Chemische Fabrik Dr. L. C. Marquart AG in Beuel

ehemaliges Werk Marquart der Degussa AG, heute Chemiefabrik von Evonik Industries

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Bonn
Kreis(e): Bonn
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 44′ 29,99″ N: 7° 07′ 43,96″ O 50,74166°N: 7,12888°O
Koordinate UTM 32.367.980,99 m: 5.622.766,88 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.579.726,39 m: 5.623.515,97 m
  • Teile der Fabrikanlage von Evonik in Bonn-Beuel (2019).

    Teile der Fabrikanlage von Evonik in Bonn-Beuel (2019).

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  • Einfahrt der Evonik-Werke an der Siegburger Straße in Beuel-Ost (2019)

    Einfahrt der Evonik-Werke an der Siegburger Straße in Beuel-Ost (2019)

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Die Industriegebäude von Evonik Industries auf dem Gelände der ehemaligen Dr. L. C. Marquart AG stammen zum größten Teil aus der Zeit von 1840 bis 1860, wobei es sich meist um eingeschossige Ziegelsteinbauten mit Satteldächern handelt.

Anfänge
Der „Apotheker 1. Klasse“ (ein Apotheker, der zusätzlich zur handwerklichen, erstmals eine wissenschaftliche Ausbildung abschlossen hatte) Dr. Ludwig Clamor Marquart (1804-1881) gründete im Jahr 1845 ein Labor im Bonner Talweg 32. Ab 1846 begann er mit der Produktion von Reagenzien, Säuren, Feinchemikalien und pharmazeutischen Präparaten. Im Januar 1872 übertrug Dr. Marquart die Firmenleitung auf seine Söhne Louis und Paul, die die gesamte Fabrik 1891 nach Beuel an die Siegburger Straße verlegten.

Erster und Zweiter Weltkrieg
Das Herstellungsprogramm wurde in den folgenden Jahren um Pflanzenschutzmittel erweitert, so dass der Betrieb mit 360 Arbeitsplätzen zu einem der größten Arbeitgeber in Beuel wurde. 1892 verkaufte Louis Marquart seine Anteile an der Fabrik an Dr. Alfred Kölliker.
Während des Ersten Weltkrieges führten finanzielle Schwierigkeiten zum Verkauf an die Kölner Firma M. Lissauer & Cie. (auch: Eisen- und Metallgesellschaft Meno Lissauer & Co.), die unter den Inhabern Meno und Henry Lissauer in der Branche „Erze u. Metalle“ firmierte und in der Kölner Breite Straße 58/60 ansässig war (Greven 1915). Meno Lissauer (1879-1858) wurde bereits im Adressbuch von 1906 mit der Wohnanschrift „Hansaring 109“ und der Branche „Erze, Metalloxyde“ geführt (ebd. 1906). 1921 wurde das Beueler Unternehmen in in eine Aktiengesellschaft mit dem Namen Dr. L. C. Marquart AG umgewandelt.

Die jüdische Abstammung des neuen Besitzers Meno Lissauer führte dazu, dass es bereits 1933 zu ersten Boykottaufrufen gegen ihn und andere jüdische Unternehmer kam. Im Jahr 1936 fiel die AG an die Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt (kurz Degussa AG), die während der NS-Herrschaft des „Dritten Reichs“ durch „arisierende“ Ankäufe von jüdischen Firmen, Besitzungen und Patenten immens profitierte und durch diese systematische Beraubung der Juden enorm expandierte.
In Beuel wurden die jüdischen Mitarbeiter zunächst – wohl aufgrund ihrer fundierten Kenntnisse in der Chemieindustrie – weiter beschäftigt, jedoch wurde ihnen dann im Jahr 1938 fristlos gekündigt.
Das Fabrikgelände wurde im Zweiten Weltkrieg zu etwa 60% zerstört. Zu einer kompletten Stilllegung kam es jedoch nur für eine Dauer von fünf Monaten unter amerikanischer Besetzung im Jahr 1945. Nach Kriegsende gehörte die Fabrik zur britischen Besatzungszone.

Nachkriegszeit
In der Nachkriegszeit beinhaltete das Herstellungsprogramm unter anderem Mittel zur Kartoffelkäferbekämpfung, Füllstoffe für die Reifenindustrie, Metallsalze und die Raffination von Wismut. 1961 wurde die AG zur Dr. L. C. Marquart GmbH, welche 1979 als 'Werk Marquart' in die Degussa AG überging (bis Ende 2006).
Durch die Fabrikation von unter anderem Schwermetallen kam es zur industriellen Kontamination der Werke, was umfangreiche Abriss- und Sanierungsarbeiten zur Folge hatte.
Heute ist das Werk Teil der Evonik Degussa AG, die 2006 als Teilkonzern in dem börsennotierten Chemiekonzern Evonik Industries AG aufging. Der Standort Beuel beherbergt einen Spezialbetrieb zur Herstellung von Mattierungsmitteln für hochwertige Lacke.

(Sandro Golia, LVR-Redaktion KuLaDig, 2019)

Internet
rheinische-geschichte.lvr.de: Ludwig Clamor Marquart (abgerufen 06.12.2019)
history.evonik.com: Evonik Produktionsstätte Bonn-Beuel (abgerufen 06.12.2019)
de.wikipedia.org: Ludwig Clamor Marquart (abgerufen 06.12.2019)
www.europeana.eu: Portalsuche Meno Lissauer (abgerufen 21.01.2020)

Literatur

Greven's Kölner Adreßbuch-Verlag (Hrsg.) (1915)
Greven's Adreßbuch 1915 für Köln und Umgegend, 61. Jahrgang. S. 364, Köln. Online verfügbar: Greven's Adressbuch Köln 1915
von Greven's Kölner Adressbuch-Verlag (Hrsg.) (1906)
Adreßbuch von Köln und Umgebung 1906 insbesondere auch Mülheim am Rhein und Kalk. S. 424, Köln. Online verfügbar: Greven's Adressbuch Köln 1906, abgerufen am 14.08.2019

Chemische Fabrik Dr. L. C. Marquart AG in Beuel

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Siegburger Straße 7
Ort
53229 Bonn - Beuel
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1845 bis 1891

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„Chemische Fabrik Dr. L. C. Marquart AG in Beuel”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-302351 (Abgerufen: 18. April 2024)
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