Anlässlich des 50. Jahrestages der Novemberpogrome von 1938 beschloss der Rhein-Sieg-Kreis im Jahr 1988, das jüdische Leben an der Sieg zu dokumentieren und einen Beitrag zur Erinnerungsarbeit zu leisten. Im August 1994 konnte im früheren Wohnhaus der jüdischen Familie Seligmann in der Rosbacher Bergstraße die Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ eröffnet werden.
Das Wohnhaus der Familie Seligmann Laut Denkmalbeschreibung stammt das einst einem Fachwerkhof zugehörige zweigeschossige Wohnhaus mit neun Zimmern aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Der Eintragungstext beschreibt ferner: „2-geschossiger Ständerbau mit breitem profiliertem Rähm und kräftigen Eckständern, traufseitig erschlossen, Fenster im 19. Jh. vergrößert, an der Giebelseite Ladeluke; der Baukörper wird beeinträchtigt durch einen späteren Bau des 19. Jh. (stark modernisiert).“ (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland)
Das Fachwerkhaus in der Bergstraße befindet sich unmittelbar neben dem einstigen Standort der 1938 zerstörten Rosbacher Synagoge. Das Haus wurde im Jahr 1919 von Moses Seligmann erworben und 1920 von dessen Sohn, dem jüdischen Altwarenhändler Max Seligmann, seiner Frau Maria und ihren fünf Kindern bezogen. Die Vorfahren der Familie Seligmann lebten seit dem 19. Jahrhundert in der Umgebung von Rosbach. Unterbrochen von der NS-Zeit, die einzig das Ehepaar Max und Maria und ihr Sohn Alfred überlebten, war das Haus für die Familie bis 1961 Wohn- und Arbeitsplatz (www.ns-gedenkstaetten.de; hingegen nennt www.rhein-sieg-kreis.de das Jahr 1971). Hilde Seligmann, die Schwiegertochter Max Seligmanns, stellte das ehemalige Wohnhaus unter dem Eindruck einer Ausstellung zur jüdischen Geschichte an Rhein und Sieg 1983 für die Einrichtung einer Gedenkstätte zur Verfügung.
Die Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ Die ab 1988 konzipierte und 1994 eröffnete Gedenkstätte gibt mit Hilfe des umfangreichen Bild- und Textmaterials ihrer Dauerausstellung einen Einblick in die Geschichte des jüdischen Lebens an der Sieg, die Entstehung und Blütezeit der jüdischen Gemeinden im Kreis und deren völlige Zerstörung während der Zeit des Nationalsozialismus. Das neben dem Fachwerkhaus eigens erstellte Veranstaltungsgebäude bietet Platz für Vorträge, Konzerte und die Arbeit mit Schulklassen.
„In neun Räumen des zweigeschossigen Fachwerkhauses und der originalgetreu eingerichteten Werkstatt werden Religion und Kultur, Arbeit und Alltag, aber auch Verfolgung und Vernichtung der ehemals in der Siegregion lebenden Juden dokumentiert.“ (www.rhein-sieg-kreis.de)
„Ein Schabbat-Raum, der zum Teil mit Privatgegenständen der Stifterfamilie ausgestattet ist, lässt den religiösen Alltag der jüdischen Landbevölkerung anschaulich werden. Ein weiterer Ausstellungsschwerpunkt behandelt die Geschichte der Familie Seligmann, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an die Sieg kam und heute weltweit verstreut lebt. Die Werkstatt von Max Seligmann wurde authentisch wiederhergestellt. Die dritte Abteilung schildert Entstehung, Alltag und Untergang der jüdischen Bevölkerung zwischen Hamm und Mondorf von der Zeit der jüdischen Emanzipation im 19. Jahrhundert über die Blüte der hier ansässigen Gemeinden in den 1920er Jahren bis zu ihrer Vernichtung durch die Nationalsozialisten. Im letzten Raum werden die jüdischen Friedhöfe als Relikte einer heute nicht mehr existierenden jüdischen Kultur an der Sieg dokumentiert. “ (www.rheinischemuseen.de)
Gedenkstein und Stolpersteine Auf der Grünfläche vor dem früheren Wohnhaus erinnert ein Gedenkstein mit Tafel an die Familie Seligmann (vgl. Abbildung). Der für seine „Stolpersteine“ für Opfer des Nationalsozialismus bekannte Künstler Gunter Demnig (*1947) verlegte am 17. September 2011 die ersten 22 Stolpersteine zur Erinnerung an ermordete jüdische Bürger in Rosbach. Sieben unmittelbar vor der Gedenkstätte verlegte Steine erinnern seit dem 29. März 2012 an die Mitglieder der Familie Seligmann, die entweder ermordet wurden oder die NS-Zeit durch Flucht überlebten.
