Auf dem Grundstück in der Naheweinstraße 38 in Laubenheim soll sich einst ein Klosterhof befunden haben. Dessen Geschichte liegt im Dunkeln. Lediglich eine Legende, ein paar Gebäudefragmente und archäologische Funde weisen darauf hin, dass sich hier einmal der Ableger eines Kartäuserklosters befunden haben könnte. Die heute 732 Quadratmeter große Hofanlage ist vermutlich bereits seit dem Dreißigjährigen Krieg in Privatbesitz.
Hofanlage Der ehemalige Klosterhof in der Naheweinstraße 38 ist teilweise in Fachwerkbauweise auf einem L-förmigen Grundriss erbaut worden. Die Stirnseite des Wohngebäudes weist in Richtung Straße. Die Scheune schließt sich im 90-Grad-Winkel an das Wohnhaus an. Betritt man den Gebäudekomplex durch das metallene Eingangstor, befindet sich gleich links das Wohnhaus mit einer Grundfläche von 85 Quadratmetern.
Insgesamt weist dieser Gebäudeteil in barocker Fachwerkbauweise drei Stockwerke auf und ist über eine rot gestrichene steinerne Treppe zu erreichen. Damit liegt der erste Stock im Hochparterre. Neben der Bauweise fällt hier auf, dass das Dachgeschoss vier Dachgauben besitzt. Im zweiten Stock finden sich, wie im Rest des Gebäudes auch, mehrere weiße Kastenfenster. Oberhalb der Eingangstür liest man in goldener Schrift auf grünem Grund eine Sentenz der heutigen Besitzer: „Im Osten mein Weg - Vom Süden mein Licht - Im Westen der Schweiß meines Angesicht - Im Norden mein Schatten - So stehe ich auf 1132er Fels - Im Kloster herrscht Leben - Meinem Dache gefällts“. Die von außen sichtbaren Holzbalken des Fachwerkhauses sind rot gestrichen, die Fensterrahmen grün und das Mauerwerk weiß. Nur die Eingangstür und die Rahmen der Küchenfenster wurden hölzern belassen.
Im anschließenden 189 Quadratmeter großen Scheunenbereich, der teilweise aus Fachwerk besteht, erkennen wir im Dachgeschoss einen Dreiecksgiebel mit vier Fenstern. Direkt darunter, oberhalb der roten Zutrittstür, befindet sich eine über die gesamte Länge des Gebäudes laufende Reihung rautenförmiger und rechteckiger Fenster. Die Gutachterin des Landesamtes für Denkmalpflege bemerkt: „Von der Scheunenrückwand im Erdgeschoss aus erreicht man im Süden des Gebäudes einen in den Hang eingetieften, großen tonnengewölbten Keller. Der mündlichen Überlieferung zufolge wurde der Keller zeitweilig als Gefängnis benutzt“ (Schmid 1992, S. 2 und 6). Sowohl Scheunenrückwand, als auch Teile der Keller werden im Bericht als Teil eines Klosterbaus genannt. In der Hausfassade sollen laut Bericht ebenfalls Sandsteinelemente verbaut gewesen sein, die einem älteren Gebäude entstammten. Im Bericht ist von Sockelelementen aus Sandstein ebenso die Rede, wie von Tür- und Fenstergewänden und Halbsäulen. Fest steht: Diese Elemente „(...) [müssen] zu einem relativ qualitätvollen spätgotischen Bau gehört haben (...)“ (Ebd). Diese Beurteilung legt nahe, dass diese Spolien aus dem Vorgängerbau am Standort stammen und dass es sich um ein Klostergebäude gehandelt haben mag. Eindeutig belegen lässt sich diese Bewertung jedoch nicht.
Entstehungslegende Die bauhistorische Situation des ehemaligen Klosterhofes ist mit einer Erzählung verknüpft, die bereits in der Inschrift über der Tür anklingt. Nach dieser Überlieferung soll im Bereich der spätgotischen evangelischen Kirche (siehe Beitrag) seit dem 12. Jahrhundert eine Mauritiuskapelle gestanden haben. Diese Kapelle wiederum sei von einer Gräfin von Bolanden erbaut worden, nachdem ihr Sohn von den Kreuzzügen nicht wiedergekehrt war. Ebenfalls soll sie den Rittern des Templerordens, die ihr die Nachricht überbracht hatten, ein Kloster oder einen Klosterhof gestiftet haben. Nach der Auflösung des Templerordens im Jahre 1312 soll das Kloster den Kartäusern überantwortet worden sein. Über diese Überlieferung hinaus, konnten bisher keine weiteren Quellen ausgemacht werden, die eine Datierung der ehemaligen Klosteranlage um diese Zeit belegen würden. Auch konnte nicht nachvollzogen werden, wann die Säkularisierung des Klosterbesitzes in Laubenheim vorgenommen wurde (Hofmeister 2020, S.14).
