Architektur
Das Haus „Moselgruß“ ist ein sehr altes Gebäude und wurde im Laufe der Jahrhunderte von seinen Eigentümern unterschiedlich genutzt und mehrfach verändert. Ursprünglich wurde es als spätgotisches Wohnhaus mit doppeltem Stufengiebel auf einem Grundriss von 8,00 m x 8,70 m aus solidem Bruchsteinmauerwerk zweigeschossig errichtet. Die Giebelfenster im 1. Obergeschoss waren im gotischen Baustil ausgeführt, spitzbogig mit einer Breite von 1,40 m. Die Umrisse der Fenster traten bei der umfassenden Restaurierung des Hauses im Jahre 1990 zutage.
Die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesdenkmalpflege veranlasste im März 2012 dendrochronologische Untersuchungen des im Haus verbauten Eichenholzes, um das Alter des Hauses zu bestimmen. Drei Proben wurden erfolgreich untersucht, zwei davon wurden auf die Jahre 1675 und 1800 datiert, diese Hölzer stammen von einer Reparatur oder einem Umbau. Eine weitere Probe datierte auf die Jahre 1284/85, doch dieser Balken stammt zweifellos aus einer Zweitverwendung. Die Ergebnisse lassen somit nicht auf die Erbauung des Hauses schließen. Nach damaliger Einschätzung von Frau Dr. Ulrike Weber, Direktion Landesdenkmalpflege wurde das Haus im späten 15. Jahrhundert oder im frühen 16. Jahrhundert erbaut, etwa um das Jahr 1500.
Wohl zu Beginn des 18. Jahrhunderts erfolgten der Einbau der Fenster in schlichten Sandsteinrahmen und der östliche Anbau an das herrschaftliche Wohnhaus. Die Jahreszahl 1725 an der nicht mehr vorhandenen hölzernen Innentreppe könnte darauf hindeuten. In dieser Zeit entstand auch im 1. Obergeschoss des Hauses die beeindruckende Barockstuckdecke mit muschelförmigen Eckrosetten. Im Jahre 1990 wurden im Rahmen einer umfangreichen Restaurierung der Außenputz und die Abdeckplatten der Stufengiebel erneuert, sowie die im Jahre 1908 errichtete, steinerne Außentreppe an der Ostseite des Hauses, die in das 1. Obergeschoss führte, abgebrochen. An dieser Stelle erfolgte im Jahre 2011 der Anbau eines neuen Treppenhauses. In diesem Zustand zeigt sich das gesamte Anwesen heute.
Geschichte des Gebäudes
Der oder die Erbauer des Hauses sind nicht bekannt. Als solche kommen nicht die in Lay begüterten Klöster und Stifte in Frage. Diese ließen zweckmäßige (Fachwerk-) Häuser mit Scheune, Stall und Kelterhaus für ihre Hofleute errichten. Deshalb liegt es nahe, dass ein wohlhabender Bürger oder Adeliger dieses herrschaftliche Wohnhaus außerhalb der damaligen Ortslage erbauen ließ. Auch waren die ersten nachweisbaren Eigentümer oder Bewohner wohlhabende Koblenzer Familien. Um das Jahr 1700 gehörte das Haus der Koblenzer Kaufmannsfamilie Glöckner. Bewohnt hat es um diese Zeit die ebenfalls aus Koblenz stammende Familie des Mathias Dormann. Er war kurtrierischer Bauschreiber und Koblenzer Ratsherr. Im Layer Simpelbuch von 1690 ist er als Layer Bürger verzeichnet. Nach dem Tod der Eheleute Glöckner stritten sich im Jahre 1717 ihre Kinder vor dem Layer Schöffengericht um ihr Erbe in Lay. Danach treten die Familien Dormann, Eulner und Pesgen als Eigentümer des herrschaftlichen Hauses auf.
Um das Jahr 1740 besaß der Assessor Mathias Dormann das Haus. Er ließ die verheerenden Naturereignisse des Jahres 1741 für die Nachwelt festhalten. Im Flur des Erdgeschosses (heute Räume der Bäckerei Alsbach) zeugt noch eine schwarze Marmortafel (47 cm x 12 cm) mit einem Zweizeiler in lateinischer Sprache (Distichon) vom damaligen Hochwasser und dem vernichtenden Hagelschlag.
Die Übersetzung lautet sinngemäß: „Bis hierhin stand im Januar die Mosel / Große steinige Körner haben im August die Ernte zerschlagen.“
Die groß geschriebenen Buchstaben der Schrift ergeben für jede der beiden Zeilen die lateinische Jahreszahl 1741 (Chronogramm, vgl. Abb.). Die Mosel stand damals über einen Meter hoch im Erdgeschoss und die Weinernte des Jahres wurde vernichtet.
Ein Vermächtnis anderer Art hinterließ die Familie Eulner. Anna Franziska Eulner stiftete am 5. Sept. 1770 der Pfarrkirche Lay eine jährliche Naturalienrente, die auf 7 ¼ Hektar Ackerland in Ochtendung lagen. Seit dem Jahr 1828 werden diese Ländereien verpachtet, der Pachtzinz fließt der Kirchengemeinde Lay zu und muss für soziale Zwecke verwandt werden. Die Stifterin starb im März 1775 in Lay und seitdem werden für sie jährlich 4 Messen in der Layer Pfarrkirche gelesen.
Ab dem Jahr 1786 gehörte das Haus dem Kurfürstlichen Hofrat Hammer. Seine Witwe war noch 1811 Eigentümerin des Hauses, als die Häuser des Dorfes von der französischen Verwaltung nach ihrem Wert in Klassen 1 bis 5 eingestuft wurden. Das Haus der Witwe Hammer kam in die 1. Klasse. Die übrigen Layer Häuser rangierten in den Klassen 3 und 4, ein Haus der Gemeinde rangierte gar in der schlechtesten Klasse 5.
