Töpferei M. Schilz GmbH

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Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Höhr-Grenzhausen
Kreis(e): Westerwaldkreis
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 26′ 22,4″ N: 7° 39′ 19,69″ O 50,43955°N: 7,65547°O
Koordinate UTM 32.404.524,47 m: 5.588.367,96 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.404.561,32 m: 5.590.163,58 m
  • Eingang zur Töpferei Schilz in der Brunnenstraße 8 in Höhr-Grenzhausen (2020).

    Eingang zur Töpferei Schilz in der Brunnenstraße 8 in Höhr-Grenzhausen (2020).

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  • Die Töpferei M-Schilz in der Brunnenstraße 8 in Höhr-Grenzhausen (2020).

    Die Töpferei M-Schilz in der Brunnenstraße 8 in Höhr-Grenzhausen (2020).

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  • Seitenansicht der Töpferei Schilz in der Brunnenstraße 8 in Höhr-Grenzhausen (2020).

    Seitenansicht der Töpferei Schilz in der Brunnenstraße 8 in Höhr-Grenzhausen (2020).

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  • Töpferei Schilz in der Brunnenstraße 8 in Höhr-Grenzhausen (2020).

    Töpferei Schilz in der Brunnenstraße 8 in Höhr-Grenzhausen (2020).

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Die Töpferei M. Schilz GmbH ist ein Keramikbetrieb in Höhr-Grenzhausen. Bereits im 17. Jahrhundert widmete sich die Familie der Herstellung von salzglasiertem Steinzeug. Bei dieser Art Keramik handelt es sich um eine dichte, meist graue Keramik. Diese ist typisch für Keramik aus der Region Kannenbäckerland. Mit ihrer langen Geschichte blickt die Töpferei Schilz auf eine kaum vergleichbare Tradition unter den lokalen Keramikbetrieben zurück.

Lage und Gebäude
Anfänge
Übernahme durch Julius Merkelbach
Erster und Zweiter Weltkrieg
Leitung unter Helmut Schilz
Krisenzeiten und Innovationen
2000er Jahre bis heute
Internet

Lage und Gebäude
Die Töpferei Schilz befindet sich in der Brunnenstraße 8 im Stadtteil Grenzhausen. Damit liegt die Töpferei nur wenige Häuser von den ehemaligen Gebäuden der groß angelegten Manufaktur Reinhold Merkelbach entfernt.

Untergebracht ist die Töpferei in zwei Gebäudeteilen. Das erste Gebäude ist parallel zur Brunnenstraße ausgerichtet. An dieses schließt dann in einem rechten Winkel das zweite Gebäude an. Daher weist der Grundriss eine T-Form auf. Die Gebäude verfügen über zwei Geschosse (Erdgeschoss und erstes Obergeschoss) zuzüglich Dachgeschoss. Die Fassade ist in einem grau-beigen Farbton gehalten, die Fenster und die Türen sind grau gerahmt. An der Gebäudeseite ist das blaue Firmenlogo mit dem großen Schriftzug „M-Schilz Steinzeugfabrik“ angebracht.
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Anfänge
Die Ursprünge der heutigen Töpferei Schilz sind stark mit der Familie Merkelbach verbunden, die auch die Manufaktur Merkelbach begründete. Anhand der Töpferei Schilz lassen sich die Verflechtungen der verschiedenen Töpfereibetriebe und -akteure gut nachvollziehen.

Bereits im 17. Jahrhundert begann die Geschichte des Unternehmens mit Wilhelm Merkelbach I. (Lebensdaten unbekannt). Im Laufe der Zeit entstanden verschiedene weitere Töpfereien unter dem Namen Merkelbach in Höhr-Grenzhausen. Sieben Generationen nach Wilhelm Merkelbach I. richtete sich Karl Merkelbach III. (1838-1899) im Jahr 1864 am heutigen Standort ein. Er übernahm die Werkstatt seines Schwiegervaters und baute sie mit seiner Frau Wilhelmine (Lebensdaten unbekannt) auf dem benachbarten Grundstück aus. Er leitete die Firma unter seinem Namen beziehungsweise dem Kürzel „KMB III“. Die Umbenennung zur „M-Schilz KG“ erfolgte erst 100 Jahre später.

Im Jahre 1874 war Merkelbach Mitbegründer der „Rohstoffgenossenschaft der Kannenbäcker zu Grenzhausen e.G.“, die neben KMB III die Firmen Schwaderlap, Steuler, Reinhold Merkelbach, Wicke-Werke, Ambert und Merkelbach (genannt „Brenner“) umfasste. Sie bestand bis zum Jahr 2005 und wurde zuletzt unter anderem von Volker Schilz, einem der aktuellen Betreiber der Töpferei Schilz, geleitet.
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Übernahme durch Julius Merkelbach
Ab dem Jahr 1899 übernahm Merkelbachs Sohn Julius (1872-1933) die Leitung der Werkstatt. Er heiratete Berta Wortmann (1871-1926), die ebenfalls aus einer Töpferfamilie stammte. Unter Julius Merkelbach wurde der Betrieb weiter ausgebaut. Ein großer Bestandteil der Ware, die vor allem Bierkrüge, Kannen und Einmachtöpfe umfasste, wurde ins Ausland exportiert. Im Jahre 1901 wurde die Firma als Kommanditgesellschaft „Fa. Karl Merkelbach III KG“ ins Handelsregister eingetragen. Die Firma war Mitbegründer der im Jahr 1909 gegründeten Gesellschaft „Vereinigte Steinzeugfabriken Grenzhausen“ (seit dem Jahr 1919 „Vereinigte Steinzeugfabriken von Höhr-Grenzhausen und Ransbach GmbH“).

