Kriegsgräberstätte Vossenack

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Hürtgenwald
Kreis(e): Düren
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 40′ 31,58″ N: 6° 20′ 58,74″ O 50,67544°N: 6,34965°O
Koordinate UTM 32.312.744,61 m: 5.617.084,83 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.524.759,44 m: 5.615.599,22 m
  • Bild 1: Sechs Stelltafeln auf der Kriegsgräberstätte Vossenack werden der Öffentlichkeit übergeben (10. Juni 2015).

    Bild 1: Sechs Stelltafeln auf der Kriegsgräberstätte Vossenack werden der Öffentlichkeit übergeben (10. Juni 2015).

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  • Bild 2: Chefarchitekt Robert Tischler zusammen mit Hitler und Siegfried Emmo Eulen (Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge) anlässlich der Ausstellung des Volksbundes 1934 in Dresden vor dem Modell der Kriegsgräberstätte Haubourdin.

    Bild 2: Chefarchitekt Robert Tischler zusammen mit Hitler und Siegfried Emmo Eulen (Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge) anlässlich der Ausstellung des Volksbundes 1934 in Dresden vor dem Modell der Kriegsgräberstätte Haubourdin.

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  • Bild 3: Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte Vossenack, aufgenommen im September 1952.

    Bild 3: Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte Vossenack, aufgenommen im September 1952.

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  • Bild 4: Kriegsgräberstätte Vossenack vor 1957 mit breitem Treppenaufgang zum Gräberfeld und dem 'Sarkophag' im Hintergrund.

    Bild 4: Kriegsgräberstätte Vossenack vor 1957 mit breitem Treppenaufgang zum Gräberfeld und dem 'Sarkophag' im Hintergrund.

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  • Bild 5: Aufbau des 'Sarkophags' auf der Kriegsgräberstätte Vossenack. Aufnahme vermutlich 1952.

    Bild 5: Aufbau des 'Sarkophags' auf der Kriegsgräberstätte Vossenack. Aufnahme vermutlich 1952.

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  • Bild 6: Der 'Sarkophag' auf der Kriegsgräberstätte Vossenack heute (2016).

    Bild 6: Der 'Sarkophag' auf der Kriegsgräberstätte Vossenack heute (2016).

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  • Bild 7: Grabplatten auf der Kriegsgräberstätte Vossenack heute (2020).

    Bild 7: Grabplatten auf der Kriegsgräberstätte Vossenack heute (2020).

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  • Bild 8: Einzelne Grabplatte mit individuellem Grabschmuck auf der Kriegsgräberstätte Vossenack heute (2016).

    Bild 8: Einzelne Grabplatte mit individuellem Grabschmuck auf der Kriegsgräberstätte Vossenack heute (2016).

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  • Bild 9: Grabplatten und Symbolkreuz-Gruppen auf der Kriegsgräberstätte Vossenack heute (2020).

    Bild 9: Grabplatten und Symbolkreuz-Gruppen auf der Kriegsgräberstätte Vossenack heute (2020).

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  • Bild 10: Frühe Bepflanzung der Kriegsgräberstätte Vossenack, nach Angaben des Volksbundes aus dem Jahr 1951.

    Bild 10: Frühe Bepflanzung der Kriegsgräberstätte Vossenack, nach Angaben des Volksbundes aus dem Jahr 1951.

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  • Bild 11: Das 1957 nachträglich gesetzte Hochkreuz mit den beiden seitlichen Zugängen aus dem Jahr 1957. Die Aufnahme ist aktuell (2015).

    Bild 11: Das 1957 nachträglich gesetzte Hochkreuz mit den beiden seitlichen Zugängen aus dem Jahr 1957. Die Aufnahme ist aktuell (2015).

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  • Bild 12: Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte Vossenack. Nach Angaben des Volksbundes stammt das Foto vom Juni 1958.

    Bild 12: Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte Vossenack. Nach Angaben des Volksbundes stammt das Foto vom Juni 1958.

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  • Bild 13: Tafel am Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte Vossenack (2012).

    Bild 13: Tafel am Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte Vossenack (2012).

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  • Bild 14: Grabplatte Walter Models mit Bildbeigabe durch Verehrer des Generalfeldmarschalls (2017).

    Bild 14: Grabplatte Walter Models mit Bildbeigabe durch Verehrer des Generalfeldmarschalls (2017).

