Obstarboretum Bergheimer Dreieck

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Naturschutz
Gemeinde(n): Köln
Kreis(e): Köln
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 00′ 34,05″ N: 6° 55′ 16,87″ O 51,00946°N: 6,92135°O
Koordinate UTM 32.354.178,48 m: 5.652.933,10 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.564.706,57 m: 5.653.103,10 m
Die Streuobstwiese am Bergheimer Dreieck ist eine ganz neue Anpflanzung und vereint dennoch sehr viel Geschichte auf einer Fläche. Denn die Obstwiese ist ein Versuch, wertvolle historische Obstsorten für die Zukunft zu erhalten, sie in der Bevölkerung bekannt zu machen und zu erforschen.

Der Verlust an historischen Kulturobstsorten war in den letzten sechs Jahrzehnten beispiellos. Ein Großteil der noch vorhandenen Sorten droht kurz- bis mittelfristig in Deutschland auszusterben, wenn keine geeigneten Maßnahmen zu ihrer Identifizierung, Sicherung und Vermehrung unternommen werden. Um diese Sorten zu erhalten, bieten sich sogenannte Erhaltungskulturen an. Das Konzept für eine solche Erhaltungskultur hat die Biologische Station für Köln ausgearbeitet und vorgelegt. Die Umsetzung wurde im Sommer 2021 vom Kölner Stadtrat beschlossen. Auf einer ehemaligen Ackerfläche im Bergheimer Dreieck entsteht damit in den kommenden Jahren eine Obstwiese der Superlative. Rund 160 historische Kulturobstsorten mit Bezug zum Rheinland sollen hier eine neue Heimat finden.
Die Obstsorten in der Erhaltungskultur Bergheimer Dreieck werden in thematischen Gruppen über die Fläche verteilt gepflanzt. Die Äpfel werden zum Beispiel nach Herkunftsregion geordnet, so dass zukünftig die Sorten aus dem Bergischen Land, aus der Eifel, vom Niederrhein usw. jeweils in ihrem eigenen Quartier erlebt werden können. So finden Gelbe Schafsnase, Hesselmanns Schlotterapfel und Bergischer Herrenapfel in der Sortengruppe Bergisches Land zusammen, während Eifeler Rambur, Luxemburger Renette und Schicks Rheinischer Landapfel in der Sortengruppe Eifel wachsen. Bei den Birnen wurden die Gruppen hinsichtlich ihrer historischen Nutzungsweisen geordnet: Tafelbirnen, Kochbirnen, Dörrbirnen und Krautbirnen werden jeweils in ihrem eigenen Quartier zu stehen kommen.

Neben den regionalen Sorten aus dem Rheinland werden auch einige seltene Obstsorten aus den Nachbarregionen aufgepflanzt, vor allem aus den Niederlanden und Belgien. Dies soll verdeutlichen, dass der Erhalt der historischen Kulturobstsorten eine gemeinsame europäische Aufgabe ist, die letztendlich nur in enger Zusammenarbeit zwischen Ländern, Regionen und nicht zuletzt den Menschen selbst gelingt. So wird die Erhaltungskultur am Bergheimer Dreieck in den kommenden Jahren auch durch einen Rundweg über die Fläche erschlossen, der an verschiedenen Stationen Infotafeln bereithält, die über die Hintergründe der Sortengruppen, ihrer Herkunft und ihrer zukünftigen Bedeutung für eine nachhaltige Landwirtschaft aufklären sollen.
Ursprünglich wurde die Grünfläche nahe des historischen Bergheimer Hofs als Ackerland zur Heugewinnung genutzt. Zukünftig werden Wildblumen zwischen den Obstbäumen wachsen und einen weiteren Beitrag zur ökologischen Aufwertung der Fläche leisten. Entstehen konnte das Arboretum dank der finanziellen Förderung Kölner Grünstiftung und die Jüdische Liberale Gemeinde Gescher LaMassoret e.V.