Trägerschaft und Förderverein der Gedenkstätte Träger der Einrichtung ist der Rhein-Sieg-Kreis, dessen Kreisarchiv die wissenschaftliche und personelle Betreuung der Gedenkstätte sowie die weitere Erforschung und Darstellung jüdischer Geschichte im Gebiet der Sieg zur Aufgabe hat. Ein eigener Förderverein „Gedenkstätte Landjuden an der Sieg e.V.“ unterstützt das Projekt. Spenden und Mitgliedsbeiträge werden für die weitere Ausstattung der Gedenkstätte und für die Durchführung von Sonderveranstaltungen und -projekten eingesetzt. Der gemeinnützige Verein ermöglicht auch die Herausgabe der Publikationsreihe „GedenkSchriften - Schriftenreihe der Gedenkstätte Landjuden an der Sieg e. V.“ (www.rhein-sieg-kreis.de und www.ns-gedenkstaetten.de).
Baudenkmal, Hinweise, Sanierung ab 2021 Das um 1800 errichtete Gebäude wurde zum 4. Februar 1987 in die Denkmalliste von Windeck aufgenommen (UDB-Nr. A 94, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland Nr. 21079).
Im November 2020, 75 Jahre nach dem Ende des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs sowie der Gründung der Vereinten Nationen am 24. Oktober 1945, wurde die Gedenkstätte Teil der interaktiven Online-Ausstellung der Vereinten Nationen „7 Places - Sieben Orte in Deutschland“, die mit Hilfe eines Zeitstrahls die Erinnerung an den Holocaust, die Shoah, ebenso lebendig hält wie den laufenden Diskurs über die Erinnerungskultur (www.7places.org).
Seit 2021 sind die Ausstellungsräumlichkeiten geschlossen, da die Gedenkstätte saniert wird um Schäden an der Substanz des historischen Gebäudes zu beseitigen. Die museumspädagogische Arbeit konzentriert sich daher auf das mobile Unterrichtsangebote der Gedenkstätte. Die Wiedereröffnung mit einer völlig neu konzipierten Dauerausstellung war zunächst für Oktober/November 2022 geplant und wurde später auf Herbst 2023 verschoben (www.ns-gedenkstaetten.de).
Internet www.rhein-sieg-kreis.de: Die Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ (abgerufen 16.08.2021) www.ns-gedenkstaetten.de: Arbeitskreis der NS-Gedenkstätten und -Erinnerungsorte in NRW e.V., Besucherinformationen zu der Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ (abgerufen 16.08.2021, 11.04.2022 und 12.12.2023) www.rheinischemuseen.de: Gedenkstätte Landjuden an der Sieg (abgerufen 16.08.2021) de.wikipedia.org: Gedenkstätte Landjuden an der Sieg (abgerufen 06.08.2021) de.wikipedia.org: Liste der Stolpersteine in Windeck (abgerufen 16.08.2021) www.7places.org: Online-Ausstellung „7 Places - Sieben Orte in Deutschland“ (abgerufen 17.08.2021) www.windeck-bewegt.de: Informationen zur Einsicht in die Denkmalliste Windeck (Liste selbst nicht online, abgerufen 06.08.2021)
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