Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim

Spritzanlage Laubenheim

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Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Laubenheim
Kreis(e): Bad Kreuznach
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 49° 55′ 18,21″ N: 7° 53′ 41,67″ O 49,92172°N: 7,89491°O
Koordinate UTM 32.420.673,67 m: 5.530.513,06 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.420.717,12 m: 5.532.285,93 m
  • Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim (ca. 1935)

    Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim (ca. 1935)

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  • Überreste der Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim (2021)

    Überreste der Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim (2021)

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  • Spritzen beim Weingut Biermann in Laubenheim (1930er Jahre)

    Spritzen beim Weingut Biermann in Laubenheim (1930er Jahre)

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  • Weinlese in Laubenheim (ca. 1932)

    Weinlese in Laubenheim (ca. 1932)

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  • Weinlese mit Pferdegespann in Laubenheim (ca. 1932)

    Weinlese mit Pferdegespann in Laubenheim (ca. 1932)

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  • Überreste der Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim (2021)

    Überreste der Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim (2021)

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  • Die Spritzbrühe-Mischanlage in Volxheim (2021)

    Die Spritzbrühe-Mischanlage in Volxheim (2021)

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  • Brühebecken der Spritzbrühe-Mischanlage in Volxheim (2021)

    Brühebecken der Spritzbrühe-Mischanlage in Volxheim (2021)

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  • Peter Böhm mit Pferdegespann (1930er Jahre)

    Peter Böhm mit Pferdegespann (1930er Jahre)

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  • Gertrud Grether vor der Spritzanlage in der Rathausstraße in Laubenheim (1961)

    Gertrud Grether vor der Spritzanlage in der Rathausstraße in Laubenheim (1961)

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  • Planzeichnung des neuen Wasserwerks von Laubenheim a. d. Nahe (1901)

    Planzeichnung des neuen Wasserwerks von Laubenheim a. d. Nahe (1901)

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Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in Laubenheim eine Spritzbrühe-Mischanlagen (umgangssprachlich „Spritzanlage“) mit einem Fassungsvermögen von ca. 16.000 Litern errichtet. Die Laubenheimer Spritzbrühe-Mischanlage war die erste Anlage dieser Art, die in einer Weinbaugemeinde Deutschlands gebaut wurde und hatte sich so gut bewährt, dass diese Mischanlage in vielen anderen weinbautreibenden Gemeinden eingesetzt wurde (Hofmeister 2020, S.137f).

Eine Spritzbrühe-Mischanlage wird zur Herstellung von Pflanzenschutzmitteln (hier der Bordeauxbrühe) aus Kupfervitriol und Wasser verwendet unter Zugabe von Feinkalk, um die Mischung chemisch neutral zu halten.
Überreste der Anlage sind noch heute am westlichen Ortsausgang von Laubenheim zwischen K43 und Rathausstraße ca. 160 m nach der Einmündung von der Naheweinstraße auf der linken Seite zu erkennen.

Beschreibung
Die Anlage wurde im Hang zwischen Rathausstraße und K43 (umgangssprachlich „Hungergraben“) in Betonbauweise auf einem Fundament aus lokalen Bruchsteinen errichtet, um das natürliche Gefälle zum Befüllen der Transportfahrzeuge nutzen zu können. Sie bestand aus mehreren Becken, die in drei Ebenen angeordnet waren. Alle Ebenen waren über eine Treppe an der hangaufwärts befindlichen Seite erreichbar. Von dieser Anlage gibt es auch eine undatierte Zeichnung (Ortsarchiv Laubenheim).

Die untere Beckenebene bestand aus vier Becken. In den Plänen waren zunächst zwei Becken mit einem Fassungsvermögen von jeweils 6000 Litern geplant, die vermutlich aus statischen oder praktischen Gründen als vier kleinere Becken errichtet wurden. In der mittleren Ebene befanden sich drei Becken mit einem Inhalt von jeweils ca. 1500 Litern. Im oberen Bereich, rechts und links des gemauerten Raums, der die Spritzmittel beherbergte, waren noch jeweils zwei weitere quadratische Becken und ein größeres rechteckiges, welches sich auf der anderen Seite der Treppe befand.
Alle Becken besaßen einen Einlauf für Frischwasser, welches über ein auf der Frontseite der Mauer montiertes Rohrleitungssystem zugeführt wurde. An der unteren Seite der Becken befand sich ein Ablaufhahn, mit dem der Inhalt in die darunterliegenden Becken bzw. in die Fuhrwerke abgelassen werden konnte.

Die Anlage war oben von der Rathausstraße aus frei zugänglich. Ein Zaun wurde erst nach der Stilllegung Mitte der 1950er Jahre errichtet. Nach der Stilllegung wurde die Anlage gerne als „Kinderspielplatz“ genutzt, was in der heutigen Zeit sicherlich für Erstaunen sorgen würde. Heute ist noch die untere Stützmauer mit der darüberliegenden Auskragung, sowie die untere Beckenebene vorhanden. Die mittlere und obere Ebene wurde abgerissen und überbaut.