Zu dieser Zeit begann die Firma maschinelle Bearbeitungsformen in die Produktion einzubeziehen. Bis dahin war es üblich die Ware zu formen, indem man sie per Hand in Gipsformen eindrehte. Aus England wurde jedoch das „Jigger and Jolly“-Verfahren bekannt, das die Arbeit durch maschinelle Unterstützung erleichterte. Dabei drehte sich ein Produkt auf einer Gipsform, während ein vorgefertigtes Werkzeug auf das Produkt herabgesenkt wurde, um die Außen- oder Innenseite zu formen. Der Begriff „Jigger“ bezog sich auf Flachware wie Teller, während „Jolly“ für Hohlware wie Tassen oder Schalen galt. Damit senkten sich die Herstellungskosten und die Firma konnte mehr produzieren.
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Erster und Zweiter Weltkrieg
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs musste das Unternehmen die Produktion an die Gegebenheiten anpassen. So produzierte der Betrieb Rohre aus Steinzeug an Stelle der vorher üblichen Gebrauchsware. Nach dem Krieg konnte man zu den alten Steinzeug-Produkten zurückkehren.

Im Jahre 1925 heiratete Julius Merkelbachs Tochter Hilde (1906-1986) den Kaufmann Josef Schilz (1900-1962). So kam die Firma später zu ihrem heutigen Namen. Hilde Schilz arbeitete selbst seit ihrem Schulabschluss im Betrieb. Dort zeigte sie ein besonderes Talent für das „Redmachen“, einer Einritztechnik zur Dekoration der Ware. Sie übernahm vermutlich nach dem Tod ihres Vaters im Jahre 1933 die Leitung des Betriebs.

Im Zweiten Weltkrieg erging es dem Unternehmen ähnlich wie im Ersten. Erneut widmete es sich der Herstellung von Steinzeug-Rohren, diesmal auf Anordnung des NS-Regimes. Nach dem Krieg dauerte es sieben Jahre bis die Firma ihre übliche Produktionsweise wieder aufgreifen konnte. Helmut Schilz (1928-2018), der Sohn von Hilde und Josef, half maßgeblich beim Wiederaufbau mit einer neuen Steinzeugkollektion. Nach dem Abschluss seiner kaufmännischen Ausbildung in Koblenz um das Jahr 1950 stieg er im Unternehmen ein. Zusammen mit dem befreundeten Maschinenbauer Dieter Hoffmann (Lebensdaten unbekannt) entwickelte er neue Werkzeuge und Maschinen, die die Produktion erleichterten und die Qualität der Ware verbesserten.
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Leitung unter Helmut Schilz
Im Jahr 1954 wurden Josef und Hilde Schilz die Inhaber der Kommanditgesellschaft. Im selben Jahr heiratete Helmut Schilz Ursula Maschke (1921-2019). Diese beteiligte sich ebenfalls an den Unternehmensabläufen, indem sie zum Beispiel mit Josef Schilz das Unternehmen bei seinem ersten Besuch auf der Frankfurter Messe vertrat. Helmut Schilz übernahm die Töpferei vermutlich in den 1960er Jahren. Unter ihm beschäftigte die Firma bis zu 77 Mitarbeiter. Im Jahre 1964 wurde sie zu „M-Schilz KG“ umbenannt.

Die Söhne Harald (geboren 1955) und Volker (geboren 1957) stiegen ebenfalls in den Betrieb ein. Auch Volkers spätere Frau Birgit Steuder (geboren 1960) war Töpferin und beteiligte sich im Betrieb. Sie betreute vor allem den Dekorbereich in der Produktion. Ihr besonderes Talent lag im Henkeln, das heißt, dem Formen und Anbringen der Henkel an die Keramik.
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Krisenzeiten und Innovationen
Zunächst erlebte die Keramikbranche eine Blütezeit. Dennoch wollte die Firma sich für Krisenzeiten absichern, da mehrere Generationen der Familie Schilz von ihr abhingen. So wurden die operativen Bereiche in verschiedene GmbHs aufgeteilt. Dabei entstanden in den folgenden Jahren beispielsweise die „Schilz GmbH“, die „Kannenbäcker GmbH“ und die „Domex GmbH“.