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  • Bild 15: Der 1965 aufgestellte Gedenkstein auf der Kriegsgräberstätte Vossenack, auf dem „unserer Toten im Osten“ gedacht wird (2015).

    Bild 15: Der 1965 aufgestellte Gedenkstein auf der Kriegsgräberstätte Vossenack, auf dem „unserer Toten im Osten“ gedacht wird (2015).

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  • Bild 16: Fragwürdige Gedenktafeln des 'Fördervereins Windhunde mahnen zum Frieden', die an Bundeswehrsoldaten erinnern, die im Einsatz getötet wurden (2021).

    Bild 16: Fragwürdige Gedenktafeln des 'Fördervereins Windhunde mahnen zum Frieden', die an Bundeswehrsoldaten erinnern, die im Einsatz getötet wurden (2021).

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  • Bild 17: Gedenktafeln für Julius Erasmus'. Sie wurden auf einem Doppelkreuz angebracht, das von der Kriegsgräberstätte Hürtgen stammt (2020).

    Bild 17: Gedenktafeln für Julius Erasmus'. Sie wurden auf einem Doppelkreuz angebracht, das von der Kriegsgräberstätte Hürtgen stammt (2020).

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  • Bild 19: Seit September 2022 befindet sich die Erinnerungstafel an Julius Erasmus auf der Kriegsgräberstätte Vossenack rechts neben dem Hochkreuz.

    Bild 19: Seit September 2022 befindet sich die Erinnerungstafel an Julius Erasmus auf der Kriegsgräberstätte Vossenack rechts neben dem Hochkreuz.

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  • Die Kriegsgräberstätten Hürtgen und Vossenack in der Nordeifel (2021)

    Die Kriegsgräberstätten Hürtgen und Vossenack in der Nordeifel (2021)

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Einleitung
Robert Tischler – Der Architekt der Anlage
Konfliktreicher Aufbau der Anlage
Vossenack 1952 bis 1957
Vossenack 1957 bis heute
Eine fragwürdige Umbettung
Drei weitere Gedenksteine

Einleitung
Die Kriegsgräberstätte Vossenack wurde am 31. August 1952 durch den Staatssekretär im damaligen Ministerium für gesamtdeutsche Fragen, Franz Thedieck, eröffnet. Sie befindet sich außerhalb Vossenacks auf einem Gelände, das auf militärischen Karten des Zweiten Weltkriegs als ‚Höhe 470‘ und damit als kriegsstrategischer Punkt verzeichnet ist. Ursprünglich war mit der Bestattung der Kriegstoten auf einem Gelände neben dem Gemeindefriedhof von Vossenack begonnen worden. Als man sich endgültig für die Rodungsfläche auf der ‚Höhe 470‘ entschieden hatte, verlegte man die beim Gemeindefriedhof bereits bestatteten rund 700 Kriegstoten dorthin. Weitere Tote kamen durch Umbettungsaktionen von benachbarten Gemeindefriedhöfen hinzu oder vom unmittelbaren Kriegsschauplatz in den umliegenden Wäldern, von Wegrändern und aus minenverseuchtem Gelände. Zum Zeitpunkt der Einweihung ruhten auf der Kriegsgräberstätte auch bereits mehr als dreißig Tote, die nach dem Krieg beim Minensuchen ums Leben gekommen waren. Über die Jahre wuchs die Zahl der Bestatteten durch weitere Funde oder Umbettungen. So wurden zum Beispiel 1986 noch rund 90 Kriegstote aus Lich-Steinstraß nach Vossenack überführt, weil deren ursprünglicher Begräbnisort der Expansion des Braunkohletagebaus weichen musste. Nach Angaben der Kreisverwaltung Düren, die heute für den Unterhalt der Kriegsgräberstätte Vossenack zuständig ist, ruhen dort aktuell 2.367 Tote.