Funktionsweise
Die drei kleineren Behälter dienten dem Auflösen der Bekämpfungsmittel, die zur Herstellung von 12.000 Liter Spritzbrühe in den unteren Behältern erforderlich waren. Die Anlage war so an die Straße gebaut, dass man mit dem Wagen direkt unter die unteren Behälter heranfahren konnte. Auf einem Foto, entstanden in den 1930er Jahren, sieht man sehr gut die Winzer mit ihren pferdebespannten Wagen, auf denen ein 800 Liter Fass liegt (siehe Abbildung in der Mediengalerie). Mehr konnten die Pferde in den steilen Weinbergen nicht ziehen. Erst später, als die Pferde durch Schlepper ersetzt wurden, konnten größere, bzw. zwei Fässer, transportiert werden. Es konnten bis zu vier Fässer gleichzeitig befüllt werden. Ein Spritzwart mit 2 bis 3 weiteren Hilfskräften sorgte für das ordnungsgemäße Anrichten und Ausgeben der Spritzbrühe. Da die Anlage keine Pumpe hatte, wurde die Schwerkraft zum Befüllen der unteren Behälter bzw. zum Beladen der Fuhrwerke im Hungergraben genutzt. Bei jedem Umfüllvorgang von den oberen in die unteren Becken wurde das angesetzte Mittel aus Kupfervitrol weiter mit Wasser verdünnt bzw. unter Zugabe von Feinkalk chemisch neutralisiert.
Auch in den Fässern musste die Brühe immer umgerührt werden. Mit einem geraden, naturgewachsenen Holzstock, an dem unten zwei kurze Ketten angebracht waren, wurde die Brühe im Fass immer wieder bewegt. Bei diesem Vorgang schäumte die Brühe stark. Das Spritzen erfolgte anfangs mit auf dem Rücken getragenen Handspritzen. Später wurden Motorpumpen eingesetzt, von denen Schläuche zu den Arbeitern an den Spritzen führten. Diese Schläuche wurden von drei Mann „nachgezogen“, um die fünf „Spritzer“, die nebeneinander durch die Reihen gingen, immer genügend mit Spritzbrühe zu versorgen.
Die Technik der Benzinpumpen war sehr anfällig. Wenn sie ausfiel, stand alles still. Die nächste Stufe war dann das Anflanschen von Pumpen an die Welle des Traktors, was die Zuverlässigkeit deutlich erhöhte.
Dennoch war das Spritzen harte Arbeit und nach Feierabend waren die Arbeiter durch die blaue Farbe des Kupfervitrols von Kopf bis Fuß eingefärbt. Diese Arbeiten wurden wie damals üblich ohne die heute vorgeschriebene Schutzausrüstung durchgeführt.

Hintergrund
Die Spritzbrühe wurde als Mittel gegen den Erreger des „Falschen Mehltaus der Rebe (Plasmopara viticola)“ erforderlich, nachdem dieser im Jahr 1878 mit gegen die Reblaus resistenten Rebstöcken aus Amerika zunächst nach Frankreich eingeführt wurde. Von dort verbreitete er sich schnell über zahlreiche Anbaugebiete. Pierre-Marie Alexis Millardet (Botanikprofessor an der Universität Bordeaux) entdeckte zufällig, dass eine Mischung aus Vitriol und Kalkmilch (die dann sogenannte Bordeauxbrühe) den Erreger bekämpfen konnte.
In der Chronik von Langenlonsheim finden wir über die Vorgeschichte der Spritzungen in den Weinbergen folgendes: (Auszug)
„... Im Jahre 1895 berichtet Bürgermeister V. Gerßdorff, dass die Peronospora, eine Pilzkrankheit [falscher Mehltau], die Blätter und Beeren befällt, so dass sie vertrocknen und abfallen.
Obwohl der Landrat des Kreises Kreuznach, Agricola, 1898 eine Verordnung zur Bekämpfung der Peronospora erlassen hatte, verhielten sich die Winzer zunächst ablehnend, weil sie eine Schädigung der Trauben durch die Behandlung der Weinstöcke mit dem vorgeschriebenen Mittel - in Wasser aufgelöstem Kupfervitriol - befürchteten. Dieses Mittel nannte man auch Bordeauxbrühe, da es erstmals in Frankreich eingesetzt worden ist. …“

Betreiber der Anlage war die dem Bürgermeister unterstellte „Rebenaufbaugenossenschaft“. Für das Ansetzen und Füllen der Fässer brauchte man aber auch viel Wasser. Das war mit den kleinen Wasseranschlüssen in den Winzerhöfen aber eine sehr langwierige und arbeitsintensive Angelegenheit. Deshalb wurden die Spritzbrühanlagen an das örtliche Wasserversorgungsnetz angeschlossen. Dies ist z.B. auf der Planzeichnung des neuen Wasserwerks von 1901 zu erkennen (siehe Abbildung in der Mediengalerie). Darauf sieht man das in der Nähe des Bahnhofs befindliche Wasserwerk, sowie das Reservoir (Hochbehälter) und die Lage der Spritzbrühanlage.
Da das Ansetzen dieser Mittel für den einzelnen Winzer langwierig und schwierig war, wurden in den 1930 Jahren in allen Orten des Kreises Kreuznach eine Spritzbrühanlage gebaut nach ähnlichem Muster. Die Anlagen im Kreis Bad Kreuznach wurden dann in den 1950er Jahren stillgelegt, da neue Mittel und bessere Wasserverhältnisse bei den Winzern vorhanden waren. Einige der Anlagen sind noch gut erhalten sichtbar, wie z. B. in Volxheim.

(Wolfgang Rücker, Langenlonsheim; Günter Hofmeister, Brunhilde Paul, Jochen Mohr, Ortsgemeinde Laubenheim, 2021)


Quelle
Ortsarchiv Laubenheim: Dissertation 1955, Dr. Franz-Heinz Eis. „Flurbereinigung Laubenheim“

Internet
de.wikipedia.org: Bordeauxbrühe (abgerufen 14.06.2022)

Literatur

Hofmeister, Günter (2020)
Zur Geschichte von Laubenheim. Laubenheim.

Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Kreisstraße 43
Ort
55452 Laubenheim (Nahe)
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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„Spritzbrühe-Mischanlage in Laubenheim”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343840 (Abgerufen: 25. April 2024)
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