Die Villa Ullrich wurde im Jahr 1894 im Stil des Historismus von Kommerzienrat August Ullrich erbaut. Er war der Besitzer der ehemaligen Maikammerer Emaillefabrik. Die Villa hat zwei Vollgeschosse und ein ausgebautes Dachgeschoss. Das Bauwerk ist ein mustergültiges Beispiel des Neobarock, einer stilistischen Unterart des Historismus. In Anlehnung an die Wirtschaftszeit des späten 19. Jahrhunderts (Gründerzeit) werden derartige Anwesen auch als „Fabrikantenvilla“ oder „Gründerzeitvilla“ bezeichnet. Das Grundstück mit der Villa Ullrich hat eine schmiedeeiserne Umzäunung und im rückwärtigen Bereich zwei Nebengebäude.
Die Fassade der Villa besteht aus gelbem und rotem Sandstein. Die vier prachtvollen Ecktürme sind reich mit Ornamenten bestückt. An der Vorderseite der Villa zeigt sich ein aufwändig gearbeiteter, von zwei Seiten begehbarer (zweiläufiger) Treppenaufgang. Er ist mit typischen Elementen des Barocks, wie einem Löwenkopf und einem Wasserspiel in Muschelform versehen. Der Eingang wurde in Anlehnung an ein barockes Portal mit zwei Säulen als Portalrahmung gestaltet und mit einem gesprengten Segmentgiebel versehen. Die Ostseite ist mit einem mächtigen Mittelrisalit, einem hervorspringenden Gebäudeteil, betont. Auf den Spitzen der Ecktürme und des Mittelturms stehen lange verzierte Stangen (Dachknäufe, Turmkugeln). Derartige Aufbauten werden in Kirchen oder Burgen auch als Zeitkapsel genutzt.
Das grau eingedeckte, zweistöckige Dach besitzt runde verzierte Gaubenfenster. Die Türme sind mit Hauben versehen. Ihre Dachflächen sind parallel zur Traufe gebrochen. Damit wird eine größere Steilheit der unteren Dachfläche erzeugt, was die Nutzung der Dachräume erleichtert. Die Hauben der Türme sind rein stilistische Elemente.
Die Bezeichnung Mansardendach für die Dachflächen des Hauptgebäudes geht auf die französischen Architekten Mansart zurück (Koch 1982). Im Falle der Villa Ullrich fehlen allerdings die „Brechlinien“ im Dach. Es handelt sich bautechnisch gesehen um ein einfaches Walmdach. Gleichwohl erinnern die eingesetzten Fenster mit den geschweiften Rahmungen an die barocken Dachformen der Mansarden.
Emaillefabrik Kommerzienrat August Ullrich (04.08.1865-02.11.1919) (Schäfer/Stöckl 2015, S. 848) war Besitzer der ehemaligen Maikammerer Emaillefabrik. Diese stand um die Jahrhundertwende in ihrer Blütezeit und hatte im Werk Maikammer etwa 500 Beschäftigte.
Im Eulbusch Die Villa steht in der ehemaligen Ortslage „Eulbusch“. Dies war ein ehemaliger Buschwald, in dem sich Eulen aufhielten (Leonhardt 1928). Kleine Baumgruppen auf freiem Feld und teilweise mit Gebüsch bedeckte Weideplätze kennzeichneten derartige Flurlagen (Keinath 1951). Heute ist das Gebiet bebaut.
Die Villa ist im nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Südliche Weinstraße wie folgt eingetragen (GDKE 2017): „Weinstraße Nord 47 Weingut; neubarocke Mansarddachvilla, Ecktürme, bez. 1894“.
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Südliche Weinstraße. Denkmalverzeichnis Kreis Südliche Weinstraße, 28. Mai 2023. S. 69, Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Suedliche Weinstrasse, abgerufen am 16.06.2023
Keinath, Walter (1951)
Orts- und Flurnamen in Württemberg. Stuttgart.
Koch, Wilfried (1982)
Baustilkunde. Europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart. S. 496. 405, München.
Leonhardt, Johannes (1928)
Geschichte von Maikammer-Alsterweiler. Maikammer.
Schäfer, Günter; Stöckl, Martina (2015)
Ortsfamilienbuch Maikammer-Alsterweiler. Band 1 und Band 2 (OFB 2015). Neustadt an der Weinstraße.
Wittmer, Richard (2000)
Die Flur von Maikammer-Alsterweiler: Ihre Namen und steinernen Zeugen in Geschichte und Geschichten. S. 57, Maikammer.
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