Nähere Informationen zu dem regionalen Kriegsgeschehen, der Entstehung der Anlage, den dort Bestatteten sowie zu einzelnen Gräbern und architektonischen Elementen finden sich auf sechs Informationstafeln, die linksseitig den Eingangsbereich der Kriegsgräberstätte flankieren. Sie entstanden im Rahmen eines Projekts des benachbarten Franziskus-Gymnasiums und wurden im Juni 2015 der Öffentlichkeit übergeben (Bild 1). Ihre Entstehungsgeschichte ist zu komplex, um hier näher darauf einzugehen. Sie ist aber nachzulesen unter Fings / Möller 2016.
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Robert Tischler – Der Architekt der Anlage
Die architektonische Gestaltung der Kriegsgräberstätte übertrug der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge seinem Chefarchitekten Robert Tischler (1885-1959). Tischlers Laufbahn hatte noch im Kaiserreich begonnen. Aus Niederbayern stammend absolvierte er seine Lehrzeit im Botanischen Garten in München und in der Staatlichen Lehranstalt für Obst- und Gartenbau Proskau bei Oppeln in Schlesien. Gemeinsam mit einem Studienkollegen gründete er 1913 ein eigenes Unternehmen im Ruhrgebiet, in dem er für den Bereich der Gartengestaltung zuständig war, später arbeitete er als freier Gartenarchitekt in München. 1926 wurde ihm vom Volksbund die Leitung des Baubüros in München übertragen. Seine Arbeit verortete Tischler in der Tradition mittelalterlicher Bauhütten, in denen das Kollektiv in den Vordergrund rückte und individuelles Hervortun mit eigener Namensnennungen eher die Ausnahme bildete. Dadurch sind auch kaum eigene Beiträge oder Interviews von ihm überliefert. Als Chefarchitekt des Volksbundes lenkte er die Gestaltung von Kriegsgräberstätten im In- und Ausland über drei politische Systeme hinweg. Den wechselnden politischen Bedingungen passte sich Tischler dabei sowohl persönlich als auch in Gestaltungsfragen regelmäßig an. Zur Teilnahme am Ersten Weltkrieg hatte er sich freiwillig gemeldet, trat am 1. März 1932 – also zu einem recht frühen Zeitpunkt – der NSDAP bei (Bild 2), wurde nach Kriegsende, wie so viele, lediglich als ‚Mitläufer‘ eingestuft und setzte seine Arbeit für den Volksbund in der Bundesrepublik schließlich weiter fort. Dabei passte er sich durchaus dem veränderten Zeitgeist an, blieb aber in Gestaltungsfragen noch stark durch das eigene Erbe aus der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus beeinflusst. Die Kriegsgräberstätte Vossenack mit ihrer strengen, ‚soldatischen‘ Raumgliederung steht als Beispiel dafür.
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Konfliktreicher Aufbau der Anlage
Der Bau der Anlage wurde durch zwei folgenreiche Konflikte beeinflusst. Der erste entzündete sich an der Frage, wo im ehemaligen Kampfgebiet Hürtgenwald eine zentrale Kriegsgräberstätte zu errichten sei. Konfliktparteien waren die damaligen benachbarten Kreise Monschau und Düren, die beide auf eigenen Gräberstätten bestanden. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge löste den Konflikt, indem er zwei benachbarte Anlagen in Vossenack (Altkreis Monschau) und Hürtgen (Kreis Düren) errichten ließ und deren Ausbau finanzierte. Nähere Details dazu finden sich in dem Beitrag über die Kriegsgräberstätte Hürtgen.
Der zweite Konflikt wurde zwischen dem Volksbund und dem Kreistag des damaligen Landkreises Monschau ausgetragen. Er entwickelte sich erst nach der Eröffnung der Anlage und führte zu einschneidenden Veränderungen, die sich auf der Grundlage historischen Bildmaterials aus der ersten Hälfte der 1950er Jahre und entsprechender Verwaltungsakten rekonstruieren lassen.
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Vossenack 1952 bis 1957
Wer die Kriegsgräberstätte Vossenack nach deren Eröffnung im August 1952 aufsuchte, musste – damals wie heute – zunächst durch ein schmales handgeschmiedetes Eingangstor gehen. Das Tor, eine Verkörperung deutschen Handwerks, wurde von massiven, mit einer gerundeten Kuppe versehenen steinernen Einfassungen aus Grauwacke flankiert, die einen wehrhaften Eindruck vermittelten. Unterstrichen wurde dieser Eindruck noch durch zwei Engelskulpturen, die auf den Einfassungen platziert waren und wie zwei Wächter wirkten, die den Besucherinnen und Besuchern ihre Kreuze als geistige Waffen entgegenhielten (Bild 3). Beide Figuren wurden von dem Bildhauer Otto Gattinger aus München entworfen und waren in Gusseisen ausgeführt worden. Anschließend schritt man auf einen breiten Treppenabsatz zu (Bild 4) und stieg dort langsam zum eigentlichen Gräberfeld auf. Durch die Mitte dieses Feldes zog sich ein schnurgerader Weg, der auf einen massiven Steinkorpus zuführte, den sogenannten Sarkophag (Bild 5 und 6). Tischler hatte ihn mit den Maßen 4,50 x 2,20 x 1,75 Metern aus Basaltlavasteinen zusammensetzen lassen. Seine in drei Zeilen abgefasste Aufschrift lautet „HIER RUHEN / DEUTSCHE SOLDATEN / 1939 1945“. Die Mauer rechts und links des ‚Sarkophags‘ war und ist auch noch heute als langgestreckte Sitzbank angelegt, von der aus der Blick über die Gräberstätte gleitet.

