Zur Zeit der Bebauung der beiden Grundstücke an der Wilhelmshofallee waren hier ausschließlich freistehende bzw. einseitig angebaute Gebäude zulässig, die den damaligen Überlegungen zufolge ausreichende Luft- und Lichtverhältnisse sicher stellen sollten.
Ein Bebauungsplan legte insbesondere einen beabsichtigten Gartenstadtcharakter in diesem Viertel fest. Ruhige Wohnstraßen, bepflanzte Straßen und Plätze, mindestens 7 Meter tiefe Vorgärten und niedrige Einfriedungen sollten darüber hinaus auch einen wechselseitigen Blick in die offene Landschaft einerseits bewahren und andererseits auf die großzügigen Gebäude ermöglichen.
Für das Haus Esters veränderte Mies van der Rohe einen bereits vorhandenen Hausgarten - ganz im Stil der Villengärten der 1920er Jahre. Unterlagen zum Garten Lange waren nicht erhalten, so dass der Grad der Einflussnahme des berühmten Architekten auch auf diesen Garten lediglich vermutet werden kann. Die Ähnlichkeit beider Gärten gibt hierauf nur einen Hinweis: Es entstanden Anlagen mit weiten Rasenflächen, geraden Wegeführungen und Beetaufteilungen, die ebenso wie die Architektur klaren geometrischen Prinzipien folgen und die Formensprache der Gebäude aufnehmen. Die Funktionalität der Gartenräume von der Flächenaufteilung bis hin zur Auswahl von Pflanzen ist bei beiden Grundstücken gewahrt; die Anlagen sind „wie aus einem Guss“ und dennoch nicht identisch.
Das unterschiedliche Geländeniveau gestaltete Mies van der Rohe durch niedrige Stützmauern so, dass ein Teil des Gartens auf der gleichen Ebene mit der Terrasse liegt - eine Bauweise, die um die Jahrhundertwende noch selten ist. Somit konnte der Rosengarten an Haus Esters, der heute so wie die ursprünglichen Staudenbeete nicht mehr besteht, ebenerdig vom Haus aus betreten werden.
Die stützenden Mauern wirken wie Sockel, sie schließen die Terrassenflächen räumlich ab und führen den Blick über geradlinige Flächen in die Umgebung.
Durch Baumgruppen sowie gezielt gesetzte Solitäre werden Sichtachsen gebildet, die mit zentralen Gartenflächen korrespondieren. Wie Kulissen erscheinen Bäume und Stauden, sie rahmen Landschaft und Gebäude zu einem Ganzen.
Sondergärten, die sich durch Bepflanzungen räumlich abgrenzen, leiten den Blick von der Terrasse in die Umgebung und fokussieren ihn aus der Distanz auf die Einheit von Grünanlage und Architektur.
Beeindruckend ist auch die Flächengestaltung vor den Häusern: Großzügige Auffahrten werden spiegelbildlich von seitlichen Gehölzen flankiert, Rasenflächen und niedrige Mauern ermöglichen den Blick von der Straße über die Vorgärten und das Gebäudeensemble bis in die Gartenräume.
Auch heute noch bestehen große Teile der Randbepflanzungen aus einer Kombination fiederblättriger (z.B. Robinie, Flügelnuss, Blumenesche) und rundblättriger Arten (Linde, Hainbuche). Sie orientiert sich an der zeitgenössischen Fachliteratur Anfang des 20. Jahrhunderts und vermittelt auch aktuell wesentliche Bestandteile der bürgerlichen Gartenkultur Krefelds.
Der Ensemblecharakter von Gebäude, Haus- und Vorgarten, die Ordnung und Klarheit der Architektur unter Einbeziehung von Landschaft, Natur und Gartenkunst konnte dank glücklicher Umstände erhalten bleiben:
Das Haus Lange wurde 1955 vom Sohn des Bauherrn der Stadt Krefeld überschrieben und als zeitgenössischer Ausstellungsort genutzt. Schon bald bezogen Künstler wie z.B. Yves Klein auch die Gartenräume in Inszenierungen ein.
Die Familie Esters bewohnte ihr Haus weiter, bis es 1976 die Stadt Krefeld erwarb und die Kunstmuseen dort einzogen.
Ein Skulpturenpark mit Arbeiten von Ulrich Rückriem, Claes Oldenburg, Richard Serra und Ludger Gerdes ergänzt seither die Ausstellungen in Haus Esters und Haus Lange.
Die Gärten wurden im Jahr 2000 anhand alter Luftaufnahmen und Archivmaterials von der Stadt Krefeld nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten restauriert - damit stellen die Anlagen wieder ein Ensemble aus Architektur und Gartenkunst von hohem künstlerischen, geschichtlichen und wissenschaftlichen Wert dar.
Die beiden Villengärten sind Mitglied im Europäischen Gartennetzwerk EGHN.
(Roswitha Arnold, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2018)
Internet
eghn.eu: Europäisches Gartennetzwerk EGHN (abgerufen 18.12.2018)