Eine Gutachterin hält allerdings fest, dass „[d]ie ‚versetzte‘ Scheunenrückwand und zumindest ein Teil der hangwärts gelegenen Keller und Gänge spätestens 1560 gebaut worden sein [müssen], [sie] waren also noch Teil des Kartäuser-Klosters oder -Klosterhofes. Sie wurden von den ‚privaten‘ Eigentümern, die das Anwesen seit der Mitte des 17. Jh. ihrem bescheideneren Bedarf entsprechend umbauten, weiterbenutzt“ (Schmid 1992, S. 6). Die Jahreszahl 1560 wird hier erwähnt, weil sie auf dem Türgewände des Gewölbekellers zu lesen ist. Nach Auffassung der Gutachterin passt das Datum „durchaus zu der Art der Türfassung und auch des Gewölbekellers“ (Schmid 1992, S. 3). Zu den privaten Eigentümern gehörte zunächst Johan Walther Lieser (Lebensdaten unbekannt). Nach Auskunft der heutigen Besitzer habe dieser die Anlage von 1665 bis 1740 besessen. Sein Name und die Jahreszahl 1665 sind auf einem Türsturz als Inschrift zu lesen. In der Zeit von 1740 bis 1980 sei die Klosteranlage im Besitz der Familie Pries gewesen. Die heutigen Besitzer, die Familie Hochgesand, restaurieren das Anwesen sorgfältig seit dem Jahr 1990.
Archäologische Funde Die historische Situation kann aufgrund der lückenhaften Quellenlage nicht eindeutig nachvollzogen werden. Dennoch zeugen die Funde vor Ort von einer mannigfaltigen Geschichte, „die die gemeldeten archäologischen Funde und Befunde an Bedeutung übertreffen“ (Schmid 1992, S. 6). Zu diesen Funden zählen glasierte Scherben zum Teil mit Malhornverzierung, Fayence (Keramikerzeugnis mit weißer deckender Zinnglasur), eine gußeiserne Ofenplatte, ein dunkelbraun glasierter Topf, eine lederne Schuhsohle, ein Mönch-Nonnen-Ziegel und das Fragment einer verbrannten, ursprünglich schwarz graphierten Eckkachel eines Renaissancekachelofens.
Der größte Teil der genannten Funde stammt aus dem 17. Jahrhundert und später (siehe Abbildungen in der Mediengalerie). Also aus der Zeit, als die Anlage in Privatbesitz war. Einen spannenden Fund bietet auch eine Weinflasche, die mitsamt Inhalt unversehrt geborgen werden konnte. Diese stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In die Flasche sind folgende Worte eingeritzt: „1132 Tempelherren“. Die Kapsel trägt eine Prägung mit Traubenblatt und Sternen. Nach bisherigen Untersuchungen wird die Flasche auf um das Jahr 1832 datiert. Dabei handelt es sich vermutlich um einen Jubiläumswein, der auf das mystische Gründungsdatum der Niederlassung des Templerordens im Jahr 1132 Bezug nimmt. Dieses Zeugniss einer 700-Jahrfeier verdeutlicht, wie stark das Datum 1132 mit diesem Anwesen verbunden ist. Genauere Untersuchungen zur Datierung, beispielsweise durch eine 14C-Methode (AAM), stehen noch aus.
Folgt man den Spuren der Objekte weiter, so legt zumindest ein Fund den Verdacht nahe, dass der Standort bereits zur Zeit der Spätgotik (1430-1500) bebaut war: „Zwischen den Sandsteinen im Hof befand sich auch das Fragment einer spätgotischen verzierten Bodenfliese mit vertiefter Prägung aus gebranntem Ton (um 1400), deren Ziermotiv aufgrund der schlechten Erhaltung nicht mehr zu erkennen ist“ (Schmid 1992, S.2). Die Wissenschaftlerin gibt in Ihrem Bericht zu verstehen, dass durch weitere Forschungen mit „Erkenntnissen über die Klosteranlage der Gotik und der Renaissance zu rechnen“ ist. Dennoch bleibt, wie bereits angedeutet, die Überlieferung hier vage.
Der Eckhof Hakenanlage Naheweinstraße 38 wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Bad Kreuznach (Stand 2021) geführt. Der Eintrag lautet: „Naheweinstraße 38 ehem. Klosterhof, Hakenanlage; barockes Fachwerkhaus, tonnengewölbte Keller bez. 1560 (?), 1610 (?) und 1665; Scheune, tlw. Fachwerk“.
(Alexander Tibo-Gnosa, Universität Koblenz-Landau / freundliche Hinweise von Familie Hochgesand, 2021)
Quellen Landesamt für Denkmalpflege, Bericht vom Juni/Juli 1992: „Laubenheim/Nahe, Krs. KH. Im Kloster“
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Bad Kreuznach. Denkmalverzeichnis Kreis Bad Kreuznach, 14. Februar 2022. Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke.rlp.de/Bad Kreuznach
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