Die Gräberstätte selbst ist streng axial aufgebaut. Gerade Linien, rechte Winkel und der Verzicht auf Baum- oder Sträucheranpflanzungen sind kennzeichnend. Markant an Tischlers Entwurf ist, dass das gesamte Gräberfeld mit einheitlichen, quadratischen Bodenplatten aus Basaltlava (31 x 31 cm) bestückt ist, die im Abstand von gut einem Meter aufgebracht und mit zwei Namen der Toten oder mit dem Hinweis ‚Unbekannter Soldat‘ sowie mit den Lebensdaten und Grabnummern der Toten versehen wurden. Die Tafeln befinden sich jeweils zwischen zwei Gräbern. Nach der Jahrtausendwende wurden sie auf zusätzlichen Grundplatten verankert, um ihrem Diebstahl vorzubeugen (Bild 7).

Was verkörpern diese Steine und ihre Anordnung? Zum einen verleihen sie der Individualität der Toten durch die Namensnennung sowie die Geburts- und Todesdaten Ausdruck (Bild 8). Doch diese Form der Individualisierung wird stark dadurch überlagert, dass die Toten in ein Ordnungsschema eingefügt sind, das dem Prinzip der Uniformität folgt. Durch die Funktionalisierung der einzelnen Grabplatten zu einem strengen Muster erscheinen sie zwangsläufig weniger als Individuen, als vielmehr wie ein militärisches Kollektiv.
Unterstrichen wird der militärisch-pathetische Charakter der Anlage noch durch zwei weitere Gestaltungselemente. Tischler gilt als Erfinder der Symbolkreuze. Darunter versteht man Gruppen zu drei oder fünf Kreuzen, die bereits während des Zweiten Weltkriegs auf Kriegsgräberstätten in eroberten Ländern platziert wurden. Diese Tradition setzte der Volksbund nach dem Kriegsende fort. Auf der Kriegsgräberstätte Vossenack sind diese Gruppen aus dunklem und rauem Theumaer Schiefer geformt (Bild 9). Ihre Botschaft ist einerseits christlich, wird aber durch die Anordnung in entsprechenden Gruppen durch eine militärische Ikonographie insofern überlagert, als sie den militärischen Führer mit seinen Soldaten symbolisch verkörpern. Regelmäßig über die Gräberstätte in Gruppen verteilt, können sie für einen allzeit bereiten Heeresverband ebenso stehen wie für einzelne Patrouillen.
In den Anfangsjahren hatte Tischler auch für eine einheitliche Bepflanzung auf der Gräberstätte gesorgt, indem er dort ein silberblau schimmerndes Gras anpflanzen ließ – Festuca glauca, zu Deutsch: Blauschwingel – das aus dem mediterranen Raum stammt (Bild 10). Der Wuchs dieses Grases, das sich bald bis über die Grabplatten erstreckte und dadurch auch die Namen der Toten bedeckte, kam Tischlers Intention entgegen, die Bestatteten als militärisches Kollektiv ehren zu lassen und ihre individuelle Wahrnehmung zurückzudrängen. Langfristig erwies sich dieser Bewuchs allerdings als nicht geeignet, weil er zu frostanfällig war und einen hohen Pflegeaufwand erforderte. Er wurde später, wie auch die Bepflanzung in Hürtgen, durch eine einheitliche Rasendecke ersetzt.
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Vossenack 1957 bis heute
Nach der Eröffnung der Anlage kam es zu einem Konflikt zwischen dem Kreistag des damaligen Kreises Monschau und dem Volksbund. Die ersten Schriftwechsel dazu stammen aus dem Jahr 1954. Der Kreistag beanstandete, dass auf der Anlage kein Hochkreuz installiert worden war und forderte eine Nachbesserung. Natürlich entsprach das nicht Tischlers ursprünglicher Konzeption, die von der Schaffung einer einzigen Dominante auf der Gräberstätte – eben dem ‚Sarkophag‘ – ausging sowie von einer Achse, die vom Eingangstor bis zu diesem ‚Sarkophag‘ verlaufen sollte. Er sprach sich also zunächst deutlich gegen die Errichtung einer zweiten Dominante aus und ging sogar so weit, die Entfernung des ‚Sarkophags‘ im Falle der Errichtung eines Hochkreuzes zu empfehlen. Am Ende stimmte er der Lösung ‚Sarkophag‘ plus Hochkreuz zu.

