Der Ritterstein mit der Inschrift „R. Wüstmühle“ befindet sich an der Quelle des längsten Quellzuflusses des Kaltenbaches, einem Nebengewässer des Wellbaches im Einzugsgebiet der Queich. Der Quellzufluss des Kaltenbaches trägt den Namen Wüstbach und bezieht sich, wie auch der Ritterstein, auf die einst dort betriebene Wüstmühle.
Nur wenige Hundertmeter Luftlinie entfernt und rund 150 Höhenmeter oberhalb des Quellbereiches befindet sich die kleine Ortschaft Hermersbergerhof, ein Ortsteil der Gemeinde Wilgartswiesen. Die Trinkwasserversorgung von Hermersbergerhof erfolgt aus der Quelle an der Wüstmühle. Neben einem Trinkwasserbrunnen steht auf der Lichtung ein Pumpwerk, um das Trinkwasser nach Hermersbergerhof hinauf zu pumpen. Teil des gemauerten Pumpwerkfundaments ist eine Sandsteinplatte mit der Inschrift „R. Wüstmühle“.
Thematische Einordnung Nach der inhaltlichen Ritterstein-Systematik von Eitelmann (Eitelmann 2005, Seite 55) zählt der Ritterstein „R. Wüstmühle“ zu den Kategorien „eingegangene Siedlungen“ und „Industrien im Pfälzerwald“. Unterteilt man Rittersteine nach Art und Form, so zählt der Ritterstein „R. Wüstmühle“ zu der Kategorie der Rittersteine, die Teil eines gebauten Objektes sind. Der Ritterstein 59 bildet eine Sandsteinplatte, die Teil der aus Sandsteinquadern gemauerten vorderen Wand eines Pumpwerkes der öffentlichen Trinkwasserversorgung ist.
Spezifische Einordnung In die über einen Meter breite Sandsteinplatte, als Teil der Pumpwerksmauer, ist der Schriftzug „R. Wüstmühle“ eingraviert. Die Gravur ist mit der Ritterstein-typischen goldenen Farbe nachgezeichnet. Die ebenfalls für Rittersteine typische Abkürzung P.W.V., für den Pfälzerwald-Verein stehend, ist allerdings nicht vorhanden.
Die Beschriftung verweist auf die Ruine Wüstmühle. Nach Eitelmann (Eitelmann 2005, Seite 55) handelte es sich bei der Mühle um eine bis ins Jahr 1845 betriebene Mahl- und Sägemühle. Die Gründung der Mühle lässt sich bis ins 15. oder 16. Jahrhundert zurück verfolgen.
Die erstmalige Aufstellung des Rittersteins erfolgte in den Jahren 1910 und 1912. In der Auflistung der Rittersteine in der Pfälzerwald-Zeitschrift des Verschönerungsvereins, dem Vorläufer des Pfälzerwald-Vereins, vom Juni 1912 wurde der Ritterstein nahe Hermersbergerhof aufgeführt. Dazu heißt es: „R. Wüstmühle im Kaltenbachtal, zugleich Pumpwerk der Wasserleitung zu Hofe“ (Ritter 1912).
Mit dem Standort und dem geschichtlichen Kontext des Rittersteins in Quellnähe am Wüstbach bzw. Kaltenbach lassen sich mehrere Jahrhunderte der Wasser- und Wasserkraftnutzung erläutern. Noch zu Zeiten des Betriebs der Mühle begann der Ausbau der Holztrift im Pfälzerwald und auch am Kaltenbach mit seinen Nebengewässern. Wenige Hundertmeter unterhalb von Quelle und Ritterstein entstand der Wüstmühlwoog, mit dessen aufgestauter Wasserkraft bis 1905 Brennholzscheite Richtung Annweiler und Rheinebene getriftet wurden.
Auf die Holztrift folgte die Trinkwassernutzung der noch heute überdurchschnittlich schüttungsreichen Wüstmühl-Quelle. Das Quellwasser versorgt Hermersbergerhof. Dazu bestand bereits 1912 ein Pumpwerk, um die rund 150 Höhenmeter nach Hermersbergerhof überwinden zu können (Ritter 1912). Das Pumpwerk in seiner heutigen Form lässt auf zwischenzeitliche Umbauten bzw. Vergrößerungen schließen. Der Türsturz der gegenwärtigen Zugangstür weist die Gravur 1976 auf. Eine frühere Eingangstür, die heute zugemauert ist, zeigt noch den Türsturz mit der Gravur 1967 auf. Eine Vergrößerung des Gebäudes lässt sich daraus ableiten.
Ob es sich bei dem heutigen Ritterstein, in Form einer Sandsteinplatte eingefügt in das Sandsteinquader-Mauerwerk der Vorderwand, um den Original-Ritterstein aus den Jahren 1910/12 handelt, muss offen bleiben. Der makellose Zustand der Gravur, scheinbar ohne jegliche Alterung, weist eher darauf hin, dass der Ritterstein zwischenzeitlich erneuert wurde, möglicherweise im Rahmen von Baumaßnahmen am Pumpwerk.
Zwar ist eine große Zahl von Rittersteinen im Landkreis Südwestpfalz denkmalgeschützt. Dazu zählt jedoch nicht der Ritterstein Nr. 59. Auch das sicherlich ein Hinweis darauf, daß der Stein erneuert wurde.
(Matthias C.S. Dreyer, Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, 2019)
Literatur
Albrecht, Karl-Heinz / Landkreis Pirmasens (Hrsg.) (1983)
Die südpfälzische Holztrift und ihr Ende vor 100 Jahren. (Heimatkalender für das Pirmasenser und Zweibrücker Land 1983.) S. 53-56. Rengsdorf (Westerwald).
Eitelmann, Walter / Pfälzerwald-Verein e.V. (Hrsg.) (2005)
Rittersteine im Pfälzerwald. Gedenksteine und Inschriften - Eine steinerne Geschichtsschreibung. S. 55, Neustadt an der Weinstraße (5. Auflage).
Koehler, G. (2010)
Konzept zur ökologischen Bewertung und Entwicklung der Wooge im Biosphärenreservat Pfälzerwald. (Reihe der Berichte des Fachgebietes Wasserbau und Wasserwirtschaft der TU Kaiserslautern (Bericht 20).) o. O.
Ritter, Karl Albrecht von (1912)
Rittersteine im Pfälzerwald. (Der Pfälzerwald, 13. Jahrgang, Nr. 8 und Nr. 9.) o. O.
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