Die echte Kamille
Die ärztliche Versorgung Anfang des 20. Jahrhunderts
Die „Kamillen-Traud“
Aufgabe für Kinder
Die echte Kamille
Die echte Kamille (Matricaria chamomilla L./Matricaria recutita - die Nomenklatur ist in der Literatur uneinheitlich verwendet) galt früher schon als ein Wundermittel. Kamille wirkt antibakteriell, austrocknend, beruhigend, blutreinigend, entzündungshemmend, krampflösend und schmerzlindernd. Leider ist sie in der freien Natur nicht mehr so oft anzutreffen. Sie wächst bevorzugt in der Nähe von Getreidefeldern. Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft hat negative Folgen für die Verbreitung der Kamille.
Die Kamille wächst 20 bis 50 cm hoch. Der reichverzweigte Stängel weist viele wechselseitig angereihte Blätter auf, die länglich und zwei- bis dreifach gefiedert sind. Die Blüte besteht aus gelben Röhrenblüten, die außen von weißen Zungenblüten umrundet werden. Im Gegensatz zu anderen Kamillenarten weiß die echte Kamille eine hohlen Blütenboden auf und hat einen spezifischen und charakteristischen Geruch. Sie stammt aus Süd- Osteuropa, ist aber inzwischen in ganz Europa und Westasien verbreitet.
Die ärztliche Versorgung Anfang des 20. Jahrhunderts
Die ärztliche Versorgung in den ländlichen Regionen unterschied sich im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert enorm von der städtischen. So praktizierten auf dem Land weniger Ärzte als im urbanen Raum, was auch zur Folge hatte, dass ein Arzt für mehrere Dörfer zuständig war. Die 1911 eingeführte Reichsversicherungsordnung verpflichtete alle Menschen eine Krankenversicherung abzuschließen und reglementierte auch die ärztliche Versorgung. Die Ärzte in den ländlichen Regionen praktizierten häufig als Allgemeinmediziner, während sich die Ärzte in den Städten aufgrund der guten Versorgungslage spezialisierten und als Fachmediziner tätig waren. Die Ärzte auf dem Land mussten auch im Fall von Notfällen rund um die Uhr erreichbar sein und große Entfernungen bewältigen.
Die „Kamillen-Traud“
Traud und ihre Mutter Maria wussten um die Heilkraft der Kamille, die in vielen Fällen teure Medikamente zu ersetzen vermochte. Sie pflückten die Blumen mit dem Stiel vom Wegesrand, trockneten sie und verkauften sie zu geringen Preisen. Traud bot die gepflückte Kamille vielfach auch als Bezahlung oder Belohnung für Unterkunft, Kost oder Hilfe an.
Ute Bales schreibt in ihrem Roman „Kamillenblumen. Roman aus der Eifel“:
„Traud und ihre Mutter wissen, wo gute Kamille wächst. Bis zum Ende des Sommers haben sie beachtliche Vorräte gesammelt, die sie über die Dörfer verteilt in Schobern oder im Wald verstecken. Aus Angst bestohlen zu werden, nähen sie das Geld, das sie mit der Kamille verdienen, in den Saum ihrer Röcke ein.
Maria rupfte an den Kamillenstauden, bis sie Sträuße in unterschiedlichen Größen in der Hand hielt, die sie mit langen Grashalmen umwickelte und an ihr Gepäck band. 'Dat is jetzt grad die richtige Zeit für Kamille', verriet sie Traud, 'um Johanni ist sie am allerbesten. Eigentlich muss man sie morgens pflücken, direkt nach dem Tau. Wenn die Leut wüssten, wat man alles mit Kamille machen kann. Dat hilft gegen Würmer, gegen Krämpfe und entzündete Augen, man kann auch Aufgüsse und Sitzbäder draus machen. Wunden heilen schneller, grad die eitrigen, und blonde Haare glänzen, wenn man sie nach dem Waschen damit spült'“ (Auszug aus dem Roman „Kamillenblumen“ von Ute Bales).
Aufgabe für Kinder
Pflücke dir von der Kamille und rieche daran. Trockne sie, indem du die Blütenköpfe auf Zeitungspapier ausbreitest. So kannst du dir einen gesunden Tee selbst machen. Welche anderen Heilkräuter kennst du? Haben dir Kräuter schon einmal geholfen, wenn du krank warst?
(Verbandsgemeinde Kelberg; Esther Kerkhoff, Universität Koblenz-Landau, 2019)