Mühlbach südlich von Nassau

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Berg (Rhein-Lahn-Kreis), Diethardt, Dornholzhausen, Geisig, Marienfels, Miehlen, Nassau, Nastätten, Oelsberg, Singhofen, Strüth, Weidenbach (Rhein-Lahn-Kreis), Welterod
Kreis(e): Rhein-Lahn-Kreis
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 18′ 42,81″ N: 7° 47′ 15,68″ O 50,31189°N: 7,78769°O
Koordinate UTM 32.413.681,68 m: 5.574.011,84 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.413.722,22 m: 5.575.801,86 m
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Der rund 32 Kilometer lange Mühlbach entspringt am Fuße des Galgenkippel, nördlich des Klosters Schönau in Weidenbacher Gemarkung. Rund 50 wasserzuführende Bäche und Gräben erweitern die Fließgewässerlänge auf das Fünffache. Gemeinsam umspannt das Bachsystem des Mühlbachs ein Einzugsgebiet von rund 172 Quadratkilometern, aus welchem in einer Sekunde mehr als ein Kubikmeter Wasser in die Lahn entlassen wird.

Wassernutzung
Name
Siedlungsgeschichte des Mühlbachtals
Geologische Besonderheiten
Flora und Fauna

Wassernutzung
Angesichts dieser Wassermassen wundert es nicht, dass am Mühlbach im Laufe der Geschichte nahezu 70 Mühlen errichtet wurden und auch heute noch über fünf aktive Wasserkraftanlangen in Betrieb sind. Obwohl sich der Bach von der 443 Meter über Meereshöhe gelegenen Quelle bis zur 82 Meter über NN gelegenen Mündung in Nassau an der Lahn oft wildromantisch und in unzähligen Windungen durch den vor allem im Unterlauf stark zerklüfteten Taunus schlängelt, ist sein ursprüngliches Bachbett doch überwiegend für landwirtschaftliche Belange in erwünschte Bahnen gelenkt und dadurch stark durch Menschenhand überprägt worden. Besonders im Unterlauf zeugen zahlreihe heute noch sichtbare Wehre vom Wunsch der Anlieger, ihre Wiesen zu bewässern. Damit Fische und andere Wasserorganismen wieder ungestört wandern können, sollen diese Zeitzeugen jedoch allmählich entfernt werden.
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Name
Zur volkstümlichen Begründung des Bachnamens wird die hohe Mühlenanzahl herangezogen. Daneben schlagen regionale Heimatforscher das ähnlich klingende Wort „miel“ vor, das sich auch im Dorfnamen Miehlen wiederfinden könnte. Miel ist der lateinische Ausdruck für „Honig“ und soll die Farbe dieses Bachwassers beschreiben. Alte Ausdrücke wie „Milene“, die „Myl“ (1369) oder „Mihl“ (1646) können auch aus dem Keltischen hergeleitet werden (melinos = gelblich) und lassen eine Beschreibung der auffälligen Gewässerfarbe wahrscheinlicher werden. Schwebeteilchen gelblichen Lehm- oder Lößbodens, der rund um Miehlen als diluviale Schicht und tertiäres Tonvorkommen zu Tage tritt, waren Anlass für den Abbau, ansässige Backsteinbrennereien und Töpferwerkstätten - sie trübten das Wasser nach starken Regenfällen. Dieser Boden ist aber auch sehr fruchtbar, führte dazu, dass diese Gegend schon früh von Bauern besiedelt und stark verteidigt wurde. Zahlreiche Burg- und Wallanlagen bezeugen dies eindrucksvoll.
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Siedlungsgeschichte des Mühlbachtals
Schon im Quellgebiet finden sich Reste von Befestigungen. Sie flankieren einen rheinland-pfälzischen Keil, der sich bis zur Wisper in das Bundesland Hessen schiebt: Im Osten von Strüth sind dies nahe des Zorner Kopfes eine mottenähnliche „alte Schanze“ am Rande eines großen Hügelgräberfeldes. Nach Süden zur Wisper liegt eine Wallanlage am Neumüllersberg und nach Osten zum Werkerbach auf dem Ring die Lipporner Schanze sowie die „Alte Burg“ (Burg Löpern) am Werkerkopf, die Vorfahren der späteren Grafen von Nassau zugeschrieben wird.