Spätestens 1892 war Andreas Carbach Eigentümer des herrschaftlichen Hauses. Er war der Sohn des Gastwirtes Anton Carbach, der in dem schmucken Fachwerkhaus Maistraße 3 (an Silvester 1994 abgebrannt) bis zum Jahre 1891 eine Weinwirtschaft besessen hatte. Andreas Carbach war Winzer, Küfer und Ackerer. Am 13. März 1897 gründete er in seinem Hause den „Bürger-Verein zu Lay“. Diesem Verein gehörten die besser gestellten Bürger des Dorfes an, die den gewöhnlichen Wirtshausbesuch mieden. Der Verein besaß keine Konzession, Zutritt hatten nur Mitglieder und der Layer Pastor. Erst im Mai 1909 erhielt Andreas Karbach die Erlaubnis zum Betrieb einer Weinwirtschaft, die damit offiziell wiedererstanden war. Andreas Karbach besaß reichlich eigene Weinberge und war auch ein erfolgreicher Weinhändler. Seine Weinwirtschaft bestand unter seiner Leitung und der seines Sohnes Anton sowie später dessen Witwe Amalie Karbach bis zum Jahre 1925.
Danach wurde die Weinwirtschaft samt Haus einige Male nicht sehr erfolgreich verpachtet, bis im Jahre 1933 der Gastwirt Wilhelm Pantring und seine Ehefrau Elisabeth aus Gelsenkirchen das Anwesen pachteten und darin das Gasthaus „Moselgruß“ eröffneten. Sie renovierten das Innere des Gasthauses und legten vor dem Haus auf der der Mosel zugewandten Freifläche eine Gartenwirtschaft an. Nachdem Wilhelm Pantring verstorben war, führten seine Ehefrau Elisabeth und ihre beiden Töchter Else und Paula Richolt das Gasthaus weiter. Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahre 1951 übernahm Else Richolt, in Lay nur unter dem Namen „Pantrings Els“ bekannt, das Gasthaus in eigener Regie. Sie war sehr auf ein ansprechendes Äußeres ihres Lokals bedacht. Im Sommer präsentierte sich der „Moselgruß“ als ein schmuckes Gartenlokal. Tische und Stühle standen unter einer begrünten Gartenlaube, eine Tanzfläche war auch vorhanden. Als die Gemeinde Winningen einen neuen Weinbrunnen errichtete, übernahm Else den alten Weinbrunnen, ließ ihn restaurieren und in ihrem Gartenlokal wieder aufstellen. Nicht nur im Sommer war der „Moselgruß“ in Lay beliebt. So pflegten die Layer Möhnen im kleinen Saal im 1. Stock des Gasthauses ihren närrischen Schwerdonnerstag zu feiern. Im Frühsommer 1968 gab Else, inzwischen verwitwete Sprenger, ihr Lokal auf und verabschiedete sich in die Rente. Die Erbengemeinschaft Karbach, der das Haus noch immer gehörte, wollte das Anwesen verkaufen.
Die Gemeinde Lay war an dem Kauf interessiert und erwarb es schließlich im Mai 1968 für 75.000 ,- DM. Die Gemeindevertreter wollten den rund 800 m² großen Garten auf der Südseite des Hauses für die Erstellung eines neuen Kirmesplatzes nutzen, wollten aber auch das historische Gebäude abreißen um neue Bauplätze zu schaffen. Der erste Wunsch wurde realisiert, da die Gemeinde den Garten dem Verein der Heimatfreunde Lay schenkte mit der Auflage, darauf einen Kirmesplatz anzulegen und diesen Platz allen Layer Vereinen für ihre Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Diese Auflage wurde hervorragend erfüllt, Lay erhielt einen sehr schönen Kirmesplatz. Zu dem Abriss kam es nicht, da sowohl das Landesamt für Denkmalpflege als auch die damalige Bezirksregierung Koblenz dies verhinderten, das Haus wurde als Wohnung vermietet.
Mit der Eingemeindung von Lay in die Stadt Koblenz am 7. November 1970 wurde die Stadt Koblenz Eigentümerin des Hauses und ließ es im Jahre 1990 umfassend restaurieren. Auf der Freifläche an der Nordseite des Hauses zur Mosel hin wurde eine Grünanlage mit Bäumen und Ruhebänken angelegt. Im Jahre 2009 verkaufte die Stadt Koblenz das Anwesen an einen Layer Bürger. Dieser restaurierte das Haus mit großem Aufwand innen und außen und eröffnete im Mai 2012 ein kleines, nettes Restaurant im 1. Stock sowie in dem historischen Kellergewölbe einen Weinkeller. Neben dem Haus entstand ein ansprechender Biergarten. Doch bereits zum Jahresende 2015 schloss das Restaurant seine Pforten, der Biergarten wurde im Juni 2017 geschlossen, kann aber noch für Feiern o. ä. angemietet werden. Die seit Mai 2012 im Erdgeschoss etablierte Bäckerei mit einem Café ist heute dort noch präsent.
Kulturdenkmal
Das Haus „Am Kirmesplatz 11“ wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler in der kreisfreien Stadt Koblenz (Stand 10.01.2022) geführt. Der Eintrag lautet: „massives zweigeschossiges Gebäude mit Stufengiebeln, im Kern vermutlich spätmittelalterlich“.
(Rolf Morbach, Koblenz-Lay, September 2021)
Quelle
Morbach, Rolf (2012): Vortrag im historischen Weinkeller des Hauses Kirmesplatz 11 (Veranstaltung der Volkshochschule Koblenz, Außenstelle Lay am 19.10.2012)