen Weindorfes. Kirrweiler (Pfalz).
Portenlänger, Franz Xaver (1999)
Kirchen und Kapellen Kirrweiler. In: Schnell Kunstführer Nr. 2358, Regensburg.
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Empfohlene Zitierweise
Sarah Krieger (2021), Noah Waldecker (2021), Christine Erasmy (2021): „Marienkapelle „Mater Dolorosa“ in Kirrweiler”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343849 (Abgerufen: 26. April 2024)
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