Der römische Grenzwall kreuzt von Dornholzhausen kommend den Mühlbach bei der Käsmühle, und sicherte somit dem römischen Imperium das fruchtbare Miehlener Becken sowie dessen wasserspendendes Bachsystem bis zur Quelle. In Marienfels bauten die Römer ein Kastell unweit des Mühlbaches, auch mehrere römische Villen sind entlang des Baches entdeckt worden, in Marienfels sogar eine römische Badeanlage. Im stark zerklüfteten Unterlauf eigneten sich die in den Bachschleifen liegenden Geländesporne mit steil abfallenden Hängen für schwer zu erobernde Rückzugs- oder Verteidigungsanlagen: An der Vestehell bei Dornholzhausen, der Alte Burg bei Singhofen und dem Heidenpütz bei Oberwies findet man Reste solcher Wallanlagen aus noch unbestimmter Zeit, die wohl Vieh und andere mobilen Werte umliegender Dörfer vor Plünderern schützen sollten.
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Geologische Besonderheiten
Zwei Quarzadern, die das Mühlbachtal in Ostwestrichtung durchziehen, haben dem Fließgewässer erfolgreich Widerstand geleistet: ein schmaler Grat verblieb auf dem Heidenpütz und bildet den schmalen, durch vier Wallgräben geschützten Zugang in das Innerste der Wallanlage. Die zweite Quarzader verläuft auf Höhe der als Naturdenkmal geschützten Felsformation „Singhofer Wacken“. Ein Berger Bürger war so begeistert von diesen schweren Steinen, denen empfindsame Menschen gar eine Energiestrahlung zuerkennen, dass er sich einen davon als Schmuck in seinen Garten hievte. Doch der Frevel wurde entdeckt und das Felsstück reumütig zurück gebracht. Mächtige Quarzbrocken in der Schlucht und im Bachbett zeigen das einzig von der Denkmalbehörde gestattete Ergebnis eines Abtransportes durch Erosion, die sich unendlich langsam und doch unaufhaltsam an der Zerstörung des Kultplatzes abarbeitet.

Für den regelrechten Bergbau war das Mühlbachtal allerdings wenig ergiebig. Zwar sind unterhalb Singhofen z.B. an der Rauschenmühle in mehreren kurzen Stollen Eisen- und Silbererz abgebaut worden, doch war die Ausbeute gering. Stollen bei der Lumpenmühle dienten wohl zur Gewinnung von Baumaterial (Schiefer) für die Mühlengebäude. Einen Einblick in die Bergbaugeschichte gibt ein mit einem Römerkopf markierter, acht Kilometer langer Rundweg, der von Dornholzhausen oder Geisig aus gut begangen werden kann. Er führt an einen ehemals verschütteten Stollen, der von Heimatfreunden wieder freigelegt wurde. Gegenüber der Rauschenmühle gelegen, kann sich der Wanderer hier über den Stollen informieren und am neu errichteten Grubenhäuschen eine Rast einlegen. Zum Schutz der Fledermäuse ist der Eingang der Grube jedoch verschlossen.

Gerade der untere Teil des Mühlbaches, wo Verbindungswege zu den Mühlen - im steilen Hang gemauert - alpinen Charakter haben und dem Wanderer durch das Tal abenteuerliche Felsformationen und Ausblicke auf den rauschenden Bach bieten, lässt erahnen, wie aufwändig und gefährlich der Transport von Getreide, Mehl und anderen Gütern aus den umliegenden Höhen gewesen sein muss. Vielerorts sind die schmalen Pfade - wie von Berg zur Rauschenmühle, von Singhofen zur Lumpenmühle oder zur Oberwieser Mühle durch stete Erosionskräfte abgebrochen. Doch stellenweise ertüchtigen emsige Heimatfreunde mit viel Handarbeit alte Wegstrecken, haben z.B. von Singhofen aus über die Teufelsdell einen kleinen Wasserfall erlebbar gemacht und locken vermehrt Naturfreunde in das romantische Tal.
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Flora und Fauna
Für sie gibt es neben dem wild tobenden Bach und urwüchsigem Gestein auch kleine Juwelen aus Flora und Fauna zu erkunden. Mit etwas Glück können sie die Wasseramsel und Eisvögel bei der Nahrungssuche im Bach beobachten, auch der Schwarzstorch nutzt das Tal für Erkundungsflüge und späte Gäste können den Ruf des Uhus vernehmen. In den schattigen Felsformationen wachsen das Silberblatt und die Hirschzunge als charakteristische nordische Arten des nach NATURA 2000 geschützten Schlucht- und Hangmischwaldes. Dagegen finden sich in den sonnendurchfluteten Gegenhängen Ulmen und Sommerlinden, die in der Blütezeit um die Sommersonnenwende das Tal in einen betörend-süssen Duft tauchen. In dieser Zeit ist hier auch der Hirschkäfer auf Brautschau. Er nagt besonders gerne an den Überresten alter Eichen, die an lichten und warmen, kargen Plätzen, durch unwegiges Gelände geschützt vor Hieb und Säge, nicht groß aber alt und knorrig werden durften.