Wortherkunft Streuobstwiese
Streuobstwiesen waren früher ein prägender Bestandteil unserer Kulturlandschaft. Sie dienten der Selbstversorgung mit Obst und stellten somit einen unverzichtbaren Bestandteil im Leben der Menschen dar. Bei diesem traditionellen Anbauverfahren im Obstbau setzt die Krone der Obstgehölze erst in einer Stammhöhe von ca. 1,80 m an. Dadurch bleibt unter den Baumkronen genügend Platz, um die Fläche auch zum Anbau von Viehfutter zu nutzen. Solche Zweinutzungskulturen wurden früher als Baumgärten (rheinisch Bongerte) bezeichnet. Traditionell wurden im Rheinland viele Streuobstwiesen durch Nutztiere wie Schafe oder Rinder beweidet (Sprachpuristen sprechen in diesem Fall von Streuobstweiden). In anderen Regionen Deutschlands war aber auch eine Heuwiesennutzung üblich, bei der das Gras mit der Sense geschnitten wurde und als Heu den Haustieren später im Jahr als Winterfutter diente. So entstanden unter den Obstbäumen allmählich blumenreiche Wiesenfluren, die zuweilen Obst-Prairien genannt wurden (von französisch prairie = Wiese).

Der Begriff Streuobstwiese führt oft zu einiger Verwunderung. Was soll denn da eigentlich verstreut sein? Sind es die Bäume, die scheinbar wahllos in die Landschaft gepflanzt werden? Oder hat es etwa mit dem Wiesenschnitt zu tun, der früher als Einstreu im Stall verwendet worden ist? Sprachgeschichtliche Untersuchungen haben gezeigt, dass nichts davon zutrifft. Die sprachlichen Ursprünge des Begriffs lassen sich bis ins 19. Jahrhunderts zurückverfolgen. Seither hat die Bedeutung des Wortes „Streuobst“ eine ebenso wechselvolle Geschichte erfahren wie die Baumgärten selbst. Zu Beginn der Geschichte diente er rein deskriptiv als Lagebezeichnung: Obstbäume wurden „in Streulage“ um die Dörfer und Höfe angebaut. Damit war die unmittelbare Umgebung der Dörfer gemeint. Erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts wandelte sich die Konnotation. Nun war immer öfter von Obstbäumen die Rede, die in der Landschaft „verstreut“ wuchsen. Dieser „Streuanbau“ bzw. die „Streupflanzung“ wurde zunehmend kritisiert. Zu unrentabel galt vielen Autoren nun die alte Art der Hochstammkultur. Doch auch in dieser Bedeutung wurde nicht von verstreut stehenden Einzelbäumen gesprochen, sondern von Baumbeständen, die über die Landschaft verstreut standen. Im Zuge der Rodungsaktionen und der immer stärker in den Vordergrund tretenden Niederstammwirtschaft entstanden dann spätestens in den 1970er Jahren die heute bekannten Bilder von Altbeständen, in deren Reihen immer öfter Lücken klafften. Ohne Pflege und nachgepflanzte Jungbäume standen die übrig gebliebenen Altbäume nun tatsächlich verstreut in der Gegend herum.

(Hannah Brüggemann, NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln, 2022)

Internet
www.nabu-bslk.de: Sortenerhaltungskultur Bergheimer Dreieck (abgerufen 03.01.2022)
www.nabu-bslk.de: Streuobst (abgerufen 03.01.2022)
praxistipps.lbv.de: Geschichte der Streuobstwiese (abgerufen 03.01.2022)
www.nabu-naturschutzstation-muensterland.de: Geschichte der Streuobstwiesen (abgerufen 03.01.2022)

Obstarboretum Bergheimer Dreieck

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Bergheimer Weg
Ort
50769 Köln - Longerich
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Naturschutz
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Vor Ort Dokumentation, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 2021

Empfohlene Zitierweise

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Hannah Brüggemann (2022): „Obstarboretum Bergheimer Dreieck”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343413 (Abgerufen: 16. April 2024)
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