Garde bei Kotzenbüll

Große Garde, Stallerhof

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Archäologie, Landeskunde
Gemeinde(n): Kotzenbüll
Kreis(e): Nordfriesland
Bundesland: Schleswig-Holstein
Koordinate WGS84 54° 19′ 43,32″ N: 8° 53′ 41,56″ O 54,3287°N: 8,89488°O
Koordinate UTM 32.493.163,69 m: 6.020.098,96 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.493.229,74 m: 6.022.066,89 m
  • Garde bei Kotzenbüll in einer Karte von Danckwerth/Mejer (1652)

    Garde bei Kotzenbüll in einer Karte von Danckwerth/Mejer (1652)

    Copyright-Hinweis:
    Danckwerth, Caspar; Mejer, Johannes
    Fotograf/Urheber:
    Caspar Danckwerth; Johannes Mejer
    Medientyp:
    Bild
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Objektbeschreibung
Die Garde bei Kotzenbüll, auch „Große Garde“ genannt, war eine Burg vom Typus „befestigter Bauernhof“. In Nordfriesland wurde im Spätmittelalter eine besondere Form dieses Typus geprägt, die in den Schriftquellen als „Garde“ bezeichnet wird. Die „Große Garde“ liegt südwestlich von Kotzenbüll im Axendorfer Weg. Ihre Bebauung lässt sich von 1468 bis 1840 nachweisen. Bis wann sie als befestigt zu verstehen war, kann mangels historischer Informationen nicht festgestellt werden, jedoch bis wenigstens 1510 als gesichert gelten.

Die Anlage ist auf Handzeichnungen von Peter Sax von 1638 und auf Karten der Landesbeschreibung von Danckwerth/Mejer von 1652 zu sehen. Sie wird dabei durchgehend mit „Garde“ beschriftet.

Geschichtliche Daten
Das Chronicon Eiderostadense vulgare berichtet zum Jahr 1461, dass Tete Fedderkens nach seiner Ernennung zum Staller über die Dreilande (die Harden Eiderstedt, Everschop und Utholm) mit dem Bau seiner Garde begonnen habe. Nach sieben Jahren Bauzeit sei sie schließlich am 10. August 1468 fertiggestellt worden. Bauzeit und häufige Bezeichnungen mit dem Adjektiv „groß“ lassen auf eine ausgedehnte, möglicherweise sogar außergewöhnlich große Anlage schließen. Die Garde wurde als Amtssitz für den Staller genutzt, weshalb sie auch als „Stallersitz“ oder „Stallerhof“ bezeichnet wird.

Tete Fedderkens starb im Dezember 1474 und vererbte die Garde an seinen Sohn Boye Tetens, der ihm auch im Stalleramt nachfolgte. In seine Amtszeit fällt laut dem Chronicon ein Besuch des dänischen Königs Johann I., genannt Hans, up Boye Tetens borch am 16. März 1485 für 22 Stunden, in denen die Besucher 200 Mark lübisch verzehrt haben sollen. Die hohen, aber bewältigten Bewirtungskosten sprechen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Anlage. Anschließend zog der König weiter nach Nordstrand auf die Garde von Laurens Leve.

Zum Jahr 1488 berichtet das Chronicon von der Grundsteinlegung der neuen Kirche von Kotzenbüll. Neben dem Kirchherr Hinrick Egens soll auch Boye Tetens anwesend gewesen sein. Näher beschrieben wird er als Vogt über das Land, wohnhaft zu Kotzenbüll auf der Garde und Tete Fedderkens Sohn. Obwohl der Staller in der Chronik bereits kurz zuvor, im Eintrag zu 1485, mit Wohnsitz genannt wurde, wird er hier erneut deutlich hervorgehoben. Zu Lebzeiten Boye Tetens' wird die Anlage in den Schriftquellen nicht mehr genannt.

Der Staller wie auch sein Bruder, der Staller von Nordstrand, fielen am 17. Februar 1500 bei der Schlacht von Hemmingstedt gegen die Dithmarscher. Boye Tetens hatte offensichtlich keine Nachkommen, weshalb das Stalleramt an seinen Vetter, Fedder Asens, ging. Die Garde erbte jedoch sein Neffe, Tete Volquarts, womit die Anlage nicht mehr der Stallersitz des Stallers der Dreilande gewesen zu sein scheint.

