Heute gehört der Aalschokker als „bewegliches Denkmal“ zum Fischereimuseum der Bergheimer Fischereibruderschaft, die ihre Gründung aus einem königlichen Diplom des Jahres 987 ableitet. Auf ein so ehrwürdiges Alter kann das Wasserfahrzeug nicht zurückblicken, und dass es einmal als Aalschokker Dienst tun sollte, ist ihm auch nicht auf der Werft gesungen worden.
1894 wurde es als Frachtschiff in den Niederlanden gebaut und erst 1941 zum „Aalschokker“ umgerüstet. Mit ihm damals ging eine Familie von Bergheimer Berufsfischern ihrem Handwerk nach. „Schokker“ kommt aus dem Niederländischen und bezeichnet einen Schiffstyp mit Plattboden, der meist dem Aalfang diente. Seine auffälligsten Kennzeichen sind die „Fangbäume“, zwei Langhölzer, an denen das Schleppnetz seitlich ausgelegt wird. Übrigens geht der Name „Maria Theresia“ nicht auf die rühmlich bekannte Habsburgerin zurück, sondern auf die Ehefrauen der beiden Besitzer. Als das Schiff zu Wasser gelassen wurde, zeichnete sich schon ab, dass der Beruf des Flussfischers gefährdet war. Ab Ende der 1950er Jahre durfte der Rhein auch nachts befahren werden. Die Schokker stellten nun ein Verkehrshindernis dar, und mussten das Feld, besser das Wasser, räumen. Etwa zeitgleich verkam der Rhein zügig zur Kloake. Die Fänge gingen drastisch zurück, der letzte Rheinlachs wurde 1953 gefangen. Auch der Maifisch verschwand, ein Heringsverwandter, der einst in großen Schwärmen den Rhein hinaufgezogen und für die Berufsfischer eine wichtige Einnahmequelle war. Aber auch nachdem die Bergheimer Fischer ihren angestammtem Broterwerb aufgeben mussten, hielten sie an ihrer Bruderschaft fest. Der Zusammenschluss war übrigens nicht, wie der Name heute nahelegt, religiöser Natur, sondern bezeichnet eine zunftähnliche Organisation. Über eine lange Strecke ihrer Geschichte hatte sie enge Verbindung zum Stift Vilich, dem sie ein Drittel ihres Fangs abliefern musste.
Der heutige Standort des Aalschokkers ist eine Reminiszenz auch insofern, als er im Di(e)scholl stationiert ist. Eine Karte von 1770 zeigt, wie schwungvoll die Sieg kurz vor ihrer Mündung noch einmal eine Schleife zog, wie reich durchsetzt ihre Aue von Altwässern war. Das Discholl ist ein Siegarm-Überbleibsel. Es gibt heute noch einen Eindruck von jenem Fluss, der damals wegen seines Fischreichtums berühmt war. Fischreichtum ist ein Stichwort, das auch den Aal betrifft. Er ist ein Wanderer zwischen den Welten, der wie Lachs oder Maifisch sowohl im Süß- als auch im Salzwasser lebt. Doch laicht er nicht in Fließgewässern, sondern im Meer, genauer in der Sargassosee, einem Teil des Atlantiks südlich der Bermudainseln. Auch aus der Sieg machten sich die Aale auf den enorm weiten Weg, dicht an ihrer Mündung lagen im Rhein gute Fanggründe. Einige Zeit war der Aal ein Lückenbüßer. Der robuste Fisch war dazu ausersehen, die Einbrüche bei anderen Fischarten wettzumachen. Heute zählt der Aal selbst zu den bedrohten Spezies, manche befürchten sogar sein Aussterben. Die Flüsse immerhin sind sauberer geworden. Auch in der Sieg tummeln sich wieder mehr Fische. Sie war das Pioniergewässer, als sich die Rheinanlieger entschlossen, den Lachs hier wieder heimisch zu machen. So dass ein derart schönes Bild wie das vom Discholl ein Versprechen ist - und keine trügerische Idylle vorgaukelt.
(Detlev Arens, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V., 2018)
Internet youtube.com: „Von Fischen und Männern“ - 1. Die Fischerei-Bruderschaft zu Bergheim an der Sieg (LVR-Alltagskulturen im Rheinland, 06.07.2017, abgerufen 07.05.2020) youtube.com: „Von Fischen und Männern“ - 2. Die Fischerei-Bruderschaft zu Bergheim an der Sieg (LVR-Alltagskulturen im Rheinland, 06.07.2017, abgerufen 07.05.2020)
Literatur
Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hrsg.) (2018)
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