Ein kleines Grundstück am heutigen Platanenweg unmittelbar östlich des christlichen Gottesackers nutzten die Deidesheimer Juden spätestens um 1700 als Friedhof (Hinweistafel nennt das Jahr 1712). Im Jahr 1908 wurde er geringfügig nach Norden erweitert. Der Friedhof ist als Denkmalschutzzone ausgewiesen (Schnabel 1991).
Auf dem 800 Quadratmeter großen Friedhof befinden sich 95 Grabsteine. Die ältesten Steine aus dem 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts befinden sich im Süden des langgezogenen, schmalen Friedhofs. Sie sind meist als Sandsteinstelen mit eingezogenem, halbrundem Abschluss geformt und weisen ausnahmslos hebräische Beschriftungen auf. Die jüngeren Sandsteingrabmäler (seit etwa 1860/70) sind im Detail zunehmend der Gestaltung christlicher Grabsteine angeglichen unter Beibehaltung der ursprünglichen Grundform. Zugleich treten öfter deutsche Beschriftungen auf Vorder- und Rückseite auf. Schließlich konnte die deutsche die hebräische Inschrift völlig verdrängen. Die letzte Beisetzung fand 1933 statt.
Der heute noch bestehende Eingang zum Friedhof entstand um 1880. Zu dieser Zeit war der etwa 100 Jahre alte lebende Zaun (Hecke) an verschiedenen Stellen schon sehr schadhaft. Durch mehrere Nachpflanzungen war dann 1903 die Umfriedung wiederhergestellt.
Geschichte der jüdischen Gemeinde in Deidesheim Eine relativ große jüdische Gemeinde gab es in Deidesheim bereits im 14. Jahrhundert. Sie wurde im Zug der Pest-Verfolgungen im Frühjahr 1349 vernichtet. Sichere Belege für den Aufenthalt von Juden in Deidesheim finden sich dann erst wieder für das 17. Jahrhundert. So gab der Speyerer Fürstbischof Philipp Christoph von Sötern (1610-1652) am 6. Juni 1613 dem Lazarus und am 27. April 1628 dem Lew und seinem Sohn Abraham gegen entsprechende Geldleistungen Wohnrecht in Deidesheim. Ende des 18. Jahrhunderts zählte die Gemeinde ca. 40 Personen. Nach einem vorübergehenden Rückgang stieg die Zahl der Gemeindemitglieder in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder an und erreichte um 1850 mit ca. 95 Personen ihren Höchststand. Danach verringerte sich die Anzahl der Gemeindemitglieder stetig (1900: 40, 1926: 5).
Einen Betraum hatten die Deidesheimer Juden seit Ende des 17. Jahrhunderts. Er lag im Hintergebäude des Anwesens einer jüdischen Familie am Marktplatz. Der Betraum musste 1852 baupolizeilich geschlossen werden. Noch im selben Jahr wurde eine Synagoge im neuromanischen Stil mit einfacher Ausstattung errichtet. Diese Synagoge in der Bahnhofstraße ist bis heute erhalten. Eine Mikwe, das Ritualbad, ist aus dem 17. Jahrhundert bekannt. Sie befand sich in einem Haus in der Spitalgasse, das aber nicht erhalten ist.
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Empfohlene Zitierweise
Johannes Weingart, Matthias Dreyer: „Jüdischer Friedhof in Deidesheim”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-277936 (Abgerufen: 29. März 2024)
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