Gegen Ende der 1980er Jahre sanken die Einnahmen und der Betrieb musste sich verschiedenen Herausforderungen stellen. Die Situation des Einzelhandels im Bereich Keramik schien schlechte Zukunftsaussichten zu bieten. Auf Volker Schilz Idee hin orientierte sich der Betrieb mehr denn je an industriellen Getränkeproduzenten als Abnehmer. Die Produktion sollte schneller und effizienter werden. Zudem wurde Fertigware eingekauft und durch Dekoration veredelt. Die Situation des Betriebs stabilisierte sich wieder. Besonders der befreundete Eberhard Schrödel (Lebensdaten unbekannt), Direktor einer Privatbrauerei, half der Töpferei Schilz maßgeblich ihre Geschäftskontakte aufzubauen. Darunter waren auch italienische Brauereien wie die Spirituosenfabrik „Caffo“, für die die Töpferei Schilz Likörflaschen produzierte.

Im Jahre 1989 erweiterte die Firma Schilz ihre Räumlichkeiten auf die ehemalige Steinzeugfabrik Otto Blum in der Hermann-Geisen-Straße 64. Dort fand im Jahr 1990 die neu gegründete „Kannenbäcker GmbH“ ihren Sitz, ein Einzelhandel mit keramischen Erzeugnissen und Glaswaren. Hier sollten Innovationen entwickelt werden. Darunter fielen zum Beispiel die seit dem Jahr 1995 produzierten äußerst druckfesten Biersiphons. Diese entwickelten Harald und Helmut Schilz in Zusammenarbeit mit dem „Forschungsinstitut Glas Keramik“ FGK in Höhr-Grenzhausen. Außerdem befanden sich 5l Glassiphons, Pizzabackplatten (für AEG) und die patentierte Saunablume für ätherische Öle im Sortiment. Diese Nischenprodukte sicherten den Erhalt der Steinzeugfabrikation der Firma ab.
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2000er Jahre bis heute
Im Jahr 2000 wurde die Kommanditgesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht. Stattdessen wurde eine GmbH mit Volker und Harald Schilz als Geschäftsführer gegründet. Am Anfang der 2000er Jahre erlebte die Töpferei einen Rückgang. Der Betrieb in der Brunnenstraße beschränkte sich auf unter 20 Mitarbeiter. Ab dem Jahr 2008 erlebte der salzglasierte Bierkrug, vor allem auf dem Oktoberfest, neue Beliebtheit und erleichterte der Töpferei Schilz das Geschäft. Sie beliefert bist heute über 100 Brauereien im In- und Ausland.

Im Jahr 2014 übernahm Schilz die in Hillscheid ansässige Fa. Domex. Diese spezialisierte sich auf den Import und die anschließende Veredelung chinesischer Ware für den Souvenirmarkt. Die Erbin Julia Sahm war mit der Familie Schilz vertraut und bot ihr die Firma an, nachdem andere Verkaufsversuche gescheitert waren. Auch wenn Harald und Volker Schilz keine neuen Unternehmungen geplant hatten, übernahmen sie die Firma. Heute veredelt das Unternehmen vornehmlich Ware aus Deutschland und europäischen Ländern und nur noch teilweise aus China. Zu den Produkten zählen Bierkrüge, Souvenirs und Werbeartikel aus Glas, Keramik und Zinn für den internationalen Markt. Das Grundstück der Kannenbäcker GmbH wurde verkauft und die Brennöfen zu Domex gebracht.

Bis heute ist die Firma Schilz aktiv und pflegt internationale Geschäftsbeziehungen. Nach wie vor wird sie von Harald und Volker Schilz geleitet. Zusammen mit Tino (geboren 1985), dem Sohn von Volker Schilz, sind sie alleinvertretende Geschäftsführer. Nach erfolgreichem Abschluss seiner keramischen und kaufmännischen Ausbildung stieg Tino Schilz im Jahr 2012 im Betrieb ein. Er vertritt damit die 12. Generation dieser Töpferei. Seine ältere Schwester Alexa (geboren 1983) vermarktet ausgewählte Keramik von verschiedenen Künstlern im Internet, darunter auch eigene Produkte, unter den Namen „Aestone“.
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(Nadja Riegger, Universität Koblenz-Landau / freundliche Hinweise von Herrn Roland Giefer, 2020)


Internet
www.steinmarks.cu.uk: Vereinigte Steinzeugfabriken von Höhr-Grenzhausen und Ransbach G.m.b.H (abgerufen 12.04.2021)
www.schilz-keramik.de: Unternehmen (abgerufen 12.04.2021)
www.domex.de: Domex Manufaktur GmbH (abgerufen 12.04.2021)
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Literatur

Dokumentationszentrum Kannenbäckerland e.V. – DZK (Hrsg.) (2021)
“Schlondes”-Geschichten. Höhr-Grenzhausen.

Töpferei M. Schilz GmbH

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Brunnenstraße 8
Ort
56203 Höhr-Grenzhausen
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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„Töpferei M. Schilz GmbH”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-331576 (Abgerufen: 19. April 2024)
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