Die Umsetzung dieses Kompromisses zog aber auch weitere Veränderungen der Anlage nach sich. Zunächst musste ein passender Platz für das Hochkreuz gefunden werden. Dabei wurde sogar erwogen, das Kreuz auf dem ‚Sarkophag‘ zu installieren. Dazu kam es aber nicht. Als am ehesten geeignet wurde der breite Treppenaufgang zum eigentlichen Gräberfeld gewählt. Das hatte zur Folge, dass ab 1957, als die Neuplanungen umgesetzt wurden, die breite Treppe dem Hochkreuz weichen musste und stattdessen rechts und links des Kreuzes zwei schmale Aufgänge zum Gräberfeld geschaffen wurden (Bild 11). Das Kreuz selbst fiel mit vier Metern Höhe letztendlich nicht sehr groß aus, mutet aber durch die schwarze Basaltlava, aus der es geschaffen wurde, recht wuchtig an. Hinter dem Hochkreuz wurde zunächst noch eine Absperrkette angebracht, die aber später wieder entfernt wurde.

Als Folge der Setzung verschwanden auch der zentrale Weg, der auf den ‚Sarkophag‘ zugeführt hatte, sowie die beiden Engelskulpturen, die auf der Eingangsmauer platziert worden waren. Auch die Einfriedungen des Eingangstores wurden verändert, wobei auf die gerundeten Kuppen verzichtet wurde (Bild 12). Dabei wurde im Eingangsbereich noch eine kleine Platte angebracht, die den Bauherren und die Entstehungszeit der Kriegsgräberstätte benennt, ohne allerdings den Umbau zu erwähnen (Bild 13). Diese 1957 vollendete Grundstruktur der Anlage ist bis heute erhalten geblieben.
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Eine fragwürdige Umbettung
Noch während über die Platzierung des Hochkreuzes debattiert wurde, soll die Umbettung eines prominenten Toten stattgefunden haben. Am 21. April 1945 hatte sich im Ruhrkessel, südlich von Duisburg, so die Überlieferung, Hitlers Generalfeldmarschall Walter Model selbst erschossen, um nicht in Kriegsgefangenschaft zu geraten und wegen begangener Kriegsverbrechen angeklagt zu werden. Zehn Jahre später, am 26. Juli 1955, soll sein Sohn, Hansgeorg Model, veranlasst haben, dass Walter Models sterbliche Überreste auf die Kriegsgräberstätte Vossenack umgebettet wurden (Bild 14). Diese Erzählung blieb über Jahrzehnte unhinterfragt. Walter Models Grabplatte befindet sich in der Mitte des Gräberfeldes, ein bereits dort bestatteter unbekannter Soldat soll dafür extra an den Rand der Anlage verlegt worden sein, um für Model Platz zu schaffen. Der Generalfeldmarschall habe inmitten seiner Soldaten ruhen wollen, so die Aussage seines Sohnes.

