Die jüdische Gemeinde Andernach seit dem frühen 19. Jahrhundert:
Seit Ende des 16. Jahrhunderts durften Juden nicht mehr in Andernach wohnen; erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es wieder einen stärkeren Zuzug. 1880 konstituierte sich eine Synagogengemeinde.
Gemeindegröße um 1815: –, um 1880: 104 (1885), 1932: 115 / 141 (1925) / 34 (1939), 2006: –.
Bethaus / Synagoge: Ab 1880 wurden verschiedene Betstuben genutzt; 1933 Einweihung eines Neubaus, der 1938 zerstört wurde (Angaben dieses Abschnitts nach Reuter 2007).
Gottesdienste fanden zunächst in privaten Beträumen statt, so u.a. in einem Wohnhaus Ecke Kirchgässchen / Steinweg oder in dem Gebäude der ehemaligen „Fleischschaar“ auf dem Gelände der Malzfabrik Weißheimer an der Schaar. 1892 erwarb die Gemeinde ein Gebäude für einen Betsaal in der Bürresheimergasse.
Ab etwa 1930 begann die Andernacher Synagogengemeinde mit den Planungen für den Neubau einer Synagoge und erwarb zu diesem Zweck ein Grundstück Ecke Moltkestraße / Güntherstraße. Während die Grundsteinlegung am 29. Juli 1932 noch in für Juden vermeintlich sicheren Zeiten erfolgte, hatten zum Zeitpunkt der Einweihung am 30. Mai 1933 bereits die Nationalsozialisten die Macht übernommen, so dass keine festliche Einweihung vorgenommen werden konnte. Die Andernacher Zeitung berichtete am 2. Juni 1933 dass „die Weihe der neuen Synagoge am Dienstababend in aller Stille im Beisein der jüdischen Bevölkerung statt[fand].“ (zitiert nach alemannia-judaica.de).
Bei dem Gebäude handelte es sich um einen modernen kubischen Putzbau mit einem Doppelportal an der Westfassade:
„Der Betsaal hatte hohe, schmale Rundbogenfenster. Über dem Eingang im Westen und über dem Toraschrein im Osten gab es einfache Rundfenster. Über dem Eingangstor stand als Zitat aus Maleachi 2,10: ‚Haben wir nicht alle einen Vater...?‘“ (ebd.).
Bei der Andernacher Synagoge handelte es sich um eine der letzten vor 1938 eingeweihten Synagogen in Deutschland.
Im Zuge der Novemberpogrome von 1938 wurde das Gebäude durch SA-Leute niedergebrannt und die verbliebene Ruine wenig später abgebrochen. Nach 1945 entstand am früheren Standort des jüdischen Gotteshauses ein Wohnhaus.
An der Fassade dieses Hauses (heutige Moltkestraße 15) wurde später eine Gedenktafel angebracht. Die hebräisch und deutsch gehaltene Inschrift befindet sich zwischen einem Davidstern und dem Andernacher Stadtwappen und zitiert die Portalinschrift der zerstörten Synagoge aus dem alttestamentarischen Buch Maleachi 2,10:
Haben wir nicht alle einen Vater, / hat nicht ein Gott uns geschaffen.
Zum Gedenken / an die am 9. November 1938 zerstörte Synagoge /
und an unsere jüdischen Mitbürger
Zum Gedenken / an die am 9. November 1938 zerstörte Synagoge /
und an unsere jüdischen Mitbürger
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2018)
Internet
www.alemannia-judaica.de: Andernach, Synagoge (abgerufen 15.05.2018)