Laut verschiedener Chroniken erschlug Tete Volquarts im Jahr 1510 den Sohn des Ove Eggens in Tönning auf offener Straße. Anschließend blockierte er die Straße, als der Leichnam nach Westerhever transportiert werden sollte, und der Zug musste einen Umweg nehmen, damit der Inhaber der Garde sie nicht mit einer Büchsen ablangen konnte. Daraufhin soll die Garde, hier als borch oder burgk bezeichnet, belagert und erobert worden sein. Von wem, mit welchem Aufwand und wie lange ist nicht überliefert. Tete Volquarts wurde die Anlage entzogen, weshalb er zu seinen Verwandten nach Oldenswort zog. Anschließend wurden ihm von Herzog Friedrich I. von Schleswig sämtliche seiner Güter entzogen. Nachdem er noch 16-mal gemordet haben soll, heißt es, sei Tete Volquarts schließlich von einem Dachdecker mit einem Dachdeckernagel getötet worden.

Die Garde erscheint in der schriftlichen Überlieferung erst wieder 1549. In diesem Jahr starb Ove Harmens, der Staller der Dreilande von 1533 bis 1549 war. Von seinem Amtsnachfolger, Jakob von Rantzau, heißt es dann, dass er zu Kotzenbüll auf der Garde wohnte. 1551 wird sie erneut als Zielort des Rückwegs vom Holmer Ding des Stallers genannt, als vor ihm ein Blitz auf dem Weg eingeschlagen sein soll. Jakob von Rantzau seiein Jahr später verstorben. Sein Nachfolger hatte seinen Amtssitz in Oldenswort, sodass die Anlage erneut ihren Status als Stallersitz verlor.

1592 wurde die Garde an Herzog Johann Adolf von Schleswig-Gottorf für 12.800 Reichtstaler verkauft. Dieser veräußerte sie im gleichen Jahr noch an den Adeligen Heinrich Blome. Der wiederum verkaufte sie 1610 an den Bürgermeister von Garding, Johann Görritz. Noch 1610 sei sie dann an Gregorii Hanssen gegangen und von ihm bis zu seinem Tode 1646 bewohnt worden sein. Die Besitzverhältnisse danach erscheinen ungeklärt. Erst 1717 wird der Lehnsmann Hans Boyens im Hebungsregister als Inhaber genannt, dem während der Belagerung von Tönning Schäden an seinem Gut entstanden. Noch 1741 soll dessen Witwe auf der Anlage gewohnt haben, die bei der Hebung 1760 dann jedoch nicht mehr aufgeführt wird. Der letzte Besitzer vor Abbruch des Gebäude 1840 war Asmuß Laß.

(Jens Boye Volquartz, Abteilung für Regionalgeschichte mit Schwerpunkt zur Geschichte Schleswig-Holsteins in Mittelalter und Früher Neuzeit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 2018)

Literatur

Green, Hans; Heitmann, Claus (1995)
500 Jahre Kirchspiel Kotzenbüll. (Eiderstedter Hefte 2.) St. Peter-Ording.
Jasper, Johannes (Hrsg.) (1977)
Chronicon Eiderostadense vulgare oder die gemeine Eiderstedtische Chronik 1103 - 1547. St. Peter-Ording.
Michelsen, Andreas Ludwig Jacob (1828)
Nordfriesland im Mittelalter. Eine historische Skizze mit einem Urkundenbuche. Schleswig.
Panten, Albert; Porada, Haik Thomas; Steensen, Thomas (Hrsg.) (2013)
Eiderstedt. Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum St. Peter-Ording, Garding, Tönning und Friedrichstadt. (Landschaften in Deutschland. Werte der deutschen Heimat, 72.) Köln, Weimar u. Wien.
Sax, Peter (1985)
Annales Eyderstadiensium, hg. v. Albert Andreas Panten und Reimer Kay Holander. St. Peter-Ording.
Volquartz, Jens Boye (o.J.)
Im Spannungsfeld zwischen herrschaftlichem Zugriff und bäuerlicher Selbstbestimmung? Spätmittelalterliche Burgen in Nordfriesland und Dithmarschen. [Dissertation Uni Kiel; in Bearbeitung].

Garde bei Kotzenbüll

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Axendorfer Weg 26
Ort
25832 Kotzenbüll - Axendorf
Fachsicht(en)
Archäologie, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Archivauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1461, Ende 1840

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„Garde bei Kotzenbüll”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-288961 (Abgerufen: 25. April 2024)
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