Späte Recherchen (siehe Möller 2020) haben aber deutlich gemacht, dass in der Frage der Umbettung erhebliche Zweifel angebracht sind. Walter Model selbst wollte nicht, dass seine Überreste umgebettet werden. Seine Familie war, abgesehen vom Sohn, ebenfalls dagegen. Außerdem wurde die angebliche Umbettung von seinem Sohn und einem führenden Mitarbeiter des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge geradezu klandestin durchgeführt. Es gab weder eine Genehmigung, noch ein Umbettungsprotokoll, noch Zeugen. Es ist daher wahrscheinlich, dass es sich bei Walter Models Grab um eine rein symbolische Grabstelle handelt, die in den zurückliegenden Jahren zudem zum Anziehungspunkt für Militariafreunde und Rechtsextremisten geworden ist. Eine Überprüfung des angeblichen Umbettungsvorgangs durch eine archäologische Grabung steht bis heute aus.
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Drei weitere Gedenksteine
Zehn Jahre nach der angeblichen Umbettung Walter Models wurde ein neuer Gedenkstein im vorderen Bereich der Kriegsgräberstätte gesetzt – genau genommen am 8. Oktober 1965. Es war ein Stein, auf dem „unserer Toten im Osten“ gedacht wird, versehen mit der Kreuzsymbolik des Volksbundes (Bild 15). Solche Steine wurden in Zeiten des Kalten Krieges auf zahlreichen Kriegsgräberstätten aufgestellt. Nachdem die Ost-West-Teilung endgültig erschien, sollte damit auch denjenigen Angehörigen oder Kriegskameraden ein Ort der Trauer geben werden, die die eigentlichen Gräberstätten ihrer Verwandten und Freunde jenseits des ‚Eisernen Vorhanges‘ aufgrund der politischen Lage nicht aufsuchen konnten.

Wiederum vierzig Jahre später wurden im Jahr 2005 und 2006 zwei weitere Gedenksteine auf der Kriegsgräberstätte Vossenack aufgestellt. Der eine befand sich bis ins Jahr 2022 direkt hinter dem Eingang auf der linken Seite. Er wurde dort 2006 auf Initiative des ‚Fördervereins Windhunde mahnen zum Frieden e. V.‘ gesetzt und galt dem Gedenken im Einsatz verstorbener Bundeswehrsoldaten (Bild 16). Der zweite befand sich links des Weges kurz vor dem Aufgang zu dem Gräberfeld. Er wurde ein Jahr zuvor Julius Erasmus gewidmet, der sich in der Region Verdienste um die Bergung von Kriegstoten erworben hatte und einige Jahre für den Volksbund und später für den Kreis Monschau als Friedhofswärter tätig gewesen war (Bild 17).

Beide Steine sind unterschiedlich zu bewerten. Die Platte auf dem Stein zur Erinnerung an Julius Erasmus enthält lediglich dessen Geburts- und Todesdaten sowie den Hinweis, dass es sich bei ihm um den ‚Totengräber von Vossenack‘ gehandelt hat. Das ist akzeptabel. Anders dagegen der Stein, der von dem Förderverein gesetzt wurde. Wer auf einer Kriegsgräberstätte, auf der Soldaten der Wehrmacht und der Waffen-SS ruhen, einen Stein aufstellen lässt, der dem Gedenken an umgekommene Bundeswehrsoldaten gilt, schlägt eine Brücke von Hitlers Militär, das einen rassistischen Vernichtungskrieg mit etlichen Kriegsverbrechen geführt hat, zur Parlamentsarmee einer Demokratie. Dass der Stein an dieser Stelle keinen berechtigten Platz hat, hätte schon 2006, im Jahr der Aufstellung, deutlich sein müssen. In dem damals noch gültigen und inzwischen verschärften Traditionserlass der Bundeswehr des Jahres 1982 hieß es dazu bereits: „In den Nationalsozialismus waren Streitkräfte teils schuldhaft verstrickt, teils wurden sie schuldlos missbraucht. Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen.“

Hinzu kommt, dass auf einer von zwei Metallplatten ein Spruch des ehemaligen Papstes Benedikt XVI (ehemals Kardinal Joseph A. Ratzinger) wiedergegeben wurde, der besagte: „Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei.“ Die Geschichte wurde damit dahingehend verdreht, dass alle Soldaten - auch diejenigen der nationalsozialistischen Wehrmacht und Waffen-SS - zu allen Zeiten als „Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker“ ihren Dienst leisten bzw. geleistet haben. Nach Stellungnahmen des Landeskommandos NRW der Bundeswehr sowie der Landesgeschäftsstelle NRW des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge wurde der Stein im Juni 2022 durch den für die Kriegsgräberstätte verantwortlichen Kreis Düren entfernt.