In den feuchten, moosbedeckten Felsnischen versteckt sich der in schwarz-gelben Warnfarben Gift verheißende Feuersalamander, der seinen Nachwuchs lebendig dem sauerstoffreichen, kühlen Quellwasser der Seitentäler anvertraut und bei Regen auch tagsüber auf Beutefang geht. Im Sommer kann der Wanderer den ebenfalls farbfrohen, mit orangfarbenen Flügeln sehr auffälligen, Russischen Bär (auch spanische Flagge genannt) entdecken, wenn dieser Nachtfalter am Bachufer auf den Blüten des Wasserdostes Nektar tankt.

Eine weisse Blume im Tal soll der Käsmühle ihren Namen gegeben haben. Bis heute rätseln Heimatforscher, welche Pflanze sich dahinter verbergen kann. Die letzte Mühlenbewohnerin erzählte, dass die „Käsblume“ einst im beginnenden Frühling auf dem bewaldeten Hang westlich der Mühle blühte. Heute wachsen hier vereinzelt die Zwiebel-Zahnwurz, Nester des Buschwindröschens und am Fuße das Wiesenschaumkraut, die als mögliche Urheber in Betracht kommen. Für die letzten beiden ist eine Bezeichnung als „Käsblume“ belegt. Da das Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis) typischer Weise ein Begleiter feuchter Wiesen ist und die Müllerin - auch alte Karten - einen Waldstandort belegen, können wir wohl die Auswahl auf das Buschwindröschen (Anemone nemorosa) eingrenzen. Dieser kälteunempfindliche, hübsche Frühblüher bildet (gemäß seines Adjektives „nemorosa“) als schattenliebender „Hain“-Bewohner an waldreichen, dichtbelaubten Plätzen ab März ganze Teppiche aus weissen Blüten, die so plötzlich, wie sie nach der Schneeschmelze entstehen mit dem Blattaustrieb der Bäume für den Rest des Jahres dem Wanderer verborgen bleiben.
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(Silke Dehe, 2022)

Literatur

Groß, Edmund (1979)
Miehlen, aus siebenhundert Jahren seiner Geschichte nebst der Geschichte des Klosters und Hofgutes Aftholderbach. Neudruck. S. 58 ff., Limburg.
Hiller, Karl; Melzig, Mathias F. (2006)
Die große Enzyklopädie der Arzneipflanzen und Drogen. genehmigte Sonderausgabe für area verlag gmbh. S. 448, Erftstadt.
Jost, Cliff Alexander / Gesellschaft für Archäologie an Mittelrhein und Mosel e.V.; Amt Koblenz der Archäologischen Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2003)
Der römische Limes in Rheinland-Pfalz. Verlauf und Erhaltung - eine Dokumentation. (Archäologie an Mittelrhein und Mosel 14.) S. 163 ff., Koblenz.
Pekrun, Richard (1933)
Das Deutsche Wort. S. 507, Leipzig.
Röhr, Christian (1985)
Geologische Untersuchungen im unteren Mühlbachtal westlich Singhofen (Diplomarbeit). Frankfurt.
Sluschny, Heinz (2006)
Das Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis) - Blume des Jahres 2006. In: Mitteilungen der NGM - 6. Jahrgang Heft 1, o. O.

Mühlbach südlich von Nassau

Schlagwörter
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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Silke Dehe (2022): „Mühlbach südlich von Nassau”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343794 (Abgerufen: 16. April 2024)
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