Es gibt aber noch einen weiteren Grund, weshalb beide Erinnerungssteine in der vorliegenden Form inakzeptabel waren. In beiden Fällen wurden die Texttafeln auf Doppelkreuze montiert. Diese Doppelkreuze wurden von der benachbarten Kriegsgräberstätte Hürtgen übernommen. Es hätte jedoch damals schon bekannt sein müssen, dass sich der Urheber dieser Doppelkreuze, der Gartenarchitekt Carl Ludwig Schreiber, mit seinen im Volksmund so genannten ‚Kameradenkreuzen‘ ganz bewusst gegen die Form von Robert Tischlers Symbolkreuzen abgegrenzt hatte. Er hatte sie gezielt und ausschließlich für die Kriegsgräberstätte Hürtgen entwickelt und wäre mit ihrer Installation ausgerechnet auf Tischlers benachbarter Gräberstätte nie einverstanden gewesen (siehe dazu den Beitrag über die Kriegsgräberstätte Hürtgen sowie Schreiber 1951). Die Vermischung von zwei Kreuztypen auf der Vossenacker Anlage wäre daher allein schon aus kunsthistorischer Sicht von Beginn an abzulehnen gewesen.

Nach Erscheinen des vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz 2021 herausgegebenen Heftes über „Die Kriegsgräberstätten Hürtgen und Vossenack in der Nordeifel“ (Bild 18) wurde auch dem für die Kriegsgräberstätte Vossenack verantwortlichen Kreis Düren einsichtig, dass das Doppelkreuz nicht länger als Auflagefläche für die Tafel zur Erinnerung an Julius Erasmus dienen konnte. Im September 2022 ließ die Kreisverwaltung das Doppelkreuz entfernen und platzierte die Erinnerungstafel am Aufgang zur Gräberstätte rechts neben dem Hochkreuz (Bild 19).
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(Frank Möller, Gesellschaft für interdisziplinäre Praxis e.V, 2021/22)

Archivquellen
  • Stadt- und Kreisarchiv Düren, Moderne Akten 4325, 4742, 4750, 4751-4753, 4761, 4762; Stadt- und Kreisarchiv Düren, Volksbund Kriegsgräberfürsorge (VK) 33.
  • Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Landesverband NRW in Essen: Ordner „Vossenack I-III“.
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Literatur

Fings, Karola; Möller, Frank (2016)
Der Tafelstreit im Hürtgenwald. Hintergrund, Lösungsvorschläge, Ergebnis. In: Hürtgenwald - Perspektiven der Erinnerung, (Veröffentlichungen des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, Band 3.) S. 203-225. Berlin.
Möller, Frank (2021)
Die Kriegsgräberstätten Hürtgen und Vossenack in der Nordeifel. (Rheinische Kunststätten, Heft 578.) Köln.
Möller, Frank (2020)
Models Knochen – Models Grab? Eine Recherche, die vermeintliche Gewissheiten in Frage stellt. In: Jahrbuch des Kreises Düren 2021, S. 171-189. Düren.
Rass, Christoph; Lohmeier, Jens / Groß, Dominik; Grande, Jasmin (Hrsg.) (2010)
Der Körper des toten Soldaten. Aneignungsprozesse zwischen Verdrängung und Inszenierung. In: Objekt Leiche. Technisierung, Ökonomisierung und Inszenierung toter Körper, S. 271-333. Frankfurt a.M..
Schreiber, Carl Ludwig (1951)
Soldatenfriedhöfe von heute. In: Garten + Landschaft. Magazin für Landschaftsarchitektur 10, S. 5-8. o. O.
Ulrich, Bernd; Fuhrmeister, Christian; Hettling, Manfred; Kruse, Wolfgang (2019)
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Entwicklungslinien und Probleme. Berlin u. Brandenburg.

Kriegsgräberstätte Vossenack

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Simonskaller Straße 1
Ort
52393 Hürtgenwald - Vossenack
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archivauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1952

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Empfohlene Zitierweise
Frank Möller: „Kriegsgräberstätte Vossenack”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-332617 (Abgerufen: 